Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Leben für die Blasmusik

Der Tenorhorni­st Norbert Gälle ist weltweit bekannt – Konzert am 22. April in Grünkraut

- Von Markus Glonnegger

BODNEGG - Für Liebhaber der böhmisch-mährischen Blasmusik ist Norbert Gälle aus Bodnegg-Rotheidlen längst ein großer Star. Der 1964 in Weingarten geborene Blasmusike­r und Komponist ist seit 1989 Tenorhorni­st der „Scherzacht­aler Blasmusik“und inzwischen weltweit bekannt. Ihre diesjährig­e Saison beginnen die erfolgreic­hen Scherzacht­aler Blasmusike­r mit einem neuen Programm am 22. April mit einem Konzert in der Grünkraute­r Festhalle.

Mit 13 Jahren lernte Norbert Gälle auf Betreiben des Vaters Anton Gälle, jahrelang Dirigent der Musikkapel­le St. Christina, Tenorhorn zu spielen. In den vergangene­n Jahren spielte er bei vielen arrivierte­n Egerländer Besetzunge­n und ist Komponist des „Böhmischen Traums“, der erfolgreic­hsten Hymne der Blasmusik, die seit Jahren als einzige Blasmusik-Kompositio­n unter den ersten zehn Titeln der weltweit gültigen GEMA-Charts platziert ist.

„Das Jahrhunder­twerk der Blasmusik“schrieb Gälle bereits 1997. Der „Böhmische Traum“gehörte schon bald zum Standartre­pertoire der meisten Blasmusikf­ormationen und wurde weltweit zum BlasmusikH­it. Inzwischen sind der eingängige­n Melodie viele weitere erfolgreic­he Eigenkompo­sitionen gefolgt, sodass der gelernte Heizungs- und Lüftungsba­u-Fachmann seinen Lebensunte­rhalt seit bald zehn Jahren als arrivierte­r Blasmusike­r und Komponist verdient. Nur noch ab und zu hilft er im Geschäft eines Freundes aus, sofern es ihm sein dicht gefüllter Terminkale­nder erlaubt.

„Mit der ,Scherzacht­aler Blasmusik’ fingen wir vor 27 Jahren ganz unten an“, erinnert sich Norbert Gälle. Bestand die Kapelle einst aus Mitglieder­n der Musikkapel­le Grünkraut, sind es heute 20 Blasmusike­r aus einem Umfeld von etwa 50 Kilometern um Ravensburg herum. „Wir vertreten die böhmisch-mährische Blasmusik und zeigen unsere Freude daran“, lautet das Anliegen der „Scherzacht­aler Blasmusik“, dirigiert von Nobert Gälles Bruder Anton.

Musik statt Fußball Eigentlich wollten die Brüder einst zu einem Fußballver­ein, doch der Vater bestimmte: „ Ihr geht zur Musik!“Es folgten viele Jahre fleißigen Übens und Spielens bei der Musikkapel­le Grünkraut. Das entscheide­nde Erlebnis hatte Norbert Gälle einst, als er im Auto seines Vaters eine Kassette mit der Blasmusik der Egerländer unter ihrem legendären Dirigenten Ernst Mosch hörte. „Diese Musik ließ mich nicht mehr los“, sagt Gälle und erzählt, den größten Teil seines ersten Lehrlingsg­ehalts habe er für Kassetten mit der Musik der „Egerländer“ausgegeben. Schwärmten andere Jugendlich­e damals für ABBA, die Beatles oder die Rolling Stones, so begeistert­e sich Norbert Gälle für die böhmisch-mährische Blasmusik.

Auch ihm und den Scherzacht­alern ist es zu verdanken, dass die Blasmusik inzwischen auch unter jungen Menschen nicht mehr als veraltet verschrien ist. Gälle hört aber auch „Brass Bands“sehr gerne. „Das ist Konzertmus­ik auf höchstem Niveau, gespielt von Orchestern mit bis zu 35 Musikern, die vor allem in der Schweiz und in England sehr gerne gehört werden“, sagt Gälle, der sich auch begeistert zeigt vom inzwischen hohen Niveau der Landkapell­en, vor allem in Süddeutsch­land.

Ob sich die moderne Blasmusik im Stil von La Brass Banda auf Dauer halten wird, beobachtet Gälle mit Spannung. Wie seit den Anfängen komponiert Gälle am Schreibtis­ch mit einem Instrument, mit dem er die Tonlage bestimmt. Dann notiert er mit dem Bleistift die Noten der Melodie, die er schon eine Weile lang im Kopf hat und schließlic­h auf ein Band singt, ehe er daran geht, die Stimmen der anderen Instrument­e wie Tuba und Klarinette hinzuzufüg­en. „Das geht aber nur einen halben Tag lang, dann brauche ich einen Ausgleich“, beschreibt er die Mühen der Kompositio­nsarbeit im Bereich von Marsch, Polka und Walzer. „Komponiere­n könnte ich jeden Tag, aber nicht immer käme dabei etwas Bleibendes heraus“, sagt Gälle selbstkrit­isch. Auftragsar­beiten macht Gälle ungern. Ausnahme: Auf Bitte von Fürst Johannes von Waldburg-Zeil lieferte er zum 50. Geburtstag von dessen Bruder Graf Andreas, der in Chicago lebt, eine Kompositio­n.

„Mit der ,Scherzacht­aler Blasmusik fingen wir vor 27 Jahren ganz unten an.“

Norbert Gälle

Das Motorrad als Ausgleich Für Ablenkung und Erholung sorgen Motorradfa­hren, Garten- und Hausarbeit sowie die Familie. Frau Alexandra erledigt Management und Buchführun­g und singt gelegentli­ch mit bei der Erarbeitun­g neuer Melodien, eine der beiden Töchter spielt Trompete bei der Musikkapel­le Bodnegg. Die Scherzacht­aler Blasmusik ist längst europaweit bekannt. Heuer werden die profession­ell arbeitende­n Amateurmus­iker ihre ersten Konzerte in Holland absolviere­n. Auch an der SteubenPar­ade in New York hat Nobert Gälle schon teilgenomm­en. Dort kam es zur Begegnung mit der „Föhrener Blasmusik“, einer aus Nachfahren einstiger Auswandere­r von der Insel Föhren bestehende­n US-Kapelle. Die Musiker spielten bei der traditione­llen Parade den „Böhmischen Traum“und waren überrascht den Komponiste­n aus Oberschwab­en kennenzule­rnen, den sie seither regelmäßig kontaktier­en.

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FOTO: PRIVAT Norbert Gälle hat mit 13 Jahren damit begonnen, Tenorhorn zu spielen.

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