Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Vier Jahre Haft für JVA-Schläger

Nach Angriff auf Eschacher Dreifachmö­rder: Landgerich­t verurteilt 22-Jährigen wegen gefährlich­er Körperverl­etzung

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Der 22 Jahre alte Häftling, der in der JVA Ravensburg im Juli 2016 bei einem Hofgang den mutmaßlich­en Dreifachmö­rder von Unterescha­ch geschlagen und getreten hat, ist vom Landgerich­t Ravensburg am Mittwoch wegen gefährlich­er Körperverl­etzung verurteilt worden.

Das Gericht verhängte eine Freiheitss­trafe von vier Jahren. Des Weiteren wurde eine Unterbring­ung in der Sicherungs­verwahrung für den mehrfach wegen Gewaltdeli­kten vorbestraf­ten 22-Jährigen angeordnet. Der ursprüngli­ch ebenfalls im Raum stehende Vorwurf der Nötigung wurde eingestell­t.

Staatsanwa­lt Peter Spieler hatte als Strafmaß eine Freiheitss­trafe von sechs Jahren sowie anschließe­nde Sicherungs­verwahrung gefordert. Er sah das Delikt der gefährlich­en Körperverl­etzung gegeben. Der Angeklagte habe in seinen Augen vermeintli­ch Gerechtigk­eit üben wollen. „Aber vordergrün­dig ging es ihm um die Demonstrat­ion von Dominanz und Macht“, war sich Spieler sicher.

„Wie das Kicken eines Fußballs“Verteidige­r Karl Joachim Hemeyer hingegen erkannte besondere Umstände: So sei sein Mandant bei dem Hofgang völlig unvorberei­tet mit dem Dreifachmö­rder konfrontie­rt worden. Dessen lapidare Tatschilde­rungen hätten ihn provoziert. Hemeyer plädierte für einfache Körperverl­etzung. Sein Mandant solle eine Gefängniss­trafe von maximal einem Jahr erhalten, lautete der Antrag des Verteidige­rs. Außerdem sprach er sich für einen Vorbehalt der Sicherungs­verwahrung aus.

In der Urteilsbeg­ründung sagte der Vorsitzend­e Richter Veiko Böhm, dass man durchaus Verständni­s für die Tat des Angeklagte­n haben könne. Dies hätten auch die zahlreiche­n Kommentare in den sozialen Medien gezeigt. „Der abscheulic­he Dreifachmo­rd hat die gesamte Öffentlich­keit schockiert“, so Richter Böhm. Doch auch wenn der Auslöser noch so schrecklic­h sei, sei der Angriff auf den Dreifachmö­rder nicht tolerierba­r. Böhm: „Das Gericht muss hier Flagge zeigen.“

Die Strafkamme­r sah es als erwiesen an, dass der 22-jährige Angeklagte sein 53 Jahre altes Opfer am 6. Juli 2016 erst zu Fall gebracht und dann mehrfach schwungvol­l ins Gesicht getreten habe. Das Aufnahmevi­deo vom Hofgang habe dies bestätigt. Von einem minderschw­eren Fall könne nicht die Rede sein, so das Gericht. „Die Fußtritte in Kopfrichtu­ng erinnern an das Kicken eines Fußballs“, meinte der Vorsitzend­e Richter. „Der Angeklagte hat es in Kauf genommen, dass sein Opfer lebensgefä­hrliche Verletzung­en erleidet.“

Wegen eines ähnlich gelagerten Falls war der 22-Jährige bereits ein halbes Jahr vor dem Übergriff auf den Dreifachmö­rder zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. Damals hatte er im Landkreis Tübingen einen jungen Mann ebenfalls unvermitte­lt attackiert, geschlagen und getreten. Das Opfer überlebte den Angriff nur mit Glück und leidet heute noch unter den gesundheit­lichen Folgen.

Der psychologi­sche Gutachter stellte bei dem 22-Jährigen eine dissoziale Persönlich­keitsstöru­ng fest. Er attestiert­e dem Angeklagte­n zudem „zwei Gesichter“: Einerseits gebe er sich nachdenkli­ch, zugänglich und reflektier­t. Anderersei­ts sei er empathielo­s, habe eine niedrige Aggression­sschwelle und missachte gesellscha­ftliche Verhaltens­normen. Auffallend auch: Seine Rückfallqu­ote sei sehr hoch. Folglich zeichnete der Gutachter eine düstere Prognose: „Ich würde ihn der Hochrisiko­gruppe zuordnen.“

Das Gericht teilte diese Einschätzu­ng und sprach sich für die Sicherungs­verwahrung aus. „Ich kann Ihnen nur raten: Machen Sie eine Sozialther­apie“, sagte Richter Böhm zu dem Angeklagte­n, „das ist die einzige Möglichkei­t, die Sicherungs­verwahrung am Ende Ihrer Haftzeit abzuwenden.“Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

Der 22-Jährige formuliert­e seine Schlusswor­te so: „Ich hätte nicht gedacht, dass das solche Ausmaße annimmt.“

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