Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Oberschwaben mieten häufiger Bankschließfächer
Bürger wollen Wertsachen sicher verwahrt wissen – Geldinstitute in Ravensburg haben teils nur noch begrenztes Angebot
RAVENSBURG - Wer in der Region Ravensburg Schmuck, Goldbarren oder wichtige Unterlagen besitzt, deponiert diese immer öfter in den Safes von Banken. Ein Grund für diese Vorsichtsmaßnahme ist die Angst vor Wohnungseinbrüchen. Und wegen der Zinsflaute und der Angst vor Strafzinsen legen die Bürger mittlerweile auch Bargeld in die Schließfächer.
Dass der Ansturm auf Bankschließfächer zunimmt, kann die Kreissparkasse Ravensburg bestätigen. Eine wichtige Triebfeder sieht Michael Gresens, Vorstandsmitglied und Sprecher der Kreissparkasse, in den „gefühlt unsicheren Zeiten“. „Die Menschen machen sich Gedanken, wo sie ihre Wertsachen unterbringen können“, so Gresens. Ein Beispiel hierfür sei der Brexit, also der Austritt Groß-Britanniens aus der EU, im Jahr 2016 gewesen. Damals hätten sich viele die Frage gestellt: Was passiert mit dem Euro? „Veränderungen politischer oder wirtschaftlicher Art lassen sich am Goldpreis ablesen, aber eben auch an der Nachfrage nach Bankschließfächern“, erklärt der Sprecher der Kreissparkasse Ravensburg.
Laut Gresens hält die Kreissparkasse Ravensburg im ganzen Landkreis 8500 Schließfächer in unterschiedlichen Filialen vor. Gefüllt seien sie mit Dingen, „die den Kunden wichtig sind“. Überall sei noch was frei, informiert der Sparkassenmitarbeiter. Seiner Erfahrung nach gibt es bei den Schließfächern keinen großartigen Eigentümerwechsel. „Die Kunden behalten die Fächer ewig“, so Gresens.
Eigene Kunden bevorzugt Eine ähnliche Erfahrung macht auch die Ravensburger Niederlassung der Volksbank Ulm-Biberach. Auch sie verzeichnet eine erhöhte Nachfrage, der sie eigenen Angaben zufolge aber vollauf gerecht werden könne. „Im Zuge der Umbauarbeiten in Ravensburg haben wir die Kapazität der Tresore erweitert und annähernd verdoppelt“, berichtet der Prokurist und Direktor für Privatkunden, Berthold Hirschmann, stolz. 150 Schließfächer gebe es in der Filiale am Ravensburger Marienplatz, ein Drittel davon sei noch frei. Sie alle seien mit der modernsten Sicherheitstechnik ausgestattet und teilweise versichert. Während die Kreissparkasse jedoch Safes mitunter an Nichtkunden vermietet, bevorzugt die Volksbank ihre eigenen Kunden und Mitglieder.
Volksbank-Prokurist Hirschmann erkennt eine Tendenz dahingehend, dass die Kunden die Schließfächer vornehmlich für wichtige Dokumente, Schmuck, Edelmetalle – wie Gold – oder andere Wertsachen genutzt hätten. Jetzt werde darin oft auch Bargeld deponiert. „Wegen der Nullzinsphase macht es für die Kunden keinen Unterschied, ob sie ihr Geld auf dem Konto oder in einem Schließfach liegen haben“, so Hirschmann. Zudem seien viele Menschen beruhigter, wenn sie schnell greifbare Rücklagen hätten. Bei der Volksbank bekommt jeder Safe-Eigentümer während der Geschäftszeiten Zugang zu seinem Schließfach – mit oder ohne Bankmitarbeiter.
Deutliche Preisunterschiede Indes seien die Kapazitäten der BW-Bank, was ihre Kundenschließfächer an den Standorten Ravensburg, Leutkirch und Friedrichshafen angeht, „praktisch ausgeschöpft“, wie ein Sprecher der Bank mitteilt. Zum 1. Mai werden die Mietpreise für die Tresore bei der BW-Bank angehoben. Das kleinste Fach mit einem Volumen von drei Litern kostet dann 59,50 Euro pro Jahr. Zum Vergleich: Bei der Volksbank Ravensburg zahlt man 65 Euro für einen 33-Liter-Tresor, bei der Kreissparkasse Ravensburg 48 Euro für einen 25-Liter-Tresor. Im Gegensatz zu den anderen Anbietern habe die BW-Bank aber einen besonderen Service, so der Sprecher: „Der Schließfachinhalt ist grundsätzlich versichert und im Mietpreis inklusive, und zwar mit mindestens 25 000 Euro und abhängig von der Fachgröße bis maximal 30 000 Euro.“
Die Commerzbank nimmt für das kleinste ihrer Schließfächer, in das ein DIN-A4-Ordner passt, eine Jahresmiete von 89 Euro. Im Preis ist eine Versicherung bis 26 000 Euro enthalten, davon ausgenommen sind Bargeld und Elementarschäden wie Erdbeben oder Überschwemmung. Wie der Ravensburger Filialdirektor Harald Jerg sagt, habe es in Ravensburg 200 Schließfächer. Ein Drittel sind vergeben. Wer eines anmieten will, muss ein Girokonto bei der Commerzbank besitzen.
Commerzbank-Chef Jerg weist nochmals darauf hin, dass nur der Inhaber des Schließfachs auch den Inhalt dessen kenne. Das ist bei allen anderen Geldinstituten ebenfalls so. Bei jedem Besuch werde die Identität und Unterschrift des Tresorinhabers überprüft, so der Filialdirektor. Dennoch rät er: „Zur Sicherheit sollte der Kunde eine Inventarliste anlegen, so gibt es auch keine unnötigen Streitereien in Versicherungsoder Erbfällen.“
„Die Menschen machen sich Gedanken, wo sie ihre Wertsachen unterbringen können.“
Michael Gresens, Vorstandsmitglied und Sprecher der Kreissparkasse