Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Rötenbach uneins über Asylunterkunft
Gemeinde kauft Haus in der Bethlehemstraße – Wolfegg muss bis zu 40 weitere Flüchtlinge aufnehmen
WOLFEGG - Nach der aktuellen Verteilungsquote muss die Gemeinde Wolfegg mit der weiteren Aufnahme von bis zu 40 Flüchtlingen rechnen. Die Gemeinde Wolfegg beherbergt derzeit 40 Flüchtlinge. Alleinstehende Männer in zwei Containern im Gewerbegebiet Grimmenstein, Familien in Wohnungen in Wolfegg und Alttann. Eine mögliche Unterbringung von 34 Personen in Rötenbach erregt seit Wochen die Gemüter.
Die Idylle in Rötenbach – der Ort ist bekannt für seine intakte Dorfgemeinschaft und das herausragende Zusammengehörigkeitsgefühl– ist seit Bekanntwerden der Gemeindepläne nicht mehr da. Der Dorffrieden gestört. Weil dieses Thema auf der Tagesordnung der jüngsten Gemeinderatssitzung stand, hatte Bürgermeister Peter Müller die Sitzung wohlweislich gleich in die Orangerie verlegt. Gefühlt halb Rötenbach hatte im Zuhörerraum Platz genommen. Die ausführlichen Diskussionsbeiträge der Gemeinderäte wurden von den Bürgern mit Raunen, unmutigem Gelächter, aber auch Applaus kommentiert.
„Wie viel Personen kommen werden, wissen wir noch nicht, aber wir sind zur Quotenaufnahme verpflichtet“, stellte Bürgermeister Müller an den Anfang seiner Informationen, die Hauptamtsleiter Adrian Heß mit Zahlen unterlegte. Insgesamt leben 40 Flüchtlinge in Erst- und Anschlussunterbringung in der Gemeinde Wolfegg. Die Syrer und Afrikaner sind in getrennten Containern untergebracht. Mit den Flüchtlingsfamilien in Alttann laufe alles rund, wolle er explizit dem Stammtischgeschwätz widersprechen, betonte Hess.
Wolfegg rechnet mit 500 000 Euro In Rötenbach hat die Gemeinde die Möglichkeit bekommen, ein Gebäude in der Bethlehemstraße zu erwerben. Damit könnte dringend benötigter Wohnraum für Flüchtlinge, aber auch für sozial bedürftige Personen geschaffen werden. Es handelt sich um ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen, das zu Wohnzwecken umgebaut und mit einem Ladengeschäft ausgestattet war. Der Kaufpreis schlägt mit 350 000 Euro zu Buche. Hinzu kämen Umbaukosten von rund 265 000 Euro. Im Haushaltsplan der Gemeinde sind im laufenden Jahr 500 000 Euro eingeplant. Dem gegenüber stehen Mieteinahmen von 30 000 Euro. Nur für den Umbau des Ladenraumes in eine Zwei-ZimmerWohnung könnten Fördermittel des Landes in Anspruch genommen werden. Der Rest des Projektes ist nicht förderfähig.
Das Büro MLW Architekten aus Ravensburg hat ein Umbaukonzept erarbeitet, welches vier separate Wohneinheiten vorsieht. Die ausgewiesenen Quadratmeter bieten Platz für insgesamt 34 Personen. Der mögliche Zuzug von 34, höchstwahrscheinlich alleinstehenden jungen Männern, ins kleine Rötenbach mit knapp 700 Einwohnern hat Ängste und Befürchtungen ausgelöst.
Sozialer Brennpunkt in der Ortsmitte, keine Infrastruktur, nicht einmal ein Lebensmitteladen, vor allem aber die hohe Zahl regten Bedenken an. Werner Quandt befürchtete Zustände wie in Sigmaringen rund um die Landeserstaufnahmestelle. Seit zweieinhalb Jahren leben Flüchtlinge in Alttann, und die Familien seien problemlos und integriert, erklärte Karl Wenzel. Drei Kilometer zum Einkaufen nach Wolfegg zu laufen, seien zumutbar, meinte der Bürgermeister. Günter Eiseles ausufernder Redebeitrag, der im zuversichtlichen Ausspruch gipfelte, „die Rötenbacher Dorfgemeinschaft schafft das“, wurde von den Zuhörern mit lautem Unmut kommentiert.
Wir entscheiden, wie viel Menschen in das Haus kommen, sagte Gerold Heinzelmann und schlug einen Belegungsschlüssel analog zu Hartz IV-Empfängern vor. Das wären dann nur maximal 18 Personen. Wir haben auch andere Möglichkeiten, gab Ludwig Speidler zu bedenken. Nicht alle Objekte, die schon im Gespräch waren, seien so schlecht gewesen. Das solle man noch einmal überdenken. Ein schnelles Konzept mit einer transparenten Lösung, schloss sich Karl Wenzel Speidler an.
Wenzel regte an, die Flüchtlinge prozentual auf die Ortsteile zu verteilen. Auch die Frage, ob ein Neubau nicht günstiger wäre als Umbau und Renovierung des alten Hauses, bewegte das Gremium. „Ich brauche Ihre klare Ausage, wie wir weiter verfahren“, beendete Bürgermeister Müller die Diskussion mit der Bitte um eine Probeabstimmung. Maximal 20 Personen sollen danach das Haus belegen.
Bei drei Gegenstimmen (Werner Quandt, Michael Miller und Marion Fischer) entschied sich der Gemeinderat mehrheitlich in der Probeabstimmung für den Kauf des Hauses. Die endgültige Entscheidung ist in der Sitzung am 8. Mai geplant. Vorher findet am 24. April eine öffentliche Informationsveranstaltung statt.