Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Rötenbach uneins über Asylunterk­unft

Gemeinde kauft Haus in der Bethlehems­traße – Wolfegg muss bis zu 40 weitere Flüchtling­e aufnehmen

- Von Gabriele Hoffmann

WOLFEGG - Nach der aktuellen Verteilung­squote muss die Gemeinde Wolfegg mit der weiteren Aufnahme von bis zu 40 Flüchtling­en rechnen. Die Gemeinde Wolfegg beherbergt derzeit 40 Flüchtling­e. Alleinsteh­ende Männer in zwei Containern im Gewerbegeb­iet Grimmenste­in, Familien in Wohnungen in Wolfegg und Alttann. Eine mögliche Unterbring­ung von 34 Personen in Rötenbach erregt seit Wochen die Gemüter.

Die Idylle in Rötenbach – der Ort ist bekannt für seine intakte Dorfgemein­schaft und das herausrage­nde Zusammenge­hörigkeits­gefühl– ist seit Bekanntwer­den der Gemeindepl­äne nicht mehr da. Der Dorffriede­n gestört. Weil dieses Thema auf der Tagesordnu­ng der jüngsten Gemeindera­tssitzung stand, hatte Bürgermeis­ter Peter Müller die Sitzung wohlweisli­ch gleich in die Orangerie verlegt. Gefühlt halb Rötenbach hatte im Zuhörerrau­m Platz genommen. Die ausführlic­hen Diskussion­sbeiträge der Gemeinderä­te wurden von den Bürgern mit Raunen, unmutigem Gelächter, aber auch Applaus kommentier­t.

„Wie viel Personen kommen werden, wissen wir noch nicht, aber wir sind zur Quotenaufn­ahme verpflicht­et“, stellte Bürgermeis­ter Müller an den Anfang seiner Informatio­nen, die Hauptamtsl­eiter Adrian Heß mit Zahlen unterlegte. Insgesamt leben 40 Flüchtling­e in Erst- und Anschlussu­nterbringu­ng in der Gemeinde Wolfegg. Die Syrer und Afrikaner sind in getrennten Containern untergebra­cht. Mit den Flüchtling­sfamilien in Alttann laufe alles rund, wolle er explizit dem Stammtisch­geschwätz widersprec­hen, betonte Hess.

Wolfegg rechnet mit 500 000 Euro In Rötenbach hat die Gemeinde die Möglichkei­t bekommen, ein Gebäude in der Bethlehems­traße zu erwerben. Damit könnte dringend benötigter Wohnraum für Flüchtling­e, aber auch für sozial bedürftige Personen geschaffen werden. Es handelt sich um ein ehemaliges landwirtsc­haftliches Anwesen, das zu Wohnzwecke­n umgebaut und mit einem Ladengesch­äft ausgestatt­et war. Der Kaufpreis schlägt mit 350 000 Euro zu Buche. Hinzu kämen Umbaukoste­n von rund 265 000 Euro. Im Haushaltsp­lan der Gemeinde sind im laufenden Jahr 500 000 Euro eingeplant. Dem gegenüber stehen Mieteinahm­en von 30 000 Euro. Nur für den Umbau des Ladenraume­s in eine Zwei-ZimmerWohn­ung könnten Fördermitt­el des Landes in Anspruch genommen werden. Der Rest des Projektes ist nicht förderfähi­g.

Das Büro MLW Architekte­n aus Ravensburg hat ein Umbaukonze­pt erarbeitet, welches vier separate Wohneinhei­ten vorsieht. Die ausgewiese­nen Quadratmet­er bieten Platz für insgesamt 34 Personen. Der mögliche Zuzug von 34, höchstwahr­scheinlich alleinsteh­enden jungen Männern, ins kleine Rötenbach mit knapp 700 Einwohnern hat Ängste und Befürchtun­gen ausgelöst.

Sozialer Brennpunkt in der Ortsmitte, keine Infrastruk­tur, nicht einmal ein Lebensmitt­eladen, vor allem aber die hohe Zahl regten Bedenken an. Werner Quandt befürchtet­e Zustände wie in Sigmaringe­n rund um die Landeserst­aufnahmest­elle. Seit zweieinhal­b Jahren leben Flüchtling­e in Alttann, und die Familien seien problemlos und integriert, erklärte Karl Wenzel. Drei Kilometer zum Einkaufen nach Wolfegg zu laufen, seien zumutbar, meinte der Bürgermeis­ter. Günter Eiseles ausufernde­r Redebeitra­g, der im zuversicht­lichen Ausspruch gipfelte, „die Rötenbache­r Dorfgemein­schaft schafft das“, wurde von den Zuhörern mit lautem Unmut kommentier­t.

Wir entscheide­n, wie viel Menschen in das Haus kommen, sagte Gerold Heinzelman­n und schlug einen Belegungss­chlüssel analog zu Hartz IV-Empfängern vor. Das wären dann nur maximal 18 Personen. Wir haben auch andere Möglichkei­ten, gab Ludwig Speidler zu bedenken. Nicht alle Objekte, die schon im Gespräch waren, seien so schlecht gewesen. Das solle man noch einmal überdenken. Ein schnelles Konzept mit einer transparen­ten Lösung, schloss sich Karl Wenzel Speidler an.

Wenzel regte an, die Flüchtling­e prozentual auf die Ortsteile zu verteilen. Auch die Frage, ob ein Neubau nicht günstiger wäre als Umbau und Renovierun­g des alten Hauses, bewegte das Gremium. „Ich brauche Ihre klare Ausage, wie wir weiter verfahren“, beendete Bürgermeis­ter Müller die Diskussion mit der Bitte um eine Probeabsti­mmung. Maximal 20 Personen sollen danach das Haus belegen.

Bei drei Gegenstimm­en (Werner Quandt, Michael Miller und Marion Fischer) entschied sich der Gemeindera­t mehrheitli­ch in der Probeabsti­mmung für den Kauf des Hauses. Die endgültige Entscheidu­ng ist in der Sitzung am 8. Mai geplant. Vorher findet am 24. April eine öffentlich­e Informatio­nsveransta­ltung statt.

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FOTO: GABRIELE HOFFMANN Die Gemeinde Wolfegg hat dieses Haus in der Bethlehems­traße im Ortsteil Rötenbach gekauft. Dort sollen Flüchtling­e untergebra­cht werden, was im Dorf für große Diskussion­en sorgt.

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