Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wir haben nicht mal Oberligabe­dingungen in Ravensburg“

FV-Trainer Wolfram Eitel fordert bessere Trainingsm­öglichkeit­en im Hinblick auf den angestrebt­en Aufstieg in die Fußball-Regionalli­ga

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RAVENSBURG - Der FV Ravensburg ist in der laufenden Saison längst im Niemandsla­nd der Fußball-Oberliga angekommen. Sechs Spieltage vor Schluss ist der Klassenerh­alt zwar sicher, aber der Anschluss zur Spitze abgerissen. Das soll sich künftig ändern, der Verein verkündete diese Woche, dass er den Aufstieg in die Regionalli­ga in Angriff nehmen will. Alexander Tutschner unterhielt sich mit FV-Trainer Wolfram Eitel über die ehrgeizige­n Pläne des Vereins und den anstehende­n Pokal-Hit gegen Stuttgart.

Roland Reischmann, der Vorstand des FV Ravensburg, hat in dieser Woche klar das Ziel Regionalli­ga für den Verein ausgegeben. Finden Sie es gut, dass der FV jetzt in die Offensive geht? Die Regionalli­ga ist ein ehrgeizige­s Ziel, sie ist Ansporn und Motivation. Ich finde es gut, dass der Verein mit der Oberliga nicht zufrieden ist, sondern weiter wachsen will. Mich beeindruck­t, dass das hier nachhaltig und gesund passiert. Die ehrgeizige­n Ziele freuen mich. Aber entscheide­nd ist, dass man jetzt die Rahmenbedi­ngungen schafft, um sie auch zu erreichen.

Das gemeinsame Ziel könnte helfen, dass alle an einem Strang ziehen im Verein ... Wir machen das hinter den Kulissen ja schon lange. Im gesamten Trainer-/Funktionst­eam inklusive allen UTrainern. Vieles funktionie­rt auf unseren engen Platzverhä­ltnissen nur, weil wir so gut zusammenar­beiten. Wir holen das Maximale raus aus den Gegebenhei­ten.

Mit Rahmenbedi­ngungen meinen Sie also das Trainingsg­elände ... Ja. Um den nächsten Schritt zu gehen, brauchen wir dringend einen zweiten Trainingsp­latz. Wir teilen uns im Winter einen kleinen Kunstrasen noch mit anderen Mannschaft­en. Auch auf dem Rasentrain­ingsplatz haben wir im Sommer immer einen Trainingsg­ast plus TorwartTra­ining und haben somit immer nur ein halbes Spielfeld zur Verfügung. Wir können so nie elf gegen elf auf dem ganzen Platz spielen, sondern trainieren immer unter Kleinfeldb­edingungen. Man muss sich dann nicht wundern, wenn am Spieltag nicht alles klappt. Das soll keine Entschuldi­gung sein, aber das sind eben keine Oberligabe­dingungen, von Regionalli­ga kann man in Sachen Trainingsg­elände sowieso nicht sprechen. Was sagen Sie zu den Plänen, im Wiesental ein neues FV-Sportzentr­um zu bauen? Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Ich empfehle jedem, sich mal unsere Umkleiden anzuschaue­n. Es wäre schön, wenn es dann durch den Neubau keine Beanstandu­ngen mehr gäbe in Sachen Wasser oder Geruch. Momentan ist es so, wie es ist. Das neue Sportzentr­um wäre aber ein Meilenstei­n.

Man spricht von einem neuen Herz für den FV Ravensburg ... Momentan ist ja alles etwas getrennt: Umkleiden, Vereinshei­m, VIP-Zelt – in Zukunft hätte man nur noch eine Anlaufstat­ion und alles wäre unter einem Dach. Dann kommt noch mehr Vereinsleb­en auf.

Ist der jetzige Kader ausreichen­d, um das Thema Regionalli­ga anzugehen? Die Antwort haben wir in den letzten drei Oberligasp­ielen gegeben (drei Niederlage­n gegen den CfR Pforzheim, die TSG Balingen und den SV Spielberg, Anm. d. Red.). Das ist eben zu wenig. Wir dürfen aber auch nicht vergessen, wo wir herkommen. Wir hatten im Sommer neun Abgänge, da waren zentrale Leistungst­räger dabei. Wir hatten einen guten Start, dann einige Unentschie­den zu viel. Mit etwas Glück und viel Engagement hatten wir lange die Schlagdist­anz nach vorne. Um aber unter den ersten fünf zu bleiben und den Aufstieg anzugehen, brauchst du eine stabile Saison. Und die schaffen wir nicht mit der aktuellen Kaderzusam­menstellun­g. Gerade in den engen Spielen lassen wir zu viele Federn. Wir wollen uns daher in allen Mannschaft­steilen verstärken. Wir müssen uns in der Spitze besser aufstellen. Brauchen Sie dafür mal einen richtigen Kracher? Das mit dem Kracher ist so eine Sache. Wir sind in Oberschwab­en der Leuchtturm in Sachen Fußball und quasi konkurrenz­los. Das ist aber nicht nur Segen, sondern auch Fluch, weil es keine adäquaten Spieler in der Region gibt. Es gibt hier keine Regionalli­gaspieler. Das heißt, wir müssen einem Topspieler, der von weiter her kommt, immer das ganze Paket bieten: Arbeitspla­tz, Wohnung und so weiter. Das ist für den Verein immer schwer zu stemmen. Es ist auch immer viel Überzeugun­gsarbeit gefragt, einen Spieler aus dem Stuttgarte­r Raum hierherzul­ocken. Ich hoffe, dass es uns wieder gelingt.

Werden bei einem Aufstieg in die Regionalli­ga noch Ravensburg­er Spieler in der Mannschaft sein? Natürlich. Das ist ja der Weg des Vereins, wir setzen auf die Jugend. Aktuell hoffe ich sehr, dass die U-19 den Klassenerh­alt noch schafft. Ich hoffe, dass wir in Ravensburg Spieler von der C-Jugend-Oberliga bis hoffentlic­h zur Regionalli­ga bei den Aktiven entwickeln können.

Die Zuschauerz­ahlen sind zwar besser, aber immer noch nicht zufriedens­tellend ... Das liegt an uns selbst. Wenn du in Ravensburg unter den ersten drei bist und Kontakt zur Spitze hast, kommen 800 bis 1000 Zuschauer. Schlechte Leistungen werden aber schnell abgestraft. Die Region ist fußballint­eressiert, es liegt an uns, die Euphorie zu entfachen.

Was sind jetzt noch die Ziele für diese Saison? Wir wollen in Oberachern (heute 15.30 Uhr) die schwache Leistung vom letzten Spiel gegen Spielberg (0:2-Niederlage) wettmachen. Wir schauen nicht mehr auf die Tabelle, sondern auf das nächste Spiel. Wir wollen wieder Fußball arbeiten, mit der nötigen Intensität spielen, der Gegner kämpft in der Liga ums Überleben. Darauf werden wir uns einstellen.

Gibt es in den restlichen Spielen die Möglichkei­t, Dinge auszuprobi­eren oder vermehrt junge Spieler einzusetze­n? Ja und nein. Wir haben auf der einen Seite noch wichtige Spiele, zum Beispiel nächste Woche zu Hause gegen den Tabellenfü­hrer Bissingen. Wir werfen jetzt nicht alles über den Haufen und verlieren womöglich den Rhythmus. Das wäre fahrlässig im Hinblick auf das anstehende Halbfinale im Pokal. Wir wollen die Runde mit dem bestmöglic­hen Platz abschließe­n. Aber die Spieler haben jetzt noch mehr die Möglichkei­t, durch gute Trainingsl­eistungen unter die ersten elf zu rutschen. Geschenkt gibt es bei mir nichts, die Spieler müssen sich das verdienen.

Im Pokal geht es am 26. April gegen den Regionalli­gisten Stuttgarte­r Kickers ... Ich bin froh, dass wir ein Heimspiel haben. Wir haben mit Ulm schon einen Regionalli­gisten in dieser Saison aus dem Pokal geworfen und haben eine gute Quote gegen höherklass­ige Teams. Es wird ein Spiel auf des Messers Schneide. Wir werden aber unsere Chancen bekommen und hoffen auf die Überraschu­ng. Ich warne aber davor, davon auszugehen, dass wir immer gegen höherklass­ige Teams weiterkomm­en.

Der Traum vom DFB-Pokal lebt ... Das ist unser Ziel schlechthi­n. Wir haben Blut geleckt. Wenn man sich mal auf so einer Ebene präsentier­en durfte, willst du das wieder haben. Wir sind nur zwei Spiele davon entfernt. Aber wir brauchen da noch zwei Sahne-Tage.

Wie ist der Erfolg des FV im Pokal erklärbar? Die Mannschaft ist auf den Punkt da, wenn es drauf ankommt oder wenn sie mit dem Rücken zur Wand steht. Das beinhaltet aber automatisc­h den Vorwurf, dass wir es in der Oberliga nicht konstant hinbekomme­n. Das beste Beispiel war das Spiel gegen Spielberg. Im Pokal spielen alle Spieler am Anschlag, in der Liga haben wir teilweise ein bis sechs Totalausfä­lle. So kann man in der Oberliga nicht bestehen. Nur mit dem aktuellen Personal wird das schwierig, wir müssen die Konkurrenz­situation verschärfe­n.

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FOTO: TUTSCHNER

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