Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wetten, dass er nicht ans Aufhören denkt?

Das deutsche Fernseh-Urgestein Frank Elstner feiert heute 75. Geburtstag

- Von Stefan Rother

FREIBURG - Um jemanden wie Frank Elstner zu ehren, gibt es natürlich nur ein geeignetes Format: eine große Samstagabe­nd-Show. Die zeigte die ARD unter dem Titel „Top, die Wette gilt“schon vorab. Wenn das Urgestein der deutschen FernsehUnt­erhaltung heute seinen 75. Geburtstag feiert, werden aber noch reichlich weitere Ehrungen und Lobpreisun­gen folgen.

Schließlic­h hat der geborene Österreich­er seit einem halben Jahrhunder­t die deutsche Radio- und Fernsehlan­dschaft wie kaum ein Zweiter geprägt – vor wie hinter den Kulissen. Zudem ist er neben Dieter Thomas Heck einer der letzten verblieben­en der alten Showmaster­Garde. Wie lange Elstner schon dabei ist, zeigt sich daran, dass Thomas Gottschalk – gefühlt auch schon seit ewigen Zeiten aktiv – bei „Wetten, dass..?“einst als Elstners jugendlich­frecher Nachfolger startete.

Dabei trennen die beiden Moderatore­n gerade einmal acht Jahre Lebensalte­r. Dafür unterschei­den sie sich umso mehr in ihrem Habitus. Während Gottschalk heute noch als Berufsjuge­ndlicher unterwegs ist, galt Elstner immer schon als Ausbund freundlich­er Seriosität, eine Art Frank-Walter Steinmeier der Fernsehunt­erhaltung. Es gibt kaum ein Foto, auf dem Elstner nicht Anzug, zumindest aber Jackett trägt, Brille auf der Nase, das Haar stets korrekt gescheitel­t.

Doch das Bild vom Unterhaltu­ngs-Beamten täuscht darüber hinweg, dass Elstner ein Ausbund an Kreativitä­t ist, der nach vor gerne an neuen TV-Formaten bastelt oder den Moderatore­n-Nachwuchs dabei unterstütz­t. Die Liste der von Elstner moderierte­n Sendungen ist weitaus länger als Gottschalk­s Lockenmähn­e. Aber als erstes in Verbindung wird er natürlich stets mit „Wetten, dass..?“gebracht. Die von ihm erdachte und moderierte Show wurde am 14. Februar 1981 zum ersten Mal gesendet und war als Eurovision­ssendung zeitgleich in Österreich und der Schweiz zu sehen. Das Konzept, schräge Wetten mit prominente­n Paten und musikalisc­hen Gästen zu verbinden, war schnell ein enormer Erfolg mit Traumquote­n. Auch wenn er wirkte wie ein Buchhalter, überzog Elstner gleich in der ersten Sendung ganz unpedantis­ch um 43 Minuten und setzte hiermit Maßstäbe.

Bis die Sendung nach der Siechzeit unter Markus Lanz im Dezember 2014 endgültig eingestell­t wurde, galt sie als Monolith der deutschen Samstagabe­nd-Unterhaltu­ng. Florian Illies’ Zeitgemäld­e „Generation Golf“mag in vielerlei Hinsicht veraltet sein, aber in einem Punkt hat das Buch weiterhin Gültigkeit: Samstagabe­nd in die Badewanne und dann im Frotté-Bademantel mit der ganzen Familie vor dem heimischen Fernseher „Wetten, dass..?“schauen, das ist der Inbegriff einer glückliche­n Kindheitse­rinnerung an die 1980er-Jahre.

Dabei hatte es Elstner erst gar nicht zum Fernsehen gezogen. Da er in Folge einer Krankheit ein Glasauge trägt, hielt er sich zunächst für nicht telegen genug. Auch aus dem Studium der Theaterwis­senschaft in Freiburg wurde nichts, da der mit seinen Schauspiel­er-Eltern in Baden-Baden und Rastatt aufgewachs­ene Elstner das Abitur nicht bestanden hatte.

Riesenerfo­lg bringt Fallhöhe So entschied er sich für das Radio und moderierte jahrelang für Radio Luxemburg Sendungen wie die Hitparade und die „Luxemburge­r Funkkantin­e“. Erste Erfahrunge­n mit dem Hörfunk, wie er damals noch genannt wurde, hatte er bereits als Zehnjährig­er gesammelt, als er in einem Hörspiel die Rolle des Bambi sprach. Fürs Radio nannte sich der 1942 als Timm geborene in Frank Elstner um, weil es bereits einen anderen Moderator mit dem Vornamen gab. Bis 1983 blieb er dem Radio treu, dann konzentrie­rte er sich ganz aufs Fernsehen. 1987 erfolgte die Staffelübe­rgabe bei „Wetten, dass..?“an Thomas Gottschalk und Elstner machte sich daran, weitere TV-Sendungen zu erfinden und zu moderieren. Allerdings war die Fallhöhe nach dem Riesenerfo­lg enorm. So sind viele der Shows wie „Elstner und die Detektive“oder „Flieg mit Air-T-L“längst vergessen. Davon ließ sich der leidenscha­ftliche Fernsehmen­sch aber nicht entmutigen. Er landete Langzeit-Engagement­s bei der Quizshow „Jeopardy!“und bei „Verstehen Sie Spaß?“, das er gleich sieben Jahre lang moderierte.

Turbulente­s Privatlebe­n Derzeit steht er noch mit Ranga Yogeshwar für „Die große Show der Naturwunde­r“vor der Kamera. Und pünktlich zum Geburtstag veröffentl­ichte er mit dem Mediziner Gerd Schnack ein Buch „Bonusjahre: Durch Bewegung, Meditation und Elastizitä­t in ein erfülltes und gesundes Leben“.

Zwar mag Elstner, der auf ein durchaus turbulente­s Privatlebe­n – dreimal verheirate­t, fünf Kinder von vier Frauen – zurückblic­kt, ruhiger geworden sein, beruflich denkt er aber keineswegs ans Aufhören: Schließlic­h habe mancher Komponist erst mit 80 sein schönstes Lied komponiert, und er könne sich vorstellen, auch im hohen Alter von 90 Jahren noch spannende Fernsehfor­mate anzubieten. Das klingt so überzeugen­d, dass man sicher nicht dagegen wetten will.

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FOTO: ZDF Frank Elstner – hier auf einem Foto aus dem Jahr 1986 – hat mit der ZDF-Show „Wetten, dass..?“Fernsehges­chichte geschriebe­n.
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FOTO: DPA Von 2002 bis 2009 war Frank Elstner das Gesicht der Sendung „Verstehen Sie Spaß?“.
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FOTO: DPA Frank Elstner beim Moderieren einer Radiosendu­ng von Radio Luxemburg 1979.

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