Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wetten, dass er nicht ans Aufhören denkt?
Das deutsche Fernseh-Urgestein Frank Elstner feiert heute 75. Geburtstag
FREIBURG - Um jemanden wie Frank Elstner zu ehren, gibt es natürlich nur ein geeignetes Format: eine große Samstagabend-Show. Die zeigte die ARD unter dem Titel „Top, die Wette gilt“schon vorab. Wenn das Urgestein der deutschen FernsehUnterhaltung heute seinen 75. Geburtstag feiert, werden aber noch reichlich weitere Ehrungen und Lobpreisungen folgen.
Schließlich hat der geborene Österreicher seit einem halben Jahrhundert die deutsche Radio- und Fernsehlandschaft wie kaum ein Zweiter geprägt – vor wie hinter den Kulissen. Zudem ist er neben Dieter Thomas Heck einer der letzten verbliebenen der alten ShowmasterGarde. Wie lange Elstner schon dabei ist, zeigt sich daran, dass Thomas Gottschalk – gefühlt auch schon seit ewigen Zeiten aktiv – bei „Wetten, dass..?“einst als Elstners jugendlichfrecher Nachfolger startete.
Dabei trennen die beiden Moderatoren gerade einmal acht Jahre Lebensalter. Dafür unterscheiden sie sich umso mehr in ihrem Habitus. Während Gottschalk heute noch als Berufsjugendlicher unterwegs ist, galt Elstner immer schon als Ausbund freundlicher Seriosität, eine Art Frank-Walter Steinmeier der Fernsehunterhaltung. Es gibt kaum ein Foto, auf dem Elstner nicht Anzug, zumindest aber Jackett trägt, Brille auf der Nase, das Haar stets korrekt gescheitelt.
Doch das Bild vom Unterhaltungs-Beamten täuscht darüber hinweg, dass Elstner ein Ausbund an Kreativität ist, der nach vor gerne an neuen TV-Formaten bastelt oder den Moderatoren-Nachwuchs dabei unterstützt. Die Liste der von Elstner moderierten Sendungen ist weitaus länger als Gottschalks Lockenmähne. Aber als erstes in Verbindung wird er natürlich stets mit „Wetten, dass..?“gebracht. Die von ihm erdachte und moderierte Show wurde am 14. Februar 1981 zum ersten Mal gesendet und war als Eurovisionssendung zeitgleich in Österreich und der Schweiz zu sehen. Das Konzept, schräge Wetten mit prominenten Paten und musikalischen Gästen zu verbinden, war schnell ein enormer Erfolg mit Traumquoten. Auch wenn er wirkte wie ein Buchhalter, überzog Elstner gleich in der ersten Sendung ganz unpedantisch um 43 Minuten und setzte hiermit Maßstäbe.
Bis die Sendung nach der Siechzeit unter Markus Lanz im Dezember 2014 endgültig eingestellt wurde, galt sie als Monolith der deutschen Samstagabend-Unterhaltung. Florian Illies’ Zeitgemälde „Generation Golf“mag in vielerlei Hinsicht veraltet sein, aber in einem Punkt hat das Buch weiterhin Gültigkeit: Samstagabend in die Badewanne und dann im Frotté-Bademantel mit der ganzen Familie vor dem heimischen Fernseher „Wetten, dass..?“schauen, das ist der Inbegriff einer glücklichen Kindheitserinnerung an die 1980er-Jahre.
Dabei hatte es Elstner erst gar nicht zum Fernsehen gezogen. Da er in Folge einer Krankheit ein Glasauge trägt, hielt er sich zunächst für nicht telegen genug. Auch aus dem Studium der Theaterwissenschaft in Freiburg wurde nichts, da der mit seinen Schauspieler-Eltern in Baden-Baden und Rastatt aufgewachsene Elstner das Abitur nicht bestanden hatte.
Riesenerfolg bringt Fallhöhe So entschied er sich für das Radio und moderierte jahrelang für Radio Luxemburg Sendungen wie die Hitparade und die „Luxemburger Funkkantine“. Erste Erfahrungen mit dem Hörfunk, wie er damals noch genannt wurde, hatte er bereits als Zehnjähriger gesammelt, als er in einem Hörspiel die Rolle des Bambi sprach. Fürs Radio nannte sich der 1942 als Timm geborene in Frank Elstner um, weil es bereits einen anderen Moderator mit dem Vornamen gab. Bis 1983 blieb er dem Radio treu, dann konzentrierte er sich ganz aufs Fernsehen. 1987 erfolgte die Staffelübergabe bei „Wetten, dass..?“an Thomas Gottschalk und Elstner machte sich daran, weitere TV-Sendungen zu erfinden und zu moderieren. Allerdings war die Fallhöhe nach dem Riesenerfolg enorm. So sind viele der Shows wie „Elstner und die Detektive“oder „Flieg mit Air-T-L“längst vergessen. Davon ließ sich der leidenschaftliche Fernsehmensch aber nicht entmutigen. Er landete Langzeit-Engagements bei der Quizshow „Jeopardy!“und bei „Verstehen Sie Spaß?“, das er gleich sieben Jahre lang moderierte.
Turbulentes Privatleben Derzeit steht er noch mit Ranga Yogeshwar für „Die große Show der Naturwunder“vor der Kamera. Und pünktlich zum Geburtstag veröffentlichte er mit dem Mediziner Gerd Schnack ein Buch „Bonusjahre: Durch Bewegung, Meditation und Elastizität in ein erfülltes und gesundes Leben“.
Zwar mag Elstner, der auf ein durchaus turbulentes Privatleben – dreimal verheiratet, fünf Kinder von vier Frauen – zurückblickt, ruhiger geworden sein, beruflich denkt er aber keineswegs ans Aufhören: Schließlich habe mancher Komponist erst mit 80 sein schönstes Lied komponiert, und er könne sich vorstellen, auch im hohen Alter von 90 Jahren noch spannende Fernsehformate anzubieten. Das klingt so überzeugend, dass man sicher nicht dagegen wetten will.