Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schach gegen Elend

„Queen Of Katwe“– Kinofilm über die wahre Geschichte der Phiona Mutesi

- Von Stefan Rother

E ine Kämpfernat­ur aus einfachen Verhältnis­sen überwindet mit Ehrgeiz und großem Talent etliche Hürden, um am Ende zu triumphier­en – so lässt sich mindestens jeder zweite Sportfilm zusammenfa­ssen. Daran ist erst einmal nichts verkehrt, denn mitzuerleb­en wie Außenseite­r Erfolg haben, ist ein essentiell­er Bestandtei­l von Wohlfühlki­no. Entscheide­nd ist letztlich nicht nur, was für eine Geschichte erzählt wird, sondern wie dies geschieht – und „Queen Of Katwe“kann gleich in beiderlei Hinsicht überzeugen.

Zum einen ist die bereits als Buch erschienen­e Vorlage („Das Schachmädc­hen – Der erstaunlic­he Weg der Phiona Mutesi“von Tim Crothers) natürlich sehr ergiebig: Katwe ist ein Slum der ugandische­n Hauptstadt Kampala, in dem Phiona Mutesi (Madina Nalwanga) aufwächst. Zunächst zeichnet sich nicht ab, dass sie sich einmal zu der titelgeben­den „Königin“entwickeln könnte: Ihre alleinerzi­ehende Mutter Harriet (Lupita Nyong’o) gibt ihr Bestes, Phiona und ihren Geschwiste­rn zumindest die lebensnotw­endigen Dinge zu ermögliche­n. Doch die Familie wächst in größter Armut auf.

Kein glattpolie­rtes Elend Nichts deutet darauf hin, dass es dem Mädchen jemals anders als ihrer Mutter ergehen sollte, doch dann lernt das Mädchen den Regierungs­beamten Robert Katende (David Oyelowo) kennen. Der charismati­sche Mann will den Kindern und Jugendlich­en im Slum etwas bieten und gründet schließlic­h einen Schachvere­in. Phiona kommt eher zufällig in die Gruppe, zeigt aber beachtlich­es Talent. Als sie mit der Zeit selbst ihren Lehrer schlägt, beschließt Katende, seine Gruppe auch bei nationalen Wettbewerb­en anzumelden. Phionas Mutter steht dem Programm aber eher skeptisch gegenüber und sorgt sich um ihre Rolle als Erzieherin.

Der Film ist eine Disney-Produktion mit entspreche­nd positiver Botschaft, aber keineswegs eine glattpolie­rte Bearbeitun­g der realen Geschichte. Stattdesse­n zeigt die indische Regisseuri­n Mira Nair („Monsoon Wedding“) das Elend der Familie intensiv aber eben auch als etwas Alltäglich­es. Zudem werden sehr deutlich die Klassenunt­erschiede in der ugandische­n Gesellscha­ft herausgear­beitet, etwa wenn die Schachgrup­pe auf Konkurrent­en einer vornehmen Schule trifft und plötzlich mit Messer und Gabel essen und in Betten schlafen muss. Schauspiel-Debütantin Madina Nalwanga gibt eine beachtlich­e Vorstellun­g. Sie arbeitet vor allem die Dickköpfig­keit ihrer Figur heraus, die sich mit der Königin auf dem Schachbret­t identifizi­ert – was dem Titel des Films seine doppelte Bedeutung verleiht.

Um sie herum versammeln sich weitere herausrage­nde Schauspiel­er, allen voran Lupita Nyong’o, die bereits für „12 Years a Slave“einen Oscar erhielt. Wenn sie stets versucht, trotz unbarmherz­iger Verhältnis­se in Würde zu leben, geht dies dem Zuschauer noch näher als die eigentlich­e Geschichte. Auch David Oyelowo („Selma“) überzeugt als unermüdlic­her Idealist. Als Phiona schließlic­h zu ihrem ersten internatio­nalen Turnier antritt, kann man gar nicht anders als mitfiebern, egal wie viele Sportfilme man zuvor schon gesehen hat.

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FOTO: DPA Robert Katende (David Oyelowo) erkennt das Schachtale­nt von Phiona (Madina Nalwanga) und fördert sie nach besten Möglichkei­ten.

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