Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schach gegen Elend
„Queen Of Katwe“– Kinofilm über die wahre Geschichte der Phiona Mutesi
E ine Kämpfernatur aus einfachen Verhältnissen überwindet mit Ehrgeiz und großem Talent etliche Hürden, um am Ende zu triumphieren – so lässt sich mindestens jeder zweite Sportfilm zusammenfassen. Daran ist erst einmal nichts verkehrt, denn mitzuerleben wie Außenseiter Erfolg haben, ist ein essentieller Bestandteil von Wohlfühlkino. Entscheidend ist letztlich nicht nur, was für eine Geschichte erzählt wird, sondern wie dies geschieht – und „Queen Of Katwe“kann gleich in beiderlei Hinsicht überzeugen.
Zum einen ist die bereits als Buch erschienene Vorlage („Das Schachmädchen – Der erstaunliche Weg der Phiona Mutesi“von Tim Crothers) natürlich sehr ergiebig: Katwe ist ein Slum der ugandischen Hauptstadt Kampala, in dem Phiona Mutesi (Madina Nalwanga) aufwächst. Zunächst zeichnet sich nicht ab, dass sie sich einmal zu der titelgebenden „Königin“entwickeln könnte: Ihre alleinerziehende Mutter Harriet (Lupita Nyong’o) gibt ihr Bestes, Phiona und ihren Geschwistern zumindest die lebensnotwendigen Dinge zu ermöglichen. Doch die Familie wächst in größter Armut auf.
Kein glattpoliertes Elend Nichts deutet darauf hin, dass es dem Mädchen jemals anders als ihrer Mutter ergehen sollte, doch dann lernt das Mädchen den Regierungsbeamten Robert Katende (David Oyelowo) kennen. Der charismatische Mann will den Kindern und Jugendlichen im Slum etwas bieten und gründet schließlich einen Schachverein. Phiona kommt eher zufällig in die Gruppe, zeigt aber beachtliches Talent. Als sie mit der Zeit selbst ihren Lehrer schlägt, beschließt Katende, seine Gruppe auch bei nationalen Wettbewerben anzumelden. Phionas Mutter steht dem Programm aber eher skeptisch gegenüber und sorgt sich um ihre Rolle als Erzieherin.
Der Film ist eine Disney-Produktion mit entsprechend positiver Botschaft, aber keineswegs eine glattpolierte Bearbeitung der realen Geschichte. Stattdessen zeigt die indische Regisseurin Mira Nair („Monsoon Wedding“) das Elend der Familie intensiv aber eben auch als etwas Alltägliches. Zudem werden sehr deutlich die Klassenunterschiede in der ugandischen Gesellschaft herausgearbeitet, etwa wenn die Schachgruppe auf Konkurrenten einer vornehmen Schule trifft und plötzlich mit Messer und Gabel essen und in Betten schlafen muss. Schauspiel-Debütantin Madina Nalwanga gibt eine beachtliche Vorstellung. Sie arbeitet vor allem die Dickköpfigkeit ihrer Figur heraus, die sich mit der Königin auf dem Schachbrett identifiziert – was dem Titel des Films seine doppelte Bedeutung verleiht.
Um sie herum versammeln sich weitere herausragende Schauspieler, allen voran Lupita Nyong’o, die bereits für „12 Years a Slave“einen Oscar erhielt. Wenn sie stets versucht, trotz unbarmherziger Verhältnisse in Würde zu leben, geht dies dem Zuschauer noch näher als die eigentliche Geschichte. Auch David Oyelowo („Selma“) überzeugt als unermüdlicher Idealist. Als Phiona schließlich zu ihrem ersten internationalen Turnier antritt, kann man gar nicht anders als mitfiebern, egal wie viele Sportfilme man zuvor schon gesehen hat.