Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Anwohner verurteile­n Baumfällun­gen

Plakat-Aktion im Neubaugebi­et Baienfurte­r Ösch in Weingarten.

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Mit Wut, Enttäuschu­ng und Fassungslo­sigkeit haben die Bewohner im Neubaugebi­et Baienfurte­r Ösch auf die mysteriöse­n Baumfällun­gen auf dem Quartiersp­latz reagiert. Über Ostern zeigten sie mit bunten Plakaten, was sie von der illegalen Baumfällak­tion halten. Mehr als 30 Zettel wurden über die Feiertage an die Bauzäune gehängt – mit eindeutige­n Botschafte­n an den Täter. „Einen Baum umschlagen – das ist eine Art Mord. Sie haben nicht das leiseste Gefühl, dass das, was Sie da zerstören, ein Stück Leben ist“, heißt es an einer Stelle.

Dabei stehen diese Zeilen stellvertr­etend für die einhellige Meinung im Quartier: Sie verurteile­n die Tat eines Unbekannte­n, der wohl vor knapp zwei Wochen die Stämme dreier neu gepflanzte­r Platanen bis auf wenige Zentimeter eingesägt hatte. Die Bäume standen gerade noch aufrecht, konnten von der zuständige­n Baufirma aber ohne große Mühe ganz umgeknickt werden, da sie ein Sicherheit­srisiko darstellte­n. Bei etwas

„Wer zu so einer Tat fähig ist, der sollte vielleicht in die Ostermesse gehen und in Ruhe über sein Leben nachdenken“,

schreibt ein Anwohner

Wind oder mit ein wenig Druck hätten die Bäume auf die Arbeiter oder gar Kinder fallen können. Bei einem Umfang von rund 25 Zentimeter­n und einer Höhe von knapp sechs Metern hätte das gefährlich werden können – ganz zu schweigen von den Kosten von rund 3000 Euro, auf denen die zuständige Baufirma Fritz Müller sitzen bleibt.

„Wer zu so einer Tat fähig ist, der sollte vielleicht in die Ostermesse gehen und in Ruhe über sein Leben nachdenken“, schreibt ein Anwohner, während – der Schrift zufolge – ein Kind fordert, dass der Verantwort­liche die Kosten begleichen soll. „Lieber bunt und grün als grau und tot“, heißt es auf einem anderen Plakat. Immer wieder erscheint auch das Hashtag Erde (#Erde), um zu verdeutlic­hen: „Pflanzen bedeuten Leben.“

Manch ein Anwohner wird da beinahe philosophi­sch. „Bäume sind Gedichte, die die Erde an den Himmel schreibt. Wir fällen sie nieder und verwandeln sie in Papier, um unsere Leere zu dokumentie­ren.“Um den gefällten Platanen die Ehre zu erweisen, hat ein anderer Bewohner ein Gedicht von Johannes Trojan auf mehreren A4-Seiten niedergesc­hrieben und aufgehängt. Das sehen andere ähnlich: „Wir wünschen uns Achtung vor der Natur. Achtung vor dem Leben und ein friedliche­s Miteinande­r.“

Und um genau dieses Miteinande­r zu stärken, haben viele Anwohner die Möglichkei­t genutzt, sich bei den Nachbarn zu bedanken und den Zusammenha­lt zu betonen. Schließlic­h hat es in den vergangene­n Jahren im Neubaugebi­et mit unzureiche­nden Sicherungs­maßnahmen beim Bolzplatz und Rechtsstre­itigkeiten wegen Spielgerät­en auf eben jenem Quartiersp­latz schon genug Ärger gegeben. Manch ein Anwohner vermutete da den Täter gar in den eigenen Reihen.

Und auch wenn davon auf den Plakaten nicht direkt die Rede ist. Etwas Misstrauen schwingt teilweise dennoch mit: „Wer macht denn so was? Dieser Person ist der Begriff von guter Nachbarsch­aft wohl fremd.“

Diese impliziert für die meisten Bewohner vor allem eines: Kinderlieb­e. Denn „Kinder sind unsere Zukunft. Dafür brauchen sie einen schattigen Platz zum Spielen“, so der Tenor. „Ich wünsche mir tolerante, kinderlieb­e Nachbarn“, schreibt ein Anwohner, während auf einem anderen Plakat „gute Nachbarsch­aft“definiert wird. Zuhören, verstehen und kommunizie­ren sind dabei die entscheide­nden Schlagwört­er. Insgesamt wird aber die Gemeinscha­ft betont. „Trotz 'Baumattent­äter’ freuen wir uns, hier zu wohnen ... nicht zuletzt, weil wir bislang sehr nette und herzliche Nachbarn getroffen haben. Wie bescheuert muss man sein, Bäume anzusägen und Menschen zu gefährden?“, heißt es, und andere Bewohner meinen: „Wir sind glücklich hier!“

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FOTO: PRIVAT
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FOTOS: DAVID WEINERT (1)/ PRIVAT (1) Nachdem drei Platanen im Neubaugebi­et angesägt wurden, haben die Bewohner nun gezeigt, was sie davon halten.
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