Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Anwohner verurteilen Baumfällungen
Plakat-Aktion im Neubaugebiet Baienfurter Ösch in Weingarten.
WEINGARTEN - Mit Wut, Enttäuschung und Fassungslosigkeit haben die Bewohner im Neubaugebiet Baienfurter Ösch auf die mysteriösen Baumfällungen auf dem Quartiersplatz reagiert. Über Ostern zeigten sie mit bunten Plakaten, was sie von der illegalen Baumfällaktion halten. Mehr als 30 Zettel wurden über die Feiertage an die Bauzäune gehängt – mit eindeutigen Botschaften an den Täter. „Einen Baum umschlagen – das ist eine Art Mord. Sie haben nicht das leiseste Gefühl, dass das, was Sie da zerstören, ein Stück Leben ist“, heißt es an einer Stelle.
Dabei stehen diese Zeilen stellvertretend für die einhellige Meinung im Quartier: Sie verurteilen die Tat eines Unbekannten, der wohl vor knapp zwei Wochen die Stämme dreier neu gepflanzter Platanen bis auf wenige Zentimeter eingesägt hatte. Die Bäume standen gerade noch aufrecht, konnten von der zuständigen Baufirma aber ohne große Mühe ganz umgeknickt werden, da sie ein Sicherheitsrisiko darstellten. Bei etwas
„Wer zu so einer Tat fähig ist, der sollte vielleicht in die Ostermesse gehen und in Ruhe über sein Leben nachdenken“,
schreibt ein Anwohner
Wind oder mit ein wenig Druck hätten die Bäume auf die Arbeiter oder gar Kinder fallen können. Bei einem Umfang von rund 25 Zentimetern und einer Höhe von knapp sechs Metern hätte das gefährlich werden können – ganz zu schweigen von den Kosten von rund 3000 Euro, auf denen die zuständige Baufirma Fritz Müller sitzen bleibt.
„Wer zu so einer Tat fähig ist, der sollte vielleicht in die Ostermesse gehen und in Ruhe über sein Leben nachdenken“, schreibt ein Anwohner, während – der Schrift zufolge – ein Kind fordert, dass der Verantwortliche die Kosten begleichen soll. „Lieber bunt und grün als grau und tot“, heißt es auf einem anderen Plakat. Immer wieder erscheint auch das Hashtag Erde (#Erde), um zu verdeutlichen: „Pflanzen bedeuten Leben.“
Manch ein Anwohner wird da beinahe philosophisch. „Bäume sind Gedichte, die die Erde an den Himmel schreibt. Wir fällen sie nieder und verwandeln sie in Papier, um unsere Leere zu dokumentieren.“Um den gefällten Platanen die Ehre zu erweisen, hat ein anderer Bewohner ein Gedicht von Johannes Trojan auf mehreren A4-Seiten niedergeschrieben und aufgehängt. Das sehen andere ähnlich: „Wir wünschen uns Achtung vor der Natur. Achtung vor dem Leben und ein friedliches Miteinander.“
Und um genau dieses Miteinander zu stärken, haben viele Anwohner die Möglichkeit genutzt, sich bei den Nachbarn zu bedanken und den Zusammenhalt zu betonen. Schließlich hat es in den vergangenen Jahren im Neubaugebiet mit unzureichenden Sicherungsmaßnahmen beim Bolzplatz und Rechtsstreitigkeiten wegen Spielgeräten auf eben jenem Quartiersplatz schon genug Ärger gegeben. Manch ein Anwohner vermutete da den Täter gar in den eigenen Reihen.
Und auch wenn davon auf den Plakaten nicht direkt die Rede ist. Etwas Misstrauen schwingt teilweise dennoch mit: „Wer macht denn so was? Dieser Person ist der Begriff von guter Nachbarschaft wohl fremd.“
Diese impliziert für die meisten Bewohner vor allem eines: Kinderliebe. Denn „Kinder sind unsere Zukunft. Dafür brauchen sie einen schattigen Platz zum Spielen“, so der Tenor. „Ich wünsche mir tolerante, kinderliebe Nachbarn“, schreibt ein Anwohner, während auf einem anderen Plakat „gute Nachbarschaft“definiert wird. Zuhören, verstehen und kommunizieren sind dabei die entscheidenden Schlagwörter. Insgesamt wird aber die Gemeinschaft betont. „Trotz 'Baumattentäter’ freuen wir uns, hier zu wohnen ... nicht zuletzt, weil wir bislang sehr nette und herzliche Nachbarn getroffen haben. Wie bescheuert muss man sein, Bäume anzusägen und Menschen zu gefährden?“, heißt es, und andere Bewohner meinen: „Wir sind glücklich hier!“