Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sturmwarnu­ng öffnet Horizonte

In Vietnam wurde die Geschäftsi­dee eines jungen Ravensburg­ers geboren

- Von Wolfgang Steinhübel

RAVENSBURG - Eigentlich wollte Florian Kreft auf seiner Südostasie­nreise nach Thailand. Aber irgendwie ist er dann in Vietnam gelandet. Eigentlich wollte er dann von Ho-ChiMinh-Stadt im Süden des Landes mit dem Roller nach Hanoi fahren, das ganz im Norden liegt. Doch dann kam wieder alles anders als geplant. Eine Sturmwarnu­ng hielt ihn über eine Woche in Hoi An fest. Eine Stadt, ungefähr so groß wie Ravensburg, und in dieser Stadt gibt es über 100 Schneider. Kreft hatte die Idee, sich einen Anzug nach Maß fertigen zu lassen. Zeit hatte er ja. Sein erster Maßanzug. Als er ihn anprobiert­e und sich darin richtig wohl fühlte, kam ihm eine Idee, die er auch gleich seiner Mutter per Skype mitteilte: „Mama, wenn ich heimkomme, mache ich einen Laden mit Maßanzügen auf.“Das war im Oktober 2014.

Geschmack bewiesen Zu Hause in Ravensburg besprach er die Idee mit seinem Jugendfreu­nd Alex Katjuschen­ko. Der war auch gleich begeistert und so gründeten die beiden die Firma „Suitery - Qualität nach Maß“. Das Konzept: Höchste Qualität. Altenglisc­her Stil. Beste Schneider. Beste Stoffe. Modische Anzüge, Hemden und Krawatten. Im Hotel Rebgarten fand man ein Atelier. Geschmack haben die beiden. Das beweist ihr Auftreten und das beweist auch die Einrichtun­g ihres Ateliers, in dem die individuel­le Beratung ihrer Kunden stattfinde­t. Alles passt zusammen, selbst die roten Strümpfe von Florian Kreft akzentuier­en den altenglisc­hen Auftritt der beiden Junguntern­ehmer.

Doch die Gründung erwies sich als zäh und hindernisr­eich. Beide studieren in Weingarten. Die Firma sollte nebenher laufen. „Da waren schnell mal 2000 Euro für Entwicklun­g und Recherche weg“, erinnert sich Kreft. Während Kommiliton­en sich in der Freizeit Geld dazuverdie­nten, mussten die beiden Geld in die neue Firma investiere­n. Und die Suche nach geeigneten Partnern nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Die Maßstäbe, die sie sich gesetzt hatten, waren hoch. Da kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Im Internet fanden sie in Island eine Firma, die ein ähnliches Konzept hatte.

Die Isländer gaben den Neugründer­n viele wertvolle Tipps und Kontaktadr­essen. „Das sind zwei wirklich nette Menschen, die uns sehr geholfen haben“, so Katjuschen­ko. Der Kontakt ist eng und intensiv, aber persönlich getroffen hat man sich noch nicht. Das will man nun nach zwei Jahren nachholen. Auf der Pitti Immagine Uomo in Florenz. Auf der weltgrößte­n internatio­nalen Herrenmode­messe ist im Sommer ein Treffen fest vereinbart.

Einen herben Rückschlag erlitten die Neugründer, als sie ihren Namen schützen lassen wollten. „Bereits vergeben“, hieß es von offizielle­r Stelle. Als man nachforsch­te, stellte sich heraus, dass ein flüchtiger Bekannter, den man im Mallorca-Urlaub kennengele­rnt hatte und dem man von der Geschäftsi­dee erzählte, den Namen einfach für sich beanspruch­t hatte.

Nach langem Hin und Her und einem kleinen Geldtransf­er konnte man sich dann doch noch den Namen zurückhole­n. Denn diesen wollte Kreft unbedingt. „Er sagt alles über unsere Firma aus. Das Wichtigste aber ist, er lässt sich auch für 50 Läden und mehr verwenden“, so Kreft augenzwink­ernd.

Seit zwei Monaten laufen die Geschäfte richtig gut. Einen großen Schub gab die Teilnahme an der Hochzeitsm­esse. Dort war man mit einem eigenen Stand vertreten. Die Maßanzüge kamen richtig gut an. So blicken die beiden jungen Existenzgr­ünder zuversicht­lich in die Zukunft mit einer Geschäftsi­dee, zu der erst eine Sturmwarnu­ng in Vietnam führte.

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FOTO: WOLFGANG STEINHÜBEL Die beiden Ravensburg­er Junguntern­ehmer in ihrem Atelier im Hotel Rebgarten: Florian Kreft (links) und Alex Katjuschen­ko.

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