Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sturmwarnung öffnet Horizonte
In Vietnam wurde die Geschäftsidee eines jungen Ravensburgers geboren
RAVENSBURG - Eigentlich wollte Florian Kreft auf seiner Südostasienreise nach Thailand. Aber irgendwie ist er dann in Vietnam gelandet. Eigentlich wollte er dann von Ho-ChiMinh-Stadt im Süden des Landes mit dem Roller nach Hanoi fahren, das ganz im Norden liegt. Doch dann kam wieder alles anders als geplant. Eine Sturmwarnung hielt ihn über eine Woche in Hoi An fest. Eine Stadt, ungefähr so groß wie Ravensburg, und in dieser Stadt gibt es über 100 Schneider. Kreft hatte die Idee, sich einen Anzug nach Maß fertigen zu lassen. Zeit hatte er ja. Sein erster Maßanzug. Als er ihn anprobierte und sich darin richtig wohl fühlte, kam ihm eine Idee, die er auch gleich seiner Mutter per Skype mitteilte: „Mama, wenn ich heimkomme, mache ich einen Laden mit Maßanzügen auf.“Das war im Oktober 2014.
Geschmack bewiesen Zu Hause in Ravensburg besprach er die Idee mit seinem Jugendfreund Alex Katjuschenko. Der war auch gleich begeistert und so gründeten die beiden die Firma „Suitery - Qualität nach Maß“. Das Konzept: Höchste Qualität. Altenglischer Stil. Beste Schneider. Beste Stoffe. Modische Anzüge, Hemden und Krawatten. Im Hotel Rebgarten fand man ein Atelier. Geschmack haben die beiden. Das beweist ihr Auftreten und das beweist auch die Einrichtung ihres Ateliers, in dem die individuelle Beratung ihrer Kunden stattfindet. Alles passt zusammen, selbst die roten Strümpfe von Florian Kreft akzentuieren den altenglischen Auftritt der beiden Jungunternehmer.
Doch die Gründung erwies sich als zäh und hindernisreich. Beide studieren in Weingarten. Die Firma sollte nebenher laufen. „Da waren schnell mal 2000 Euro für Entwicklung und Recherche weg“, erinnert sich Kreft. Während Kommilitonen sich in der Freizeit Geld dazuverdienten, mussten die beiden Geld in die neue Firma investieren. Und die Suche nach geeigneten Partnern nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Die Maßstäbe, die sie sich gesetzt hatten, waren hoch. Da kam ihnen der Zufall zu Hilfe. Im Internet fanden sie in Island eine Firma, die ein ähnliches Konzept hatte.
Die Isländer gaben den Neugründern viele wertvolle Tipps und Kontaktadressen. „Das sind zwei wirklich nette Menschen, die uns sehr geholfen haben“, so Katjuschenko. Der Kontakt ist eng und intensiv, aber persönlich getroffen hat man sich noch nicht. Das will man nun nach zwei Jahren nachholen. Auf der Pitti Immagine Uomo in Florenz. Auf der weltgrößten internationalen Herrenmodemesse ist im Sommer ein Treffen fest vereinbart.
Einen herben Rückschlag erlitten die Neugründer, als sie ihren Namen schützen lassen wollten. „Bereits vergeben“, hieß es von offizieller Stelle. Als man nachforschte, stellte sich heraus, dass ein flüchtiger Bekannter, den man im Mallorca-Urlaub kennengelernt hatte und dem man von der Geschäftsidee erzählte, den Namen einfach für sich beansprucht hatte.
Nach langem Hin und Her und einem kleinen Geldtransfer konnte man sich dann doch noch den Namen zurückholen. Denn diesen wollte Kreft unbedingt. „Er sagt alles über unsere Firma aus. Das Wichtigste aber ist, er lässt sich auch für 50 Läden und mehr verwenden“, so Kreft augenzwinkernd.
Seit zwei Monaten laufen die Geschäfte richtig gut. Einen großen Schub gab die Teilnahme an der Hochzeitsmesse. Dort war man mit einem eigenen Stand vertreten. Die Maßanzüge kamen richtig gut an. So blicken die beiden jungen Existenzgründer zuversichtlich in die Zukunft mit einer Geschäftsidee, zu der erst eine Sturmwarnung in Vietnam führte.