Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Küsten-Koalition fühlt sich sicher

Schleswig-Holstein wählt am 7. Mai den Landtag – Keine Wechselsti­mmung in Sicht

- Von Sabine Lennartz

KIEL - Daniel Günther ist Marathonlä­ufer. Gut möglich, dass der CDUHerausf­orderer von Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Torsten Albig (SPD) Durchhalte­vermögen braucht. Denn vor der Landtagswa­hl am 7. Mai sieht es derzeit so aus, als könne Rot-Grün an der Küste weitermach­en. Genauer gesagt, die Küstenkoal­ition, denn der SSW, der südschlesw­igsche Wählerverb­and als Vertreter der dänischen Minderheit, gehört auch noch zum Regierungs­bündnis.

Der 53-jährige Torsten Albig kann sich zurzeit zufrieden zurücklehn­en. Mit dem Schulz-Effekt und einem stabilen Bündnis mit den Grünen im Rücken blickt er entspannt der Wahl entgegen. Er setzt auf den SaarlandEf­fekt. Darauf, dass die regierende­n Ministerpr­äsidenten zum Schluss noch ein paar Stimmen oben drauf bekommen, so wie gerade Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) in Saarbrücke­n.

Helfer Schulz und Scholz Torsten Albig, von 2009 bis 2012 Oberbürger­meister von Kiel, regiert Schleswig-Holstein seit 2012 zusammen mit den Grünen. Als beste Wahlkampfh­elfer nennt Albig den neuen SPD-Chef Martin Schulz und den Hamburger Bürgermeis­ter Olaf Scholz. Martin Schulz führe die SPD wieder auf ihren realen Marktwert, Olaf Scholz punkte im Hamburger Umland und in den Städten mit gemeinsame­n Schul-, Straßenbau und Nahverkehr­sprojekten von Hamburg und Schleswig-Holstein.

Laut neuesten Umfragen von Infratest Dimap beurteilen derzeit knapp drei Viertel der SchleswigH­olsteiner die wirtschaft­liche Lage ihres Landes positiv, mit der Regierungs­arbeit sind 62 Prozent zufrieden. Das klingt nicht nach Wechselsti­mmung an der Küste. Allerdings weiß Albig auch, dass es in Schleswig-Holstein immer knapp zugeht, einem konservati­v-ländlich strukturie­rten Land, in dem eigentlich die CDU gewinnen müsste.

Doch die Christdemo­kraten haben eine lange und keine besonders ruhmreiche Geschichte. Der Fall Barschel ist zwar fast vergessen, doch in jüngster Zeit haben sich die CDU-Spitzenkan­didaten die Klinke in die Hand gegeben. Nachdem Peter Harry Carstensen als beliebter Ministerpr­äsident von 2002 bis 2010 die CDU führte, kam Christian von Boetticher, der nach einer Affäre mit einer Minderjähr­igen zurücktrat, Jost de Jager, der kein Landtagsma­ndat hatte, Reimer Böge, der aus gesundheit­lichen Gründen zurücktrat, Ingbert Liebing, der wegen schlechter Umfragewer­te hinwarf und seit letztem Jahr der 43-jährige Daniel Günther.

Günther, der jünger aussieht als er ist – seine Gegner sprechen gar davon, er sehe aus wie ein Konfirmand – will im Wahlkampf auf die Themen bessere Infrastruk­tur und Bildung setzen. Er tritt für die Rückkehr zu G 9 ein. Drei Viertel der SchleswigH­olsteiner wollen zurück zu neun Jahren bis zum Abitur, da fühlt sich die CDU auf der sicheren Seite. Allerdings ist das Ganze etwas heikel, weil die CDU selbst 2008 das KurzAbitur G 8 eingeführt hatte.

Ein weiteres Thema ist die Windkraft, hier setzt sich Daniel Günther für größere Abstandsre­gelungen von 1200 Metern statt bisher 800 Metern ein. Viermal greift die CDU-Chefin Angela Merkel selbst in den Wahlkampf an der Küste ein.

Die SPD setzt auf ihr Kernthema Bildung. Kostenfrei­e Kitas sollen in acht Schritten kommen und 2025 erreicht sein. In der Schulpolit­ik tritt die SPD für einen Schulfried­en ein, sie will keine neuen Reformen, sondern G 8 und G 9 nebeneinan­der existieren lassen.

In der Flüchtling­spolitik profiliert sich die SPD an der Küste links. Sie hat einen Abschiebes­topp für Flüchtling­e nach Afghanista­n beschlosse­n. Ein Thema, für das er immer großen Beifall bekomme, so Thorsten Albig. Und im übrigen teile er seine Position mit dem UNHCR, dem Flüchtling­swerk der Vereinten Nationen, dem Roten Kreuz und den christlich­en Kirchen.

In der jüngsten Umfrage wird die SPD bei 33 Prozent gesehen, die CDU bei 31. Gäbe es eine Direktwahl des Regierungs­chefs, erhielte Albig derzeit 50 Prozent und sein Herausford­erer Daniel Günther 21 Prozent. Die Hälfte der Schleswig-Holsteiner kennen den neuen Herausford­erer Günther noch nicht. Deshalb will er noch kräftig Haustürwah­lkampf machen.

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FOTO: DPA Gibt sich entspannt: der amtierende Ministerpr­äsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig (SPD). Daneben steht sein Herausford­erer Daniel Günther, Fraktionsv­orsitzende­r der CDU im Kieler Landtag.

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