Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Gefallener
Angesichts nicht enden wollender Vorwürfe der sexuellen Belästigung trennt sich der konservative Nachrichtensender Fox News von Bill O’Reilly, seinem erfolgreichsten Moderator. Seit 1996 war der hochgewachsene Talkmaster nicht nur ein Aushängeschild des Kanals, er war auch ein früher Wegbereiter jener populistischen Polemik gegen die sogenannten Mainstream-Medien, wie sie Donald Trump im Wahlkampf auf die Spitze trieb.
Abend für Abend lockte er mit seinen markigen Sprüchen rund vier Millionen Zuschauer vor die Bildschirme. Mit Trump verbindet ihn eine lange Freundschaft, regelmäßig interviewte er den früheren Bauunternehmer. O’Reilly, kann man sagen, war die Stimme des Stammtischs. Pikanterweise stolperte er über einen Skandal, den er fast schon ausgesessen zu haben glaubte.
Angefangen hat es vor drei Wochen, als die „New York Times“brisante Details enthüllte. Demnach soll der 67-Jährige insgesamt 13 Millionen Dollar Schweigegeld an fünf Frauen gezahlt haben, um drohende Klagen wegen sexueller Nötigung abzubiegen. O’Reilly sei ein feiner Kerl, sagte Trump. „Ich glaube nicht, dass Bill etwas Falsches getan hat.“
Renommierte Werbekunden des Senders sahen das anders. Mehr als fünfzig Unternehmen zogen ihre Aufträge zurück, darunter BMW, Mercedes-Benz und Toyota, der französische Pharmakonzern Sanofi oder Allstate, eine amerikanische Versicherung. Frauenrechtlerinnen riefen zum Boykott auf.
O’Reilly, so das Muster, machte Mitarbeiterinnen oder auch weiblichen Gästen seiner Talkshow eindeutige Avancen. Ließen sie ihn abblitzen, drohte er mit karrierebremsenden Konsequenzen. Als Moderatorin Wendy Walsh, eine der belästigten Frauen auspackte, entschloss sich schließlich auch Rupert Murdoch, der australische Medienmogul, zu dessen Imperium Fox gehört, zu einer Kehrtwende. Frank Herrmann