Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Winfried Kretschmann feiert mit der IHK
Der Ministerpräsident kommt zum 150-jährigen Bestehen nach Weingarten – Chronik wird vorgestellt
WEINGARTEN/RAVENSBURG - Mit einem Festakt mit zahlreichen prominenten Gästen – unter ihnen wird auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann sein – und der Vorstellung einer reich bebilderten Chronik feiert die Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben am Donnerstag, 27. April, in Weingarten ihr 125-jähriges Bestehen. IHK-Präsident Heinrich Grieshaber und Hauptgeschäftsführer Peter Jany stellten die Chronik gestern bei einer Pressekonferenz vor.
Wie überall im Königreich Württemberg wurde im Jahr 1867 in Ravensburg eine Kammer eingerichtet, die einerseits staatliche Aufgaben wie das Ausbildungswesen in Industrie, Handel und Gewerbe übernehmen als auch die Interessen der Mitgliedsbetriebe übernehmen sollte. An diesen Grundaufgaben, so Präsident Heinrich Grieshaber, hat sich im Prinzip nichts geändert, sehr wohl aber der Zuständigkeitsbereich. Er umfasste ursprünglich den Altkreis Tettnang – also den württembergischen Teil des heutigen Bodenseekreises – sowie die Kreise Ravensburg und Biberach. Letzterer wurde 1973 dem Kammerbezirk Ulm zugeordnet. Dafür kam der Kreis Sigmaringen hinzu. Und der Sitz der Kammer wechselte von Ravensburg nach Weingarten.
Biberach als Konkurrenz Es war nicht selbstverständlich, dass Ravensburg 1867 als zentraler Ort für den neu gegründeten Handelsverein ausgewählt wurde, berichtete Grieshaber: „Man konkurrierte sehr stark mit Biberach, das aus Stuttgarter Sicht näher lag. Bereits damals beklagte man die schwache Verkehrs-Infrastruktur, obwohl die Eisenbahn gebaut war. Dieses Problem kommt uns doch sehr bekannt vor.“
Begonnen hat man mit 45 Mitgliedern. Heute sind es rund 34 000. Der Großteil davon sind Kleinbetriebe, die wegen ihres geringen Jahresumsatzes keine Beiträge entrichten müssen. Wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Mitgliedschaft müsse er zwar immer wieder Gespräche führen, räumte Peter Jany ein; aber die Rechtslage sei eindeutig und so auch vom Bundesverfassungsgericht in einem Grundsatzurteil bestätigt, sodass Streitfälle schnell geklärt werden könnten.
Dass die Wirtschaftsregion in allen Bereichen überdurchschnittlich gute Kennzahlen aufweise, sehen Grieshaber und Jany auch als Verdienst der Kammer an. Sie habe die Kommunen immer unterstützt, wenn es um die Ansiedlung und Entwicklung von Industrie, Handel und Gewerbe gegangen sei, aber auch bei der Aus- und Weiterbildung des beruflichen Nachwuchses. „Unser größtes Kapital ist der Grips und die Leistungsbereitschaft unserer Menschen“, sagt Grieshaber. Die Qualität der Schulen und Hochschulen in der Region spiele neben der Ausbildungsbereitschaft der Betriebe eine wesentliche Rolle.
Als Nachteil empfindet es Peter Jany, dass es im Kammerbezirk keine staatliche Universität gibt: „Institute, die im Umfeld der Unis in Ulm, Tübingen oder Stuttgart angesiedelt sind, strahlen intensiv in die jeweiligen Wirtschaftsregionen aus. Ein anschauliches Beispiel ist das Gründerzentrum auf dem Eselsberg in Ulm.“
Zugleich beklagen Grieshaber und Jany eine Stagnation oder gar einen Rückgang in der beruflichen Ausbildung: „Der Nachwuchsmangel ist eines der größten Risiken für unseren Wirtschaftsstandort.“In den Unternehmen wachse zwar der Akademiker-Anteil in den Belegschaften. Aber eine Quote von mehr als 50 Prozent werde man nie erreichen können. Gleichzeitig steige die Zahl junger Menschen, die ihr Studium vorzeitig abbrechen. Um sie kümmere sich die Kammer intensiv mit einem Beratungszentrum. Eine große Herausforderung sei aber auch die berufliche Integration geflüchteter Menschen. „Da brauchen wir einen langen Atem“, sagt Peter Jany: „Sie benötigen erst einmal eine gute schulische Ausbildung, bevor sie in die Arbeitswelt integriert werden können. Das wird Jahre brauchen.“
Mit der Eröffnung des neuen Zentrums für Aus- und Weiterbildung sieht sich die IHK für die Zukunft gut gerüstet. Zugleich seien die politischen Weichen gestellt, damit sich auch die Verkehrsinfrastruktur in absehbarer Zeit nachhaltig verbessert, indem wichtige Bundesstraßen ausgebaut und die Südbahn bald elektrifiziert wird. Davon versprechen sich Grieshaber und Jany große Impulse für die Region, auch wenn die Umsetzung der Großprojekte noch Jahre dauern wird.