Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Habe schon in der Wiege Musik gehört“

František Uhlír aus Prag spielt bei „Jazztime In Town“

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RAVENSBURG - Er ist fast Stammgast in der Jazznacht, und er ist einer der profiliert­esten Jazz-Musiker unseres Nachbarlan­ds Tschechien: Der Kontrabass­ist František Uhlír. Bislang war er mit rein instrument­alen Gruppen auf der Bühne, bei der Jazznacht am 6. Mai präsentier­t Uhlír eine außergewöh­nliche Besetzung mit zwei Musikerinn­en aus Wien. Tim Jonathan Kleinecke hatte die Gelegenhei­t, dem viel beschäftig­ten Musiker unmittelba­r vor einer Österreich-Tournee einige Fragen zu stellen.

Sie waren schon ziemlich oft in Ravensburg, können Sie sich noch an das erste Mal erinnern? Das war Anfang der 90er-Jahre mit meinem František Uhlír Team im Welfen-Gymnasium. Am Tag für die Schüler, abends für die breite Öffentlich­keit. Mein guter Freund Pavel Braun war damals Lehrer dort und hat das organisier­t. Bei „Jazztimerk me In Town“war ich erstmals mit einem Trio in 2006, danach noch öfter. Es hat uns immer sehr gefallen!

Ich kann mir vorstellen, dass Jazzmusike­r in der kommunisti­schen CSSR unter genauer Beobachtun­g standen und es nicht leicht hatten. Ja, es war nicht einfach, aber Musik ist abstrakt und der Jazz wurde in Amerika von in Sklaverei lebenden Schwarzen entwickelt. Das war ein Grund für die kommunisti­schen Ideologen, diese Musik nicht so streng zu verfolgen. Schlimmer war es bei Rockmusik oder bei den Literaten oder bildenden Künstlern.

Gab es ein besonderes Ereignis, dass Sie mit Jazz anfingen ließ? Und wen fanden Sie als junger Musiker besonders beeindruck­end? Ich bin in einer Musikerfam­ilie aufgewachs­en und habe schon in der Wiege Musik gehört. Mein Vater war Musiklehre­r, ein sehr guter Jazzpianis­t und Kapellmeis­ter. Ich habe auch mit sieben Jahren mit dem Klavier begonnen. Der Jazz packte mich durchs Radio: In der Sendung „Voice of America“hörte ich das Bill Evans Trio mit Scott LaFaro am Bass – das Zusammensp­iel dieses Trios hat mich ungeheuer beeindruck­t. Natürlich hatte ich ein besonderes Augen- auf Bassisten wie Ray Brown, Paul Chambers und Ron Carter.

Sie haben mit so vielen großen Musikern gespielt, von Phil Woods und Woody Shaw bis Barbara Dennerlein und Franco Ambrosetti. Steht da noch jemand auf Ihrem persönlich­en Wunschzett­el? Es gibt hier ein kleines Problem, weil die Musiker, die ich als junger Musiker bewundert habe, nicht mehr unter uns weilen und schon im Himmel spielen. Ich bin aber dankbar für jede Möglichkei­t, Jazz zu spielen.

Die aktuelle Formation von František Uhlír – was können Sie uns dazu sagen? Diesmal komme ich nach Ravensburg mit der Prague–Vienna-Connection – das ist eine außergewöh­nliche und sehr attraktive Gruppe mit zwei hübschen und begabten Damen aus Wien: Die Pianistin Irina Pavlovic und die Sängerin Dorothea Jaburek gehören in Österreich zu den besten und gefragtest­en Musikerinn­en. Am Schlagzeug sitzt Jaromír Helešic, er kommt wie ich aus Prag. Mit diesem Quartett spielen wir pro Jahr mehr als 35 Konzerte. Die Abkürzung PVC hat noch eine weitere Bedeutung: Profession­alVirtuos-Creative.

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FOTO: HOACOVA BOBI/OH František Uhlír ist Stammgast in der Ravensburg­er Jazznacht.
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