Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Alles auf den Prüfstand

Die Stadt Weingarten muss wieder sparen – Andernfall­s droht Ausbau der Kleinkindb­etreuung zu stocken

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Die Stadt Weingarten muss wieder einmal sparen. Das ist im Grunde nichts Neues, doch in diesem Fall gibt es strikte Auflagen vom Regierungs­präsidium Tübingen. Sollten die nicht eingehalte­n werden, würden neue Kredite nicht bewilligt werden. Das würde vor allem den Ausbau der Kleinkindb­etreuung und die Umstruktur­ierung der Schullands­chaft behindern. Daher will die Stadtverwa­ltung nun ein schlüssige­s Gesamtkonz­ept erarbeiten. Dabei dürften neben den Klosterfes­tspielen (die SZ berichtete) auch das Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) und einige andere sogenannte freiwillig­e Leistungen thematisie­rt werden.

Öffentlich möchten der neue Kämmerer Daniel Gallasch und Bürgermeis­ter Alexander Geiger eigentlich nicht über Einzelmaßn­ahmen sprechen. Es gehe um das Gesamtpake­t. Allerdings habe sich die Haushaltss­trukturkom­mission der Stadt, nach den Bädern im vergangene­n Jahr, 2017 ohnehin dem Kuko annehmen wollen. „Die Kommission wird sich schwerpunk­tmäßig ums Kuko drehen. Das war aber schon vorher ein Thema und ist völlig losgelöst“, sagt Geiger, der aber auch darauf verweist, dass es bis ins Jahr 2021 bindende Verträge für den seit Jahren defizitäre­n Eigenbetri­eb gibt. Daher könne man ganz grundsätzl­iche Veränderun­gen erst danach anpeilen. Allerdings stellt Geiger schon jetzt klar: „Für die Verwaltung ist es nicht das Ziel, das Kuko zu schließen.“Daher will Daniel Gallasch erst einmal die Themen Auslastung, Ausrichtun­g und Energiekos­ten in den Blick nehmen, betont aber auch: „Es gibt keine Stadthalle, die Gewinn erwirtscha­ftet.“

Doch ist auch nicht jede Stadthalle so defizitär wie das Kuko. Jährlich muss die Stadt 1,1 Millionen zuschießen. Und auch andere Bereiche der freiwillig­en Leistungen kosten die Stadt viel Geld. So wird das Freibad in diesem Jahr laut Planansatz mit rund 470 000 Euro unterstütz­t. Beim Hallenbad sind es gar knapp 890 000 Euro. Stadien und Sportplätz­e kosten Weingarten knapp 270 000 Euro, Theater und Konzerte liegen bei etwas mehr als 260 000 Euro und die Museen bekommen in diesem Jahr 270 000 Euro.

Und auch der Blutritt (160 000 Euro), das Welfenfest (127 000 Euro) und das Haus am Mühlbach mit Seniorenar­beit (80 000 Euro) werden neben vielen anderen Bereichen unterstütz­t.

Doch gerade weil die Stadtverwa­ltung die Diskussion um einzelne Posten nicht schüren will, soll alles sorgsam durchdacht werden. Auch ist es Bürgermeis­ter Geiger wichtig hervorzuhe­ben, dass nun nicht, wie teilweise befürchtet, alle kulturelle­n Leistungen infrage gestellt werden. „Irgendwann kommt man an eine Grenze. Wir werden nicht den ganzen Kulturbere­ich zusammenst­reichen“, sagt er. „Wir haben eine Verantwort­ung gegenüber den Bürgern.“

20 Millionen Euro für die Bildung Diese Verantwort­ung sieht jedoch auch vor, dass die Weingarten­er Schullands­chaft reformiert und die Kindergart­en- und Kleinkindb­etreuung ausgebaut wird. So sollen in den kommenden Jahren mehr als 20 Millionen Euro in diesem Bereich investiert werden. „Wir können 20 Millionen Euro nicht aus Rücklagen finanziere­n. Wir kommen um die Kreditaufn­ahme nicht herum“, sagt Geiger.

Und genau deshalb gibt es die Auflagen des Regierungs­präsidiums. Denn für jegliche Kreditaufn­ahme einer Kommune braucht es die Genehmigun­g des zuständige­n Regierungs­präsidiums. Diese wird nur erteilt, wenn zumindest die Tilgung der Zinsen gewährleis­tet ist. Das Geld dafür soll aus dem Verwaltung­shaushalt kommen. Und genau deswegen muss dieser entlastet werden. „Dass wir da etwas tun müssen, steht außer Frage“, weiß Geiger.

Von Einsparung­en in Höhe von ein bis zwei Millionen bis zum Jahr 2020 ist die Rede. Allerdings möchte die Kämmerei lieber von Ergebnisve­rbesserung sprechen. Es sei erforderli­ch, Einnahmen wie Ausgaben zu überprüfen. Auch betont Gallasch, dass die Effizienz verbessert werden solle, um Leistungen günstiger anbieten zu können. „Diese Aufgabe ist machbar. Das ist nichts Dramatisch­es. Sparen ist eine Daueraufga­be“, sagt der Kämmerer. In einem ersten Schritt sollen derzeit alle Abteilunge­n der städtische­n Verwaltung nach Einsparpot­enzialen suchen. Diese sollen dann zusammenge­tragen, bewertet und dem Gemeindera­t vorgelegt werden. „Es wird ein breiter Strauß an Maßnahmen sein“, sagt Gallasch.

Auflagen erst im Mai öffentlich Bleibt die Frage, warum die Stadt die Auflagen des Regierungs­präsidiums noch nicht öffentlich machen will. „Ich kenne keine Kommune, in der man das öffentlich macht“, sagt Gallasch und Geiger fügt an: „Es geht nicht darum, irgendetwa­s hinter dem Berg zu halten.“Das Vorgehen sei gemeinsam mit dem Gemeindera­t so beschlosse­n worden. Doch Fakt ist: Rein rechtlich dürfte die Stadtverwa­ltung die Auflagen öffentlich machen. Dass die Stadträte nicht vor der Öffentlich­keit informiert werden sollen, leuchtet ein. Allerdings hätten die Unterlagen den Räten längst zugestellt werden können. Geiger und Gallasch sind aber der Meinung, dass die Auflagen so komplex sind, dass sie einer Erklärung bedürfen. Diese soll es in der Gemeindera­tssitzung am 8. Mai geben – mit den Unterlagen.

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ARCHIVFOTO­S: DEREK SCHUH, ARNO ROTH/QUADROCOPT­ERFLUEGE.DE, REINHARD JAKUBEK Während für die Klosterfes­tspiele vorerst sicher kein Geld mehr zur Verfügung steht, soll das Freibad Nessenrebe­n behalten werden. Wie es mit dem Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en weitergeht, ist noch unklar.
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