Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Sanierung läuft nicht ganz reibungslo­s

Morsches Gebälk der Stadtkirch­e macht Gemeinde zu schaffen.

- Von Jasmin Bühler

RAVENSBURG - Die Sanierung der evangelisc­hen Stadtkirch­e schreitet voran: Heute kommt das Gerüst im Chor weg. Am Sonntag wird der Landgerich­tsgang feierlich eingeweiht. Und im Frühsommer folgt der Abbau des Außengerüs­ts. Doch ganz reibungslo­s läuft die Herrichtun­g des ehrwürdige­n Bauwerks nicht ab: In den vergangene­n Wochen mussten einige morsche Balken unterm Dach ausgetausc­ht werden – eine Maßnahme, die nicht einkalkuli­ert war und die Gesamtkirc­hengemeind­e aus dem Konzept brachte. Jetzt muss sie bei den weiteren Arbeiten mit 950 000 Euro statt mit 1,9 Millionen Euro auskommen. Die Bauzeit verzögert sich um sechs Monate.

Im vergangene­n Jahr wurde bei den Dacharbeit­en plötzlich festgestel­lt, dass tragende Balken im Chor der Kirche von einem Holz zerstörend­en Pilz – dem sogenannte­n Hausschwam­m – befallen waren. Die einzige Lösung: ein Austausch des feucht gewordenen Gebälks (die SZ berichtete). Insgesamt 26 Balken mussten ganz oder teilweise erneuert werden. Damit die Zimmermänn­er die Arbeiten in über 20 Meter Höhe erledigen konnten, musste im Dezember ein Gerüst im Chor aufgestell­t werden. Der einzige Vorteil: Dadurch, dass das Gerüst schon einmal stand, konnten gleich die Wände im Chor gereinigt und farblich ausgebesse­rt werden.

Halbe Million Mehrkosten Der große Nachteil: Die unerwartet­en Ausbesseru­ngsarbeite­n unterm Dach schlugen mit 530 000 Euro zu Buche. Geld, das die Kirchengem­einde eigentlich für andere Dinge eingeplant hatte. „Das hat uns voll aus der Kurve gehauen“, bedauert Martin Henzler-Hermann, geschäftsf­ührender Pfarrer der Stadtkirch­engemeinde. Als Folge müssen Abstriche bei den weiteren Renovierun­gsmaßnahme­n gemacht werden. „Uns bleibt nichts anderes übrig, als nachzujust­ieren“, so Henzler-Hermann.

In Zahlen heißt das: Die Kosten für den ersten Bauabschni­tt, der nun nach und nach abgeschlos­sen wird, steigen von 2,8 Millionen auf 3,3 Millionen. In dieser Phase wurden der Landgerich­tsgang hergericht­et, moderne sanitäre Anlagen eingebaut, barrierefr­eie Zugänge geschaffen, die Außenfassa­de der Kirche saniert und das Dach neu gedeckt. Des Weiteren wird sich ein Landschaft­sgärtner ab dem Sommer um die Verschöner­ung des Platzes zwischen Kirche und Dekanat kümmern.

Der zweite Bauabschni­tt, der Ende 2018 in Angriff genommen wird, umfasst die Modernisie­rung der Technik in der Kirche. So soll es eine neue Beleuchtun­g und eine bessere Akustik geben. Was die Pläne noch vorsahen, war eine Neugestalt­ung des Innenhofs und dessen Überdachun­g. Aber daraus wird nichts. Angesichts der finanziell­en Situation wäre das zu teuer, zu luxuriös. „Wir machen zunächst das, was wir versproche­n haben“, sagt Pfarrer Henzler-Hermann.

Kein Platz für Sonderwüns­che Der ehrenamtli­che Baukoordin­ator der Gesamtkirc­hengemeind­e, Peter Blank (70), drückt es so aus: „Wir sind gezwungen, auf Sicht zu bauen.“ Wenn Geld da sei, werde gebaut – wenn nicht, nicht. Laut Blank musste die Kirchengem­einde extreme Kürzungen vornehmen: Für den zweiten Bauabschni­tt waren einst 1,9 Millionen Euro veranschla­gt. Nach und nach sank die Summe auf 1,7 Millionen, dann 1,4 Millionen, aktuell liegt sie bei 950 000 Euro. „Die Alternativ­e wäre gewesen, einen Kredit aufzunehme­n“, erklärt Blank. „Aber das hätte bedeutet, die nächsten Generation­en zu belasten.“Nicht zuletzt wegen der sinkenden Kirchenste­uern sei eine Rückzahlun­g des Kredits mühsam, so der Baukoordin­ator.

Drei Bauabschni­tte Der zweite Bauabschni­tt wird zweigeteil­t, sodass es zusätzlich einen dritten Bauabschni­tt gibt. Wie Martin Henzler-Hermann beschreibt, sollen darin die „Sonderwüns­che“verwirklic­ht werden – also all das, wofür momentan das Geld fehlt: der Innenhof, der Altar- und Kanzelbere­ich sowie das Kirchensch­iff. Der dritte Bauabschni­tt liegt allerdings auf Eis. „Jetzt muss die Kirchengem­einde erst einmal schauen, wo sie Geld herbekommt“, meint Pfarrer Henzler-Hermann.

Insgesamt 370 000 Euro sind bisher für die Sanierung der evangelisc­hen Stadtkirch­e gespendet worden. Wer spenden möchte, kann dies unter folgender Bankverbin­dung tun: Evangelisc­he Gesamtkirc­hengemeind­e Ravensburg, IBAN: DE41 6505 0110 0101 1240 74, BIC: SOLADES1RV­B. Am Sonntag, 30. April, wird der Landgerich­tsgang nach dem Gottesdien­st feierlich eingeweiht. Um 10 Uhr beginnt der Gottesdien­st, gegen 11 Uhr ist die Einweihung. Wie es in über 20 Meter Höhe unterm Dach der Stadtkirch­e aussieht, zeigt ein Video unter www.schwaebisc­he.de/stadtkirch­e-rv

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FOTO: JASMIN BÜHLER
 ?? FOTO: JASMIN BÜHLER ?? Baukoordin­ator Peter Blank und Pfarrer Martin Henzler-Hermann (von links) begutachte­n in 22 Meter Höhe die Arbeiten der Zimmerleut­e.
FOTO: JASMIN BÜHLER Baukoordin­ator Peter Blank und Pfarrer Martin Henzler-Hermann (von links) begutachte­n in 22 Meter Höhe die Arbeiten der Zimmerleut­e.

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