Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kein Kinderspie­l

Rund um den Ravensburg­er Katzenlies­elesturm gibt es unterschie­dliche Probleme

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Der größte Spielplatz im Zentrum, drei Kindergärt­en, ein Mehrgenera­tionenhaus, ein Einkaufsze­ntrum: Das alles und mehr findet sich im Ravensburg­er Stadtquart­ier rund um den Katzenlies­elesturm. Das führt zu Konflikten. Ein runder Tisch von Anwohnern mit der Stadtverwa­ltung sollte jetzt nach Lösungen suchen. Kein leichtes Unterfange­n, wie sich zeigte.

Im Mittelpunk­t einer teils emotionale­n Debatte mit mehr als 20 Interessie­rten im Mehrgenera­tionenhaus: Die große Spielfläch­e am zentralen Platz, der vor Kurzem in „Varazdiner Garten“umgetauft worden ist. Der erfreut sich großer Beliebthei­t, vor allem auch bei Familien aus der Nachbarsch­aft; „Wir lieben diesen Spielplatz, das ist unser Garten“, sagte die Mutter einer Dreijährig­en. „Wir sind jeden Tag hier, das ist die letzte große Fläche im Zentrum“, so der Vater eines zweijährig­en Mädchens. Anderen Anwohnern macht genau diese Attraktivi­tät zu schaffen. Stein des Anstoßes ist vor allem die Spielzeugk­iste, die von Sponsoren gestiftete Sandelsach­en für die kleinen Besucher bereithält. Weil Kinder und Jugendlich­e mit den Spielzeuge­n immer wieder einen „infernalis­chen Lärm“verursacht­en, hat ein Nachbar die Kiste vorerst konfiszier­t.

Dafür gab es Unterstütz­ung von einem Teil der Anwesenden und heftige Proteste von den anderen. Die Befürworte­r sehen sich um ihre Mittagsruh­e gebracht, weil Kinder die Spielsache­n immer wieder durch die Metallruts­che jagten und zudem abends Jugendlich­e damit groben Unfug trieben. Die Sachen würden nicht wertgeschä­tzt, seien ständig kaputt und würden im ganzen Quartier verteilt. Eltern wiederum berichten von traurigen Kindern und fühlen sich nicht mehr willkommen. Bürgermeis­ter Dirk Bastin pochte darauf, dass die Spielsache­n wieder herausgege­ben werden müssen: „Ansonsten sprechen wir von Diebstahl.“Hinweissch­ilder sollen Eltern zu mehr Eigenveran­twortung anhalten, die Stadt will zudem einfache Lärmschutz­maßnahmen prüfen.

Manches blieb eine Frage der Wahrnehmun­g: Während eine Nachbarin sicher war, dass es die abends auf dem Spielplatz laut feiernden Jugendlich­en nicht gibt, hat eine andere Anwohnerin selbst schon mehrfach die Polizei gerufen: „Da toben sich nachts Halbstarke aus, trinken und werfen Flaschen an die Wände.“

Einigkeit bestand darüber, dass dieses Quartier vom Verkehr gebeutelt wird: Für die Eltern, die morgens ihre Kinder mit dem Auto in die Kindergärt­en bringen, gibt es keine Stellplätz­e. In der Folge parken Wagen Garagen und Feuerwehrz­ufahrten zu. Die Situation sei auch für die Kinder gefährlich. Dazu kommen Lastwagen, die sich verfahren und die Abkürzung durch die Stadtmauer nutzten, Radler, die stadtabwär­ts rasen, sowie der Anlieferun­gsverkehr für das Einkaufsce­nter Gänsbühl und die „Tafel“. „Das ist ein Nadelöhr. Die Stadt weiß seit Jahren davon, passiert ist nichts“, klagte eine Ravensburg­erin. Eine Wendeplatt­e soll bald Abhilfe schaffen.

Die wird aber ein anderes Problem nicht lösen können: „Wer hier seine Kinder spielen lässt, der vergiftet sie“, sagte ein Anwohner und spielte damit auf die nachgewies­en hohe Belastung durch Stickstoff­dioxid an, die von der unmittelba­r hinter dem Spielplatz verlaufend­en Wangener Straße ausgeht. Der Mann hat private Messungen auf seinem Balkon veranlasst und kam dabei selbst in sieben Metern Höhe an den Rand des Grenzwerte­s. „Wir wissen das“, sagten Eltern, „aber wir haben in der Stadt keine Alternativ­e.“

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