Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kein Kinderspiel
Rund um den Ravensburger Katzenlieselesturm gibt es unterschiedliche Probleme
RAVENSBURG - Der größte Spielplatz im Zentrum, drei Kindergärten, ein Mehrgenerationenhaus, ein Einkaufszentrum: Das alles und mehr findet sich im Ravensburger Stadtquartier rund um den Katzenlieselesturm. Das führt zu Konflikten. Ein runder Tisch von Anwohnern mit der Stadtverwaltung sollte jetzt nach Lösungen suchen. Kein leichtes Unterfangen, wie sich zeigte.
Im Mittelpunkt einer teils emotionalen Debatte mit mehr als 20 Interessierten im Mehrgenerationenhaus: Die große Spielfläche am zentralen Platz, der vor Kurzem in „Varazdiner Garten“umgetauft worden ist. Der erfreut sich großer Beliebtheit, vor allem auch bei Familien aus der Nachbarschaft; „Wir lieben diesen Spielplatz, das ist unser Garten“, sagte die Mutter einer Dreijährigen. „Wir sind jeden Tag hier, das ist die letzte große Fläche im Zentrum“, so der Vater eines zweijährigen Mädchens. Anderen Anwohnern macht genau diese Attraktivität zu schaffen. Stein des Anstoßes ist vor allem die Spielzeugkiste, die von Sponsoren gestiftete Sandelsachen für die kleinen Besucher bereithält. Weil Kinder und Jugendliche mit den Spielzeugen immer wieder einen „infernalischen Lärm“verursachten, hat ein Nachbar die Kiste vorerst konfisziert.
Dafür gab es Unterstützung von einem Teil der Anwesenden und heftige Proteste von den anderen. Die Befürworter sehen sich um ihre Mittagsruhe gebracht, weil Kinder die Spielsachen immer wieder durch die Metallrutsche jagten und zudem abends Jugendliche damit groben Unfug trieben. Die Sachen würden nicht wertgeschätzt, seien ständig kaputt und würden im ganzen Quartier verteilt. Eltern wiederum berichten von traurigen Kindern und fühlen sich nicht mehr willkommen. Bürgermeister Dirk Bastin pochte darauf, dass die Spielsachen wieder herausgegeben werden müssen: „Ansonsten sprechen wir von Diebstahl.“Hinweisschilder sollen Eltern zu mehr Eigenverantwortung anhalten, die Stadt will zudem einfache Lärmschutzmaßnahmen prüfen.
Manches blieb eine Frage der Wahrnehmung: Während eine Nachbarin sicher war, dass es die abends auf dem Spielplatz laut feiernden Jugendlichen nicht gibt, hat eine andere Anwohnerin selbst schon mehrfach die Polizei gerufen: „Da toben sich nachts Halbstarke aus, trinken und werfen Flaschen an die Wände.“
Einigkeit bestand darüber, dass dieses Quartier vom Verkehr gebeutelt wird: Für die Eltern, die morgens ihre Kinder mit dem Auto in die Kindergärten bringen, gibt es keine Stellplätze. In der Folge parken Wagen Garagen und Feuerwehrzufahrten zu. Die Situation sei auch für die Kinder gefährlich. Dazu kommen Lastwagen, die sich verfahren und die Abkürzung durch die Stadtmauer nutzten, Radler, die stadtabwärts rasen, sowie der Anlieferungsverkehr für das Einkaufscenter Gänsbühl und die „Tafel“. „Das ist ein Nadelöhr. Die Stadt weiß seit Jahren davon, passiert ist nichts“, klagte eine Ravensburgerin. Eine Wendeplatte soll bald Abhilfe schaffen.
Die wird aber ein anderes Problem nicht lösen können: „Wer hier seine Kinder spielen lässt, der vergiftet sie“, sagte ein Anwohner und spielte damit auf die nachgewiesen hohe Belastung durch Stickstoffdioxid an, die von der unmittelbar hinter dem Spielplatz verlaufenden Wangener Straße ausgeht. Der Mann hat private Messungen auf seinem Balkon veranlasst und kam dabei selbst in sieben Metern Höhe an den Rand des Grenzwertes. „Wir wissen das“, sagten Eltern, „aber wir haben in der Stadt keine Alternative.“