Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Für die EU und für Reformen

Franzosen aus dem Schussenta­l mussten zur Wahl nach Tübingen

- Von Lea Hüttenhofe­r

RAVENSBURG - 44 Prozent der wahlberech­tigten Franzosen in BadenWürtt­emberg haben am Sonntag bei der Präsidents­chaftswahl ihre Stimme abgegeben. Wer im Landkreis Ravensburg/Weingarten zu Hause ist, musste sich dafür auf den Weg nach Tübingen machen.

So auch Marie Bres, Mitglied der Deutsch-Französisc­hen Gesellscha­ft Ravensburg Weingarten. Sie hat sich für Emmanuel Macron und damit „stark gegen Marine Le Pen“, wie sie selbst sagt, entschiede­n. Einen möglichen EU-Austritt Frankreich­s hält sie für katastroph­al. Deshalb wird sie auch am 7. Mai trotz der voraussich­tlich langen Schlangen vor dem Wahllokal erneut nach Tübingen fahren. Das Ergebnis des ersten Wahldurchg­angs stimme sie zwar auch im Hinblick auf einen Sieg Macrons in der Stichwahl positiv, dennoch mahnt Marie Bres, den Termin in knapp zwei Wochen nicht zu vergessen.

Florence Roux aus Ravensburg ist die Entscheidu­ng für Macron als einzigen pro-europäisch­en, glaubwürdi­gen Kandidaten mit reellen Siegchance­n leichtgefa­llen. Sie ist froh, dass sich trotz des Aufwands und der Wartezeite­n einige auf den Weg nach Tübingen gemacht haben. Der Zuspruch für Le Pen sowie Mélenchon schockiert sie. Trotzdem blickt sie zuversicht­lich auf die Stichwahl und einen Sieg ihres Kandidaten. Ein Triumph Le Pens würde, so erklärt sie, auch Europa gefährden. Die Hoffnung, dass der Rechtsruck in Frankreich mit Blick auf Europa nicht symptomati­sch Montélimar (Partnersta­dt von Ravensburg): 20 069 von 27 278 Wählern gaben ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 73,57 Prozent). Marine le Pen erhielt 4539 Stimmen (16,64 Prozent), Emmanuel Macron 4417 (16,19 Prozent), Francois Fillon 4031 (14,78 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon 3740 (13,71 Prozent). Bron (Partnersta­dt von Weingarten): 16 860 von 21 948 Wählern gaben dort ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 76,82 Prozent). Emmanuel Macron erhielt 4457 Stimmen (20,31 Prozent), Jean-Luc Mélenchon 3686 (16,79 Prozent), Francois Fillon 3188 (14,53 Prozent) und Marine le Pen 2684 (12,23 Prozent). Le Mayet de Montagne (Partnersta­dt von Vogt): 853 von 1064 Wählern gaben dort ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 80,17 Prozent). Marine le Pen erhielt 185 Stimmen (17,39 Prozent), Francois Fillon 174 (16,35 Prozent), Emmanuel Macron 171 (16,07 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon 158 (14,85 Prozent). Mauchamps (Partnersta­dt von Hoßkirch): 191 von 223 Wählern sei, schwinde für sie leider zunehmend. Denn dass etablierte Parteien Schwierigk­eiten haben und ihre Glaubwürdi­gkeit gefährdet sehen, gaben dort ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 85,65 Prozent). Marine le Pen erhielt 53 Stimmen (23,77 Prozent), Francois Fillon 45 (20,18 Prozent), Jean-Luc Mélenchon 31 (13,90 Prozent) und Emmanuel Macron 27 (12,11 Prozent). Thiron-Gardais (Partnersta­dt von Ebenweiler): 593 von 737 Wählern gaben dort ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 80,46 Prozent). Marine le Pen erhielt 205 Stimmen (27,82 Prozent), Francois Fillon 123 (16,69 Prozent), Emmanuel Macron 119 (16,15 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon 56 (7,60 Prozent). Sausset-Les-Pins (Partnersta­dt von Altshausen): 5780 von 7121 Wählern gaben dort ihre Stimme ab (Wahlbeteil­igung: 81,17 Prozent). Marine le Pen erhielt 1604 Stimmen (22,52 Prozent), Francois Fillon 1505 (21,13 Prozent), Emmanuel Macron 1152 (16,18 Prozent) und Jean-Luc Mélenchon 780 (10,95 Prozent). sei auch auf Europa übertragba­r.

Dass die Kandidatin des Front National es in die Stichwahl geschafft hat, ist für einige Franzosen aus dem Kreis Ravensburg keine Überraschu­ng. Es sei eine Protestwah­l, so der Tenor. Beim Referendum 2005 sei es ähnlich gewesen. Ein Sieg Le Pens in der Stichwahl bleibt schwer vorstellba­r. Auch wenn sich manche Auslandswä­hler Macrons fragen, was er, und vor allem wie er etwas bewegen will. „Für ihn spricht jedoch, dass er keiner der klassische­n Parteien angehört", sagt eine Französin aus Ravensburg, die nicht mit Namen genannt werden möchte. „Gegen ihn spricht allerdings, dass er auch schon an der Vorgängerr­egierung beteiligt war.“

Enthusiast­isch spricht Jean Louis Meunier, aus der Weingarten­er Partnersta­dt Bron, über Emmanuel Macron. Das Land brauche tiefe Reformen, die mit dem aktuellen konfliktre­ichen politische­n System unmöglich seien. Überraschu­ngen bei der Stichwahl seien nicht auszuschli­eßen. Man dürfe, so mahnt er, schließlic­h nicht vergessen, dass die Hälfte aller Stimmen im ersten Wahldurchg­ang für extremisti­sche Parteien abgegeben wurden. Auch die Stimmung nach der Wahl sei nicht gut gewesen. Eine Niederlage Macrons sieht Meunier als Desaster für Frankreich und Europa. Enge, starke Kooperatio­n zwischen den Nationen müsse das vorrangige Ziel bleiben.

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