Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Amtsgericht ahndet sexuellen Übergriff
Krankenpfleger vergeht sich an einer geistig behinderten Frau – Zwölf Monate auf Bewährung
FRIEDRICHSHAFEN - Das Amtsgericht Tettnang hat am Dienstag einen Krankenpfleger zu einer Haftstrafe von zwölf Monaten auf Bewährung verurteilt. Richterin Kathrin Lauchstädt sah es als erwiesen an, dass sich der 55-jährige Angeklagte an einer Autistin vergangen hatte.
Was geschah an jenem Abend des 20. Juli 2016 in einem Heim für behinderte Menschen im Bodenseekreis? Eine durchaus übliche Pflegehandlung, wie der Angeklagte behauptete? Oder ein sexueller Übergriff eines Krankenpflegers an einer wehrlosen Frau, den ein Kollege des Krankenpflegers beobachtet haben will? Nach zwei Verhandlungstagen stand für Richterin Kathrin Lauchstädt fest: In diesem Fall liegt ein versuchter sexueller Missbrauch vor, der mit einer Gefängnisstrafe von einem Jahr auf Bewährung zu ahnden ist. Ihr Urteil fußt auf den Schilderungen des Kollegen, den sie für absolut glaubwürdig hält und der ihrer Meinung nach auch keinen Grund habe, den Angeklagten falsch zu belasten.
Der Heilerzieher hatte noch am Abend des 20. Juli seinen Vorgesetzten geschildert, was er kurz zuvor im Badezimmer der 36-jährigen Autistin gesehen haben will. Als er nach ihr sehen wollte, habe er die Schiebetüre geöffnet. Die Frau habe sich mit heruntergelassener Hose über die Toilette gebeugt, während hinter ihr sein Kollege in eindeutiger Position stand. Die Situation habe sich anschließend aufgelöst, ohne dass viele Worte verloren worden seien.
Nicht nur im Gespräch bei seinen Chefs, sondern auch bei der polizeilichen Vernehmung und vor Gericht blieb der Hauptzeuge bei seiner Version. Der angeklagte Krankenpfleger hatte dagegen die Beschuldigungen zurückgewiesen und angedeutet, dass der Kollege ihn mit einer Falschaussage belasten wollte.