Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Unmut über neue Halle in Weißenau
Bürger für Ravensburg regen sich über „Verschandelung“des Klosters auf.
RAVENSBURG - Eine neue Gewerbehalle der Firma Grieshaber in Weißenau sorgt für Unmut. Die Fraktion der „Bürger für Ravensburg“(BfR) spricht von einem „ungeheuerlichen Vorgang“seitens der Stadtverwaltung, da weder Ortschaftsrat noch Gemeinderat dazu gehört worden seien. Durch den Neubau der Halle werde die Sicht auf das Kulturdenkmal der Klosteranlage Weißenau empfindlich gestört, schreiben der BfRFraktionsvorsitzende Wilfried Krauss und Ulrich Höflacher in einem Protestbrief an die Stadtverwaltung. Baubürgermeister Dirk Bastin weist die Vorwürfe zurück. Das Unternehmen setze nur geltendes Baurecht um.
Schlag für Entwicklung „Nach dem Neubau einer weiteren Gewerbehalle im unmittelbaren Bereich der Klosteranlage Weißenau ist einer geordneten Entwicklung des Quartiers ein weiterer Schlag versetzt worden“, empören sich Krauss und Höflacher. Letzterer war vor einem knappen Jahr aus Frustration über die angrenzende Wohnbebauung von der CDU-Fraktion zu den „Bürgern für Ravensburg“übergelaufen. Das Kulturdenkmal der Klosteranlage liegt dem Gymnasiallehrer seit Jahren besonders am Herzen.
Angeblich seien weder Ortschaftsrat noch Gemeinderat zum Bau der Halle gehört worden – ein „ungeheuerlicher Vorgang“, so Krauss und Höflacher. „Man beruft sich auf einen Bebauungsplan aus dem Jahr 1990, der ja durch die Aufgabe der Firma Ulmia und neue Entwicklungen völlig überholt ist. Das zeigt, wie unsensibel das Bauamt mit dieser besonderen baulichen Struktur umgeht.“
Diesen Vorwurf will Baubürgermeister Bastin nicht auf sich sitzen lassen. „Die Bürger für Ravensburg und insbesondere Herr Dr. Höflacher wollen das Baudezernat für alle Versäumnisse, die es jemals gegeben hat, verantwortlich machen“, zürnt er auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Zugegeben: Auch Bastin findet den Neubau nicht gerade schön. „Dass Herr Grieshaber damit keinen Architekturpreis gewinnt, ist unstrittig.“Die Fehler seien aber bereits in der Vergangenheit begangen worden, genau genommen nach der Säkularisation im Jahr 1803, als die früheren kirchlichen Liegenschaften in den Besitz des Landes übergingen und „unmittelbar neben dem wunderbaren Barockbau“Industrie angesiedelt wurde. „Damals gab es noch keinen Denkmalschutz.“
Der Logistikunternehmer Grieshaber habe das frühere BleichereiGelände der Firma „Ulmia“nach deren Insolvenz 2006 inklusive aller bestehenden Baurechte gekauft. Dass nun der Eigentümer diese Rechte ausschöpfe, sei nicht dem Baudezernat anzulasten. „Zumal wir aktuell politisch den Auftrag haben, bestehende Gewerbegebiete besser zu nutzen, um neue Gewerbegebiete und damit verbundene Versiegelungen möglichst zu vermeiden.“In diesem Fall gehe es aber nicht einmal darum, das Baurecht auf bestehenden Gewerbeflächen zu erweitern, sondern ausschließlich darum, dass der Bauherr sein bestehendes Recht nutzt.
Bastin räumt wohl ein, dass die Stadt Ravensburg 2006 einen großen Wurf hätte landen können, „indem sie das gesamte Gelände erwirbt und entsprechend der Bedeutung des Barockensembles umnutzt“. Diese Entscheidung sei damals sowohl vom Ortschaftsrat Eschach als auch vom Ravensburger Gemeinderat nicht getroffen worden, bedauert der Baubürgermeister, der selbst erst 2007 zur Stadtverwaltung kam. Die Stadt habe vor elf Jahren nur die kleineren Teile rund um das Arkadengebäude, das Kornhaus und die Bleicherei gekauft.
Dass der Neubau noch nie in einem politischen Gremium vorgestellt wurde, wie die BfR-Fraktion behauptet,
stimmt laut Bastin nicht. „Das war Thema in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Eschacher Ortschaftsrates.“Der Antrag von Krauss und Höflacher, dort „Perspektiven aufzuzeigen, wie die neue Gewerbehalle in das sensible Umfeld eingebunden werden kann, um durch eine intensive Begrünung den hässlichen Zweckbau durch Bepflanzung abzumildern“, sei im Grunde überflüssig. „Dort wird eine Allee mit hohen Bäumen bepflanzt, größtenteils von der Firma Grieshaber bezahlt, das haben wir dort ausgehandelt.“
Und was sagt der Bauherr dazu? Geschäftsführer Heinrich Grieshaber findet die Kritik überzogen: „Wir können dort sicher keine Halle mit dorischen Säulen und Marmor bauen. Wenn die Bürger für Ravensburg gerne eine schönere Fassade hätten, sollen sie sich an den Kosten beteiligen.“