Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Gräfin von Paris wächst beim Rahlenwald
Nachpflanzungen und Pflegeplan für Streuobstwiesen südlich der Ravensburger Weststadt
RAVENSBURG - Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Erholungsraum für Ausflügler, Erfahrungsraum für Kinder: Die drei städtischen Streuobstwiesen rund um den Rahlenwald südlich der Ravensburger Weststadt haben vielfältige Funktionen. Seit Dezember füllen 60 junge Bäume die Lücken zwischen den mächtigen alten Hochstamm-Obstbäumen. Die Beteiligten der Pflanzaktion haben sich zu einem Blütenspaziergang getroffen.
Bühler Frühzwetschge und Große Grüne Reneklode, Ravensburger und Schussentäler Apfel, die Birnensorten Gräfin von Paris und Stuttgarter Geißhirtle, die Walnuss Jupiter und viele weitere Obstsorten sind jetzt auf der Streuobstwiese „Zwetschgengarten“vertreten. Die Fläche mit neun Alt- und 35 Jungbäumen liegt neben dem Buddhistischen Zentrum Vogelhäusle und dem Waldkindergarten Rahlenwald der JohanniterUnfall-Hilfe. Auf der Streuobstwiese „Birnengarten“beim Ergathof sind zu 60 alten Mostbirnbäumen zehn junge Bäume dazugekommen. Und im „Quittengarten“am Geh- und Radweg vom Wernerhof in die Weststadt bei der Sunthaimstraße ergänzen 15 junge Bäume die Fläche mit 27 Altbäumen.
Die Streuobstflächen sind wichtige Trittsteine zur Vernetzung der Biotope in der Kulturlandschaft, sagt Baubürgermeister Dirk Bastin. Willy Mayer, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) Ravensburg, sieht die Streuobstwiesen als „Tore“zwischen der Siedlung und dem freien Feld. Nabu-Mitglieder haben zusammen mit Helfern vom Buddhistischen Zentrum und vom Waldkindergarten die Bäume gepflanzt. Apfel-Baumschuler Walter Emser-Wolpold aus Tettnang-Apflau hat die passenden Sorten ausgewählt.
Zweimal im Jahr mähen Nabu-Mitglieder und Bio-Landwirt Christof Schaaf werden die Bäume nun pflegen. Wenn es um Streuobstwiesen als Lebensräume für Tiere und Pflanzen geht, dürfe man aber nicht nur die Bäume ansehen, sagt der Landwirt. Auch die Wiesen darunter könnten großen Artenreichtum aufweisen – sofern sie richtig gepflegt werden. Das heißt: Nicht mulchen, sondern zweimal im Jahr mähen und das Schnittgut abfahren. Darum wird Schaaf sich kümmern.
Wenn sich mit dieser Pflege die Zusammensetzung der Pflanzenarten auf der Wiese ändert, nimmt auch die Zahl der Insekten zu, erklärt Nabu-Chef Mayer. Und die Insekten wiederum sind Nahrung für Vögel. Schon jetzt leben in den Streuobstflächen Kohlmeise, Rotkehlchen, Hausrotschwanz und Grünspecht, berichtet Steffi Rosentreter von der Abteilung Grünflächen und Ökologie des Tiefbauamts. Außerdem sind die seltenen Fransenfledermäuse auf den Flächen zu finden.
Für Nabu-Chef Mayer sind die Streuobstwiesen auch ein Ort kultureller Erfahrung: Sie erinnern ihn daran, wie er als Kind mit seinen Eltern Äpfel aufgelesen hat. Solche Erfahrungen können jetzt die Kinder vom Waldkindergarten machen. „Die Obstwiesen sind eine wunderbare Bereicherung für uns“, sagt Erzieherin Bernadette Metzger. „Was die Kinder als Baumpaten erleben, begleitet sie bis ins Erwachsenenalter.“Nicht nur die Kinder freuen sich schon auf die Ernte: Jeder Naturliebhaber darf auf den städtischen Streuobstwiesen „Zwetschgengarten“und „Quittengarten“in Kleinmengen Obst auflesen. Die Mostbirnen aus dem „Birnengarten“holt ein Landwirt.
Am Samstag, 13. Mai, laden Nabu und Waldkinder ab 13 Uhr zum Blütenfest in den „Zwetschgengarten“beim Vogelhäusle ein.