Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Moore als großer Schwerpunkt
Staatssekretär Baumann über Besonderheiten des Allgäus
LEUTKIRCH - Zwischen Beuren am Rande der Schwäbischen Alb und Isny, seiner Station am Abend, liegt für André Baumann ein Zwischenstopp in Leutkirch nahe. Der Staatssekretär im baden-württembergischen Umweltministerium weist sich am Freitag im Redaktionsgespräch aus als ein Mann, dem die oberschwäbische Moorlandschaft besonders am Herzen liegt.
Baumann steht erst seit einem Jahr in Regierungsverantwortung. Jetzt regiert Grün-Schwarz. Und als Folge der damit verbundenen neuen Ressortzuständigkeiten wanderte der Naturschutz vom Ministerium für den ländlichen Raum, das jetzt von Peter Hauk (CDU) geführt wird, in das Umweltministerium Franz Unterstellers (Grüne). Da lag es nahe, den langjährigen Geschäftsführer des Naturschutzbundes (Nabu) als Experten in die Riege der Umweltund Energieexperten zu berufen. Dabei stellt Baumann schnell klar, dass auch sein Chef als studierter Landschaftsplaner ein „brillanter Naturschützer“sei. „Jeder von uns hat seine Schwerpunkte und seine Biografie“, sagt Baumann.
Zu seinen Zeiten als Nabu-Chef hat sich André Baumann stark eingesetzt für den Schutz der oberschwäbischen Moorlandschaften. Schnell fallen Stichworte wie das Bad Wurzacher Ried oder das Bodenmöser nahe Isny, dessen Wiedervernässung sogar mit Geldern des Daimlerkonzerns vorangetrieben wird. „Wir haben hier in der Region mit die wertvollsten Moorlandschaften von internationaler Bedeutung“, stellt Baumann klar und spricht von einem „Hotspot“der Moorgegenwart. Er schwärmt von den großartigen Landschaften, die im Laufe von Jahrtausenden entstanden seien. Er beklagt aber auch die Schäden, die im Zuge der Bewirtschaftung der Moore entstanden sind. Hier wirtschaftliche Interessen und Wünsche der Landwirte, da die Anliegen der Naturund Artenschützer, obwohl auch deren Interessen nicht immer völlig übereinstimmen. Baumann hat den Disput spätestens dann erlebt, als er in das Regierungsamt wechselte. Initiativen, die er noch über den Nabu gestartet hatte, landeten auf seinem Schreibtisch als Vertreter der Administration. Er kann mit der einen wie der anderen Seite leben und weiß um die Befindlichkeiten der unterschiedlichen Interessengebiete.
Bei den Mooren aber will er hart bleiben, will dafür kämpfen, dass die Schutzmaßnahmen des Landes vorangetrieben werden. Und das in enger Abstimmung mit dem Nachbarn Bayern. Erst vor Kurzem trafen sich die Moorexperten beider Länder in Biberach zu einer Fachtagung. Dabei geht es vorrangig um das Ziel, die CO2-Emissionen zu verringern – Moore gelten als großer Speicher des klimaschädlichen Gases. Doch Moor und Moor sind nicht identisch. Eher Niedermoor im Bodenmöser bei Isny, ganz klar Hochmoor bei Bad Wurzach, und dazu die diversen Zwischenstufen.
Wertvolle Kulturlandschaften Aber nicht nur Klimaschutz spielt eine Rolle dabei, dass einer wie Baumann den Mooren so hohen Stellenwert einräumt. Er verweist darauf, dass Isny unter anderem mit den Kulturlandschaften wirbt, um Touristen anzulocken. Er erwähnt den Eistobel, er erwähnt die schönen Wiesen, die in Prospekten angepriesen werden, und eben auch die Moore, die Touristen begeistern sollen und können.
Bevor Baumann aufbricht zum nächsten Termin, nennt er noch ein Problem, das langfristig so bedrohlich sei wie das seit Jahren thematisierte Waldsterben. Er sorgt sich um den dramatischen Rückgang der Insekten, vor allem hervorgerufen durch den Einsatz von Pestiziden und deren Langzeitwirkungen. Doch auch in diesem Feld bilden Moore ein Reservat für bedrohte Arten.