Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
B 465 durchs Wurzacher Ried auf dem Prüfstand
Regierungspräsidium hat Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben
BAD WURZACH (sl) - Die Bundesstraße durchs Wurzacher Ried ist im Visier des Landesverkehrsministeriums. Auf der Liste priorisierter Wiedervernetzungsabschnitte liegt die B 465 auf Platz 5. Was getan werden kann, soll eine Studie klären. Im Extremfall könnte es zu einem Rückbau der Straße kommen.
Hinter dem Schlagwort der Wiedervernetzung steht die Tatsache, dass Straßen für Tiere schwer bis gar nicht überwindbare Hindernisse sind. Sie durchschneiden Lebensräume und Reviere und können im schlimmsten Fall das Aussterben ganzer Populationen nach sich ziehen. Im Fall des Wurzacher Rieds teilt die B 465 zusätzlich das mit dem Europadiplom ausgezeichnete größte intakte Hochmoor Mitteleuropas.
„Für die Tierwelt kann die Straße eine unüberwindliche Barriere sein“, bestätigt Horst Weisser, Leiter des Naturschutzzentrums Wurzacher Ried, und nennt Käfer und Schlangen als Beispiel. Sogar für Vögel könne die Straße zur tödlichen Falle werden, weil sie durch den Höhenunterschied zwischen Baumwipfel und Straße in den Sinkflug gehen und dann im schlimmsten Fall gegen Lkw fliegen. Und im speziellen Fall des Rieds sei die B 465 auch eine Wassersperre.
Dem will die grün-schwarze Landesregierung mit ihrem Wiedervernetzungskonzept entgegenwirken. 125 sogenannte Konfliktstellen wurden landesweit festgestellt und in einer Prioritätenliste geordnet. Vor dem Wurzacher Ried liegen nur die A 5 durch die Markgräfler Rheinebene, die B 317 am Feldberg, die B 500 zwischen Triberg und Schönwald und die A 7 bei Herbrechtingen.
Derzeit wird eine Machbarkeitsstudie erarbeitet. „Mit ihr soll erfasst werden, was es im Bereich Flora und Fauna an diesen Abschnitten gibt, wie deren Wertigkeit einzustufen ist, wie Barrieren abgebaut, aufgehoben oder zumindest gemildert werden können“, erläutert Steffen Fink, Pressesprecher des Regierungspräsidiums Tübingen auf SZ-Anfrage. Dass man sich mit diesen Fragen beschäftigt, sei aus Sicht des Naturschutzes begrüßenswert, sagt Weisser.
Schauen, was machbar ist In Betracht kommen laut Fink zum Beispiel das Schaffen von Durchlässen, also Tunnel unter der Straße, eine Aufständerung der Straße – die B 465 also wie einen Steg durch das Ried zu führen –, aber auch ein kompletter Rückbau als extremste Variante (was freilich ebenfalls ein erheblicher Eingriff in die Natur wäre).
Bis Anfang 2018 sollen die Ergebnisse und Empfehlungen der Machbarkeitsstudie vorliegen. Dann wird es darum gehen, was gewollt und was finanzierbar ist. Ein Budget für Maßnahmen gebe es noch nicht, so Fink.
Einen Rückbau lehnt die Stadtverwaltung Bad Wurzach ab. Die B 465 ist die direkte Verbindung zwischen der Stadt und ihrer Ortschaft Unterschwarzach und weiter in den Landkreis Biberach. Eine Verlegung ums Ried herum würde diese wichtige direkte Verbindung trennen. Bürgermeister Roland Bürkle äußerte sich jüngst in einem Ratsausschuss indes zuversichtlich. „Jede mögliche Maßnahme kostet richtig viel Geld“, zweifelte er an, dass das Land die finanziellen Mittel dafür bereitstellen könnte. Er verfalle daher „nicht in Panik“.