Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Hauch von Watergate
Donald Trump hat den Mann gefeuert, der die Ermittlungen gegen sein Wahlkampfteam führte. Einen Unbequemen, der nicht nach seiner Pfeife tanzte. Er handelte so resolut, als wollte er für eine neue Folge seiner Reality-TVSerie „The Apprentice“üben. Das ist die Quintessenz eines Überraschungscoups, den die Riege des Präsidenten auf bizarre Weise anders begründet. Zieht man den Vorhang verbaler Vernebelung beiseite, lässt sich kaum ein anderes Motiv erkennen: Der Präsident wollte einen FBI-Chef ausschalten, in dem er über kurz oder lang einen Störfaktor sah.
Seit März versuchte James Comey herauszufinden, was dran ist an den Vorwürfen, nach denen sich gut vernetzte Berater des Immobilienmagnaten ihrer Kontakte nach Moskau bedienten, um der Rivalin Hillary Clinton zu schaden. Wie weit seine Detektive gekommen sind beim Aufdröseln der vermeintlichen Russland-Connection, bleibt Gegenstand heftiger Spekulationen. Die Wahrheit kennen fürs Erste nur Insider, und die hüllen sich vorläufig in Schweigen. Wer etwas weiß, sagt nichts. Wer etwas sagt, weiß nichts.
Nur ist einfach Unfug, wie Trumps Justizministerium den überraschenden Rausschmiss begründet. Niemand kann glauben, dass den Präsidenten die E-Mail-Affäre Clintons noch immer derart umtreibt, dass er den FBI-Direktor, der sie aufklären sollte, deswegen im Nachhinein feuert. Comey hat Clinton zunächst entlastet, um sie später, auf der Zielgeraden, mit der vagen Aussicht auf womöglich sensationelle Enthüllungen zu belasten. Die Wahl ist gelaufen, das Kapitel abgehakt. Trump, der Sieger, hat von allen das geringste Interesse, es noch einmal aufzurollen. Seine Kritiker haben recht, wenn sie das, was er an Gründen für Comeys Entlassung vorbringt, für billige Vorwände halten.
Kein Wunder, dass aus Sicht der demokratischen Opposition ein Hauch von Watergate über Washington liegt. Kein Wunder, dass manche glauben, Trump könnte auf etwas zusteuern, was Richard Nixon mit seinem Rücktritt bezahlte. Wo Rauch ist, ist auch Feuer, sagen sie.