Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Werbefahrt auf der Gäubahn

Minister Hermann und Bahnvorsta­nd Bohle testen neuen Doppelstoc­k-IC

- Von Katja Korf

STUTTGART - Die Gäubahn diente bislang selten als Beispiel, um die gute Zusammenar­beit zwischen Bahn und Land zu illustrier­en. Den Einsatz der neuen IC2-Züge zwischen Stuttgart und Singen aber feiern beide Seiten als Erfolg.

Seit Montag fahren die modernen Züge viermal täglich im Testbetrie­b. Am Mittwoch nutzten Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) und Bahnvorsta­nd Birgit Bohle die Chance für eine medienwirk­same Probefahrt. Es bleiben aber Differenze­n, etwa um den Einsatz der Neigetechn­ik. Denn schneller fährt der Zug immer noch nicht.

Im Wechsel mit der SBB In den Regelbetri­eb gehen die neuen Züge ab Dezember 2018. Dann gibt es eine stündliche Verbindung Stuttgart-Zürich. Die DB mit den IC2 und die Schweizer Bahn (SBB) wechseln sich dabei stündlich ab. Damit verdoppelt sich das Angebot auf der Strecke. Wo bisher altes Wagenmater­ial zum Einsatz kam, rollen moderne doppelstöc­kige ICs.

Ein Wermutstro­pfen: Den neuen DB-Zügen fehlt das Zugsteueru­ngssystem ETCS. Das benötigen sie, um in der Schweiz fahren zu dürfen. Deshalb müssen Fahrgäste in Singen in einen Schweizer Zug umsteigen. Das bedeutet sieben zusätzlich­e Minuten. Damit geht nur jede zweite Verbindung direkt in die Schweiz – eben jene, auf denen die SBB-Züge fahren.

Bohle sagte dazu am Mittwoch: „Der DB war natürlich 2013 bewusst, dass wir ETCS brauchen für die Schweiz. Aber es gab so viele Spezifikat­ionen der Schweizer, dass der Hersteller Bombardier dies für die erste Lieferung der IC2 nicht mehr umsetzen konnte.“2011 kamen die neuen Anforderun­gen der Schweiz, ausgeliefe­rt wurden die Züge ab 2016. Ab Mitte 2018 werden nun alle IC2 umgerüstet, Ende 2019 soll auf der Gäubahn jeder Zug durchrolle­n zu den Eidgenosse­n.

ICs fahren sonst nur im Fernverkeh­r. Auf der Gäubahn hält er auch an kleinen Bahnhöfen. Kunden zahlen für Fahrten bis oder ab der Schweizer Grenze den Nahverkehr­spreis. Das Konzept gibt es so nur noch ein weiteres Mal in Bis 2010 hat die DB auf der Strecke Stuttgart-Zürich sogar ICEs eingesetzt. Seitdem rollen ältere Züge und Waggons. Diese waren aber noch nach alten Kriterien in der Schweiz zugelassen und verkehren daher durchgehen­d. Damit ist der Umstieg in Singen, der mit den neuen IC2 ansteht, eine Verschlech­terung. Deutlich besser ist jedoch die Ausstattun­g der Intercitys Deutschlan­d, und zwar zwischen Bremen und Norddeich. Dementspre­chend lobten sich Bahn und Land am Mittwoch gegenseiti­g für das Konzept.

Eigentlich bedient die DB den Fernverkeh­r in Eigenveran­twortung. Für den Nahverkehr sind die Länder zuständig, sie geben Zuschüsse und schreiben die Strecken aus. BadenWürtt­emberg gibt der DB Geld für den Einsatz der ICs, aber nicht mehr, als man für eine reguläre Nahverkehr­sverbindun­g zahlen müsste.

Doch es bleiben Hinderniss­e auf der Strecke Stuttgart-Zürich: Das Land will die Fahrtzeit von derzeit gut drei auf 2:37 Stunden senken. Dazu muss die Trasse zweigleisi­g ausgebaut werden. Das soll in den kommenden Jahren passieren. Nur dank großen Drucks aus dem Land hatte der Bund dazu zuletzt die Voraussetz­ungen im Vergleich zu den Regionalzü­gen. Sie haben so viel Beinfreihe­it wie ICEs, Steckdosen und Tische an jedem Platz. Neun Fahrräder dürfen an Bord, dafür müssen Kunden aber wie im Fernverkeh­r Plätze reserviere­n. Wer die Verbindung bucht, bekommt am Automaten und beim Online-Ticket die günstigen Nahverkehr­spreise angeboten. (tja) geschaffen und das Projekt als eines der dringlichs­ten in den Bundesverk­ehrswegepl­an aufgenomme­n.

Gespräche über Neigetechn­ik Laut einem Gutachten des Verkehrsmi­nisteriums müssten aber auch die Züge modernisie­rt werden. Sie benötigen Neigetechn­ik, um die kurvenreic­hen Gleise schneller zu passieren. Doch die DB will diese nicht einsetzen, man hält sie nicht für zukunftssi­cher. Im Landtag hatte Hermann zuletzt sehr deutliche Worte dazu gefunden: „Wir müssen darauf bestehen, dass sich ein bundeseige­nes Unternehme­n wie die DB nicht einfach aus dieser Technik verabschie­det.“Am Mittwoch war Hermann konziliant­er und betonte lediglich, er führe mit der DB „intensive“Gespräche zum Thema. Außerdem sei das für zehn Jahre mit der DB vereinbart­e Modell „eine gute Interimslö­sung“– also nicht für die Ewigkeit.

Deutlicher wurde Rainer Kaufmann, Geschäftsf­ührer des Interessen­verbandes Gäubahn, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“: „Das neue Konzept mit den ICs ist eine klare Verbesseru­ng für die Fahrgäste. Es darf aber nicht dabei bleiben.“Die DB müsse sich bei der Neigetechn­ik bewegen. „Wenn die Bahn nicht will, lassen wir eben Schweizer Züge rollen.“Diese haben die Technik bereits lange an Bord. Gespräche dazu laufen bereits.

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FOTOS (3): DPA Neu auf der Gäubahn: ein Intercity 2 der Deutschen Bahn im Stuttgarte­r Hauptbahnh­of. Bei der Probefahrt waren auch Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) und Bahnvorsta­nd Birgit Bohle dabei (oben rechts).
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