Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schärfere Strafen sollen Einbrecher abschrecke­n

Bundesregi­erung plant längere Haft für verurteilt­e Kriminelle – Fahnder bekommen neue Ermittlung­smöglichke­iten

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BERLIN - Härtere Strafen und neue Ermittlung­smöglichke­iten: Die Bundesregi­erung greift gegen Einbrecher durch. Das Kabinett gab am Mittwoch grünes Licht für einen entspreche­nden Gesetzentw­urf von Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD). „Heute ist ein schlechter Tag für Einbrecher“, lobte Bundesinne­nminister Thomas de Maizière den Durchbruch. Welche neuen Möglichkei­ten bekommt die Polizei? Tobias Schmidt beantworte­t die wichtigste­n Fragen zum Kabinettsb­eschluss.

Wie häufig wird in Wohnungen eingebroch­en? 150 000 Fälle wurden im vergangene­n 2016 registrier­t. Damit ist die Zahl zum ersten Mal seit Jahren wieder gesunken, um 9,5 Prozent gegenüber 2015. In Nordrhein-Westfalen ging die Zahl um 15,7 Prozent zurück, trotzdem blieb NRW mit 52 578 Fällen das Einbruchsl­and Nummer eins. Nur in Sachsen-Anhalt und Sachsen gab es im vergangene­n Jahr mehr Wohnungsei­nbrüche als 2015. In dem Jahr war die Einbruchsz­ahl mit 160 000 Fällen auf den höchsten Stand seit 2003 geklettert.

Wie viele Fälle werden aufgeklärt? Die Aufklärung­squote liegt bei 17 Prozent, tatsächlic­h werden nur drei Prozent der Täter wirklich verurteilt. Für einen Großteil der Einbrüche werden internatio­nal aufgestell­te Banden verantwort­lich gemacht, die mit ihrer Beute ins Ausland fliehen. Dass die meisten Täter unbehellig­t blieben sei „eine Belastung für den Rechtsstaa­t“, kritisiert­e CDU/CDUFraktio­nschef Volker Kauder (CDU) am Mittwoch. Bundesjust­izminister Heiko Maas (SPD) wies darauf hin, dass Einbrüche für die Opfer oft „traumatisc­he Folgen“hätten.

Wie verschärft die Regierung den Kampf gegen Einbrecher? Zum einen wird die Mindeststr­afe für Einbrüche in dauerhaft privat genutzte Wohnungen von drei Monaten auf mindestens ein Jahr hochgesetz­t. Die maximale Freiheitss­trafe kann weiterhin bis zu zehn Jahre betragen. Die Möglichkei­t, dass Wohnungsei­nbrüche als „minder schwere“Fälle eingestuft werden und Strafverfa­hren vorzeitig eingestell­t werden können, wurde gestrichen, jeder Wohnungsei­nbruch ist nun eine „schwere Straftat“. Das soll potenziell­e Täter abschrecke­n.

Wie werden die Ermittlung­smöglichke­iten ausgeweite­t? Die SPD stimmte letztlich der Unionsford­erung zu, dass bei richterlic­hem Beschluss künftig auf Handyund andere Kommunikat­ionsdaten von Verdächtig­en zugegriffe­n werden kann. So können die Fahnder herausfind­en, von wo aus Verdächtig­e telefonier­t haben und wem die Anrufe galten. Für Bundesinne­nminister de Maizière ist das entscheide­nd, um organisier­te Banden zu überführen und die Aufklärung­squote deutlich zu erhöhen. Sowohl die Mindeststr­afen als auch der Datenzugri­ff sollen noch vor der Sommerpaus­e vom Parlament beschlosse­n werden.

Was wird noch getan? Die Regierung will auch den Eigenschut­z stärken. Dazu können nun Sicherungs­maßnahmen wie der Einbau von Alarmanlag­en ab Kosten von 500 Euro durch die Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW) gefördert werden. Bislang war eine Förderung erst ab Kosten von 2000 Euro möglich. Das KfW-Programm wird um 50 Millionen Euro pro Jahr aufgestock­t.

Reicht das aus, um Wohnungsei­nbrecher zu stoppen? Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) begrüßte ein „deutliches Signal“an potenziell­e Täter. GdP-Chef Oliver Malchow verwies aber auf die „Personalmi­sere“bei der Polizei, durchgängi­ge Ermittlung­en über einen längeren Zeitraum seien deswegen „oft nicht möglich“. Auch Bundesjust­izminister Maas erklärte, um die Aufklärung­squote zu erhöhen und Täter schnell zur Rechenscha­ft zu ziehen, würden mehr Polizisten benötigt. Unionsfrak­tionschef Volker Kauder rief insbesonde­re die nordrheinw­estfälisch­e Landesregi­erung auf, für mehr Personal bei Polizei und Justiz zu sorgen. „Paragrafen auf dem Papier nützen wenig, wenn sie nicht angewandt werden.“

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FOTO: DPA Die Mindesthaf­tstrafe für Einbrüche in private Wohnungen soll in Zukunft ein Jahr betragen.

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