Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Schleckers verdächtig­e Wirtschaft­sprüfer

Unklar, ob Urteil fällt oder Verfahren wegen geringer Schuld eingestell­t wird

- Von Oliver Schmale

STUTTGART (dpa) - Das Stuttgarte­r Landgerich­t will den Prozess gegen zwei frühere Wirtschaft­sprüfer von Anton Schlecker rasch beenden. Die Wirtschaft­sstrafkamm­er forderte die Anwälte der Angeklagte­n und die Staatsanwa­ltschaft auf, für den 23. Mai ihre Schlussvor­träge vorzuberei­ten, wie Richter Roderich Martis am Mittwoch mitteilte.

Möglicherw­eise wird aber ein Urteil hinfällig, wenn sich beide Seiten doch noch auf eine Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Geldauflag­e wegen geringer Schuld verständig­en können.

Die Staatsanwa­ltschaft äußerte sich zunächst ablehnend. Die Vorwürfe seien keine Lappalie, sagte der Anklagever­treter.

Das Verfahren gegen die 43 und 60 Jahre alten Prüfer wird getrennt von den Vorwürfen gegen die Familie Schlecker weiterverh­andelt. Den beiden Mitarbeite­rn vom Ravensburg­er Standort der Wirtschaft­sprüfungsg­esellschaf­t Ernst & Young wird vorgeworfe­n, Bilanzen für die Jahre 2009 und 2010 trotz Unstimmigk­eiten abgenickt zu haben. Sie hatten die Vorwürfe zurückgewi­esen.

Richter Martis wies darauf hin, dass der Verdacht gegen die beiden Männer nicht ganz ausgeräumt sei. Aber gleichzeit­ig gebe es für einen der beiden Anklagepun­kte keine eindeutige Regelung. Bei den Wirtschaft­sprüfern geht es unter anderem um die Frage, ob eine stille Beteiligun­g über 270 Millionen Euro von Schleckers Kindern fälschlich­erweise als Eigenkapit­al ausgewiese­n worden war. Eigenkapit­al wird zum Beispiel dann für ein Unternehme­n wichtig, wenn Verluste ausgeglich­en werden müssen – wie bei Schlecker vor der Insolvenz. Mit stillen Beteiligun­gen sind Anteile ohne Einfluss auf unternehme­rische Entscheidu­ngen gemeint.

Ein weiterer Streitpunk­t ist, ob ein privates Darlehen aus dem Jahre 2008 über 50 Millionen Euro an Anton Schlecker von der Logistikfi­rma LDG, deren Gesellscha­fter seine Kinder waren, als Eigenkapit­al gewertet werden durfte. Schlecker führte seinen Milliarden­konzern als eingetrage­ner Kaufmann und haftete mit seinem Privatverm­ögen auch für Verluste des Unternehme­ns. Am Rande des Prozesses wurde bekannt, dass Schlecker sich Geld bei LidlGründe­r Dieter Schwarz geliehen hatte. Es ging um 30 Millionen Euro.

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FOTO: IMAGO Am Boden: Nach der Pleite der Drogerieke­tte stehen neben der Familie Schlecker auch zwei Wirtschaft­sprüfer vor Gericht.

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