Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Betrugsverdacht wegen fingierter Handy-Verträge
Staatsanwaltschaft Ravensburg ermittelt gegen 38-jährigen Vodafone-Franchisenehmer
RAVENSBURG - Ein Ravensburger Mobilfunkhändler soll zahlreiche Kunden betrogen haben. 13 haben bereits Anzeige erstattet, die Dunkelziffer dürfte aber höher sein. Wie die Staatsanwaltschaft Ravensburg bestätigte, ermittelt sie seit Ende März wegen Betrugs und Urkundenfälschung gegen den 38-Jährigen.
Der Verdacht der Strafermittler: Der Franchisenehmer des VodafoneShops am Marienplatz soll mit zunächst rechtmäßig erlangten Daten weitere Kundenkonten angelegt und ohne Wissen oder gar Billigung der Betroffenen Verträge fingiert und bei der Mobilfunkgesellschaft eingereicht haben, um dadurch Smartphones und Tablets zu erschleichen. Die wurden aber nach Auskunft von Oberstaatsanwalt Karl-Josef Diehl nicht den betreffenden Kunden ausgehändigt, sondern anderweitig verkauft. Außerdem soll der Mann unter Vortäuschung falscher Tatsachen Provisionen für Mobilfunkverträge erschlichen haben.
Geld wurde zurückerstattet Ein Opfer ist der Unternehmer Stefan Schnyder, der eine Ranch für Westernreiten mit Gästezimmern und Ferienwohnungen in Ravensburg betreibt. 2015 kam er mit seinem Bruder und der Freundin aus der Schweiz nach Ravensburg, um die Ranch zu kaufen und aufzubauen. „Wir hatten ja schon Handys, also brauchten wir nur deutsche Verträge ohne Handys“. Diese schlossen sie in der Vodafone-Agentur am Marienplatz ab. „Nach zwei, drei Monaten wurden die Rechnungen immer höher, so 300 bis 500 Euro, und wir haben uns sehr gewundert.“Mehrmals ging Schnyder beim Vodafone-Shop am Marienplatz vorbei – ohne Erfolg. Erst als er das andere Vodafone-Geschäft in der Adlerstraße aufsuchte, stellten die Verkäufer dort fest, dass sieben und nicht drei Handyverträge auf die Schnyder-Ranch liefen, und bei allen waren die teuersten Endgeräte dazugebucht.
Provisionen für Verträge kassiert „Unterdessen haben wir das Geld zurückgekriegt, weil auf den Verträgen ja keine Unterschrift drauf ist“, erzählt Stefan Schnyder. Aber das dicke Ende kam erst noch. „Vor zwei Wochen haben wir gemerkt, dass im Büro Internet und Festnetz nicht funktionieren.“Es habe sich herausgestellt, dass der mutmaßliche Betrüger die Verträge bei der Telekom einfach gekündigt, die Nummer mitgenommen und zwei neue, teure LTE-Verträge bei Vodafone abgeschlossen hat, für die die Schnyders aber nicht die dazugehörigen Geräte oder SIM-Karten bekommen haben. Offenbar um die Provision für die Neuverträge von Vodafone zu kassieren. Das Resultat: Die Unternehmer sind nur noch über Handy erreichbar und können ihren Gästen derzeit auch kein Internet anbieten. Sie wollen jetzt ebenfalls Anzeige erstatten.
Volker Petendorf, Pressesprecher von Vodafone Deutschland, bestätigt den Sachverhalt. „Der Franchisenehmer war seit 2008 Inhaber unserer Partneragentur am Marienplatz und jahrelang absolut seriös. Ab März 2016 gab es dann mehrere Versuche, Vodafone zu betrügen, indem teure Handys zur Seite geschafft wurden oder Provisionen für Verträge kassiert wurden, die nicht unterschrieben waren.“Aufgefallen sei der Mann, weil die Reklamationsquote in dem Ravensburger Geschäft deutlich höher war als in anderen. Von etwa 90 Verträgen, die dort monatlich abgeschlossen wurden, seien etwa zwei bis drei faul gewesen. „Wir haben ihm dann gekündigt und die Partneragentur im Februar vorerst geschlossen.“Außerdem habe man eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammengearbeitet, um die Vorfälle aufzuklären.
Der angerichtete Schaden ist laut Petendorf erheblich und liegt für Vodafone „im fünfstelligen Eurobereich“, da alle unrechtmäßig abgebuchten Geldbeträge an die Kunden zurückgezahlt wurden. Demnächst will das Mobilfunk-Unternehmen einen Neuanfang machen und den Laden am Marienplatz wiederbeleben – freilich mit neuem Personal. Solange könnten Kunden das Geschäft an der Adlerstraße aufsuchen, das mit den Betrugsfällen nichts zu tun hat.
Beschuldigter sitzt im Gefängnis Laut Staatsanwaltschaft sitzt der Beschuldigte derzeit im Gefängnis, allerdings nur kurz wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe nach einem Körperverletzungsdelikt. „Die Ermittlungen sind noch am Anfang“. erklärt Oberstaatsanwalt Diehl. „Es bedarf umfangreicher Überprüfungen und Auswertungen.“Bislang hätten 13 Menschen Anzeige erstattet. „Nicht auszuschließen ist, dass die Anzahl jedoch noch steigt.“
Wer erst jetzt merkt, dass er ein Betrugsopfer sein könnte, kann sich bei der Vodafone-Kundenbetreuung unter 0800/1721212 melden.