Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Polohemd statt Reifrock: Schüler zufrieden mit modernisierter Ehrung
Tradition der Oberstköniginnen und Oberstfähnriche am Ravensburger Rutenfest hat sich gewandelt
RAVENSBURG (bua) - Die meisten regionalen Traditionen versteht 100 Kilometer entfernt kein Mensch mehr. Dennoch sind diese Rituale vor Ort von großer Bedeutung. Beispiel: das Ausgestalten der Ehrung von Oberstköniginnen und Oberstfähnrichen am Ravensburger Rutenfest. Diese Tradition wurde unlängst verändert; inzwischen scheint die Modernisierung bei den Betroffenen auf Zustimmung zu stoßen.
Das Rutenfest in Ravensburg ist für viele vermutlich wichtiger als Ostern und Weihnachten. Urkundlich erwähnt ist das Kinder- und Heimatfest der Stadt seit 1645, bis heute wird es jedes Jahr am letzten Wochenende vor den Schulferien mit Hingabe gefeiert. Eine der ältesten Traditionen des Fests ist die Ehrung der Oberstköniginnen und Oberstfähnriche.
Früher waren das die Volksschulbeziehungsweise Hauptschulabgänger mit den besten Noten, die ausgezeichnet wurden. Die Bewertung von Leistung nach Noten, vor allem aber die Abschaffung der Hauptschule in Baden-Württemberg, führte in den zurückliegenden Jahren zu einer Änderung dieser Ehrung, die im Rahmen der Veranstaltung „Tanzen - Spielen - Musizieren“stattfand.
Auf Initiative des Ravensburger Schülerrats erfolgte der Beschluss, von 2013 an nicht mehr die „besten“Schüler der Werkrealschul-Abschlussklassen auszuzeichnen, sondern über alle Schulen hinweg die Jugendlichen mit dem größten sozialen Engagement.
Nach diesem Bruch mit der jahrhundertealten Tradition kam ein weiterer hinzu: Die neuerdings Geehrten wollten nicht mehr mit Reifröcken und altmodischen Hüten auflaufen, inzwischen tragen sie daher schmuck bedruckte Polo-Shirts. Doch passt das zur großen Tradition des Ravensburger Rutenfests? Darüber diskutierte jetzt der Schüler- mit dem Gemeinderat.
Fazit: Bei der Abstimmung votierte der Schülerrat mit großer Mehrheit für das Beibehalten der derzeitigen Kleiderordnung, dem Polo-Shirt. Zudem sprach sich das Gremium dafür aus, dass ausschließlich Jugendliche von Ravensburger Schulen, nicht von organisatorisch angebundenen Außenstellen in anderen Kommunen, ausgezeichnet werden sollen. Nicht zuletzt regte der Schülerrat-Sprecher an, in den Bildungseinrichtungen dafür zu werben, dass die Auszeichnung als Oberstkönigin oder Oberstfähnrich „ein schöner Preis“ist, wofür zu werben sei. In der Vergangenheit hätten manche Schulen gar keine potenziellen Preisträger nominiert oder, im Gegenteil, sich verpflichtet gefühlt, irgendjemanden zu melden, der im Gesamtvergleich überhaupt nicht in die Reihe der Kandidaten hätte aufgenommen werden dürfen.