Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Kinder sind nicht die Rennpferde ihrer Eltern“
Autor Herbert Renz-Polster spricht über die richtige Förderung von Kindern – Vortrag heute im Schwörsaal
RAVENSBURG - Montags Gitarrenunterricht, dienstags und donnerstags Fußballtraining, freitags Jugendgruppe und am Wochenende erst Nachhilfe und dann Fußballturnier. Viele Kinder haben heutzutage eine durchgetaktete Woche. Doch nicht nur für den Nachwuchs bedeutet das Stress, auch die Eltern stehen unter Druck. Warum das nicht sein muss und wie man Kinder richtig fördert, erklärt der promovierte Wissenschaftler und Publizist Herbert RenzPolster aus Vogt im Gespräch mit Jasmin Bühler.
Herr Renz-Polster, Ihr Vortrag heißt „Überfördern wir unsere Kinder?“. Ist es schlecht, Kinder zu fördern? Es ist super, wenn Kinder gefördert werden. Eltern wollen ja, dass es ihren Kindern gut geht. Aber dabei verlieren sie manchmal aus dem Blick, was „gut“eigentlich heißt. Als Maßstab gelten die gesellschaftlichen Erwartungen: also Erfolg, Leistung, Attraktivität. Die Kinder sollen entsprechende Kompetenzen ausbilden – am besten so früh wie möglich. Und das führt schnell zu einer Überförderung.
Wie sieht eine gute Förderung aus? Kinder sind Individuen, die ihr eigenes Potenzial ausschöpfen wollen. Das deckt sich nicht immer mit dem, was sich die Eltern vorstellen. Aber Kinder sind nicht die Rennpferde ihgroß ANZEIGE rer Eltern. Jedes Kind hat andere Stärken und eine andere Entwicklungsgeschwindigkeit. Aber sein Potenzial kann ein Kind nur nutzen, wenn es mit sich selber klar kommt, in sich ruht, für andere einstehen kann, wenn es kreativ, neugierig und beherzt ist.
Welche Rolle spielen die Eltern? Um das zu erklären, nehme ich gerne das Bild eines Hauses. Eltern haben oft einen genauen Plan, wie das Haus ihrer Kinder aussehen soll. Welche Form und Farbe es haben soll, wie es sein soll, wie viele Räume sich darin befinden sollen oder wo es stehen soll. Aber ein Haus taugt nur, wenn das Fundament stimmt. Ein Fundament, das allen Widrigkeiten standhält. Und gerade das ist die Aufgabe der Eltern: Sie sollten dabei helfen, ein gutes Fundament auszubilden. Wie das Haus dann aussieht, bestimmen die Kinder selbst.
Was kann Kindern schaden? Kinder brauchen menschliche, bedeutsame und verlässliche Beziehungen, um sich zu entwickeln. Das Gefühl von Geborgenheit ist von großer Bedeutung. Gleichzeitig sollten sie sich eigene Ziele setzen und sich selbst entfalten dürfen. Dazu gehört auch das Spielen. Problemtisch ist, wenn Kinder nicht machen können, was sie wollen, sondern nur das vorgegebene Programm abspulen. Oder, wenn sie sich für sich schämen müssen, weil sie den Anforderungen nicht gerecht werden oder ihre Eltern an ihnen nichts Gutes finden.
Manchmal kommt es einem so vor, dass sowohl die Kinder als auch die