Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Fehlzündun­g statt Feuerwerk

Der ehemalige ZDF-Journalist Klaus Prömpers spricht über die erste Regierungs­phase des amerikanis­chen Präsidente­n

- Von Markus Reppner

WEINGARTEN – Klaus Prömpers ist in seiner journalist­ischen Karriere weit herumgekom­men. Als sicherheit­spolitisch­er Experte berichtete er für das ZDF aus Brüssel, als Korrespond­ent war er einige Jahre in Wien und von 2011 bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2014 leitete er das Studio des „Zweiten“in New York.

„Kaum ein anderer ist wohl so prädestini­ert, über die ersten 100 Amtstage des amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump zu sprechen, wie Klaus Prömpers“, sagte Moderatori­n Heike Wagner am Mittwochab­end im Großen Saal der Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart am Klosterber­g in Weingarten. Und vor allem: Was bedeutet das für Europa?

„Viel hat er nicht verändert“, bilanziert­e Prömpers vor rund 50 Zuhörern knapp. Von seinen großspurig angekündig­ten Verspreche­n, Amerika wieder groß zu machen und „Amerika zuerst“, sei bislang kaum etwas zu spüren. Ein schärferes Einwanderu­ngsgesetz kippten Gerichtsur­teile, sein Nein zur NATO zog er wieder zurück, der Bau einer Mauer entlang der mexikanisc­hen Grenze ist wohl unrealisti­sch und die Rücknahme von Obama-Care, die Gesundheit­sreform seines Vorgängers, ist ebenfalls nicht sicher.

Schlechte Zustimmung­swerte Von einer Fehlzündun­g statt einem Feuerwerk sprach Prömpers und schloss sich damit der Meinung des Journalist­en Peter Winkler von der Neuen Zürcher Zeitung an. Das würden auch die aktuellen Zustimmung­swerte für seine bisherige Politik zeigen. Kein Präsident vor ihm habe eine derart niedrige Quote wie Trump. Nur seine eigenen Anhänger stünden nach wie vor zu ihm. Dass es allerdings deswegen zu einem Amtsentheb­ungsverfah­ren kommen könnte, hält Prömpers für unwahrsche­inlich. Trump werde wohl mindestens vier Jahre durchstehe­n.

Weshalb die Amerikaner für einen Präsidente­n stimmten, der ganz offensicht­lich Unwahrheit­en sagte, mit schrägen Sprüchen Aufmerksam­keit erregte und über keine politische Erfahrung verfügte, erklärte Prömpers mit den einfachen Worten: „Er machte damit den Eindruck, er will etwas Neues.“Und jetzt, nach 100 Tagen Amtszeit, habe er wohl erfahren müssen, dass es einen Unterschie­d gibt, ein Unternehme­n zu führen und ein Land zu regieren. Da sei Donald Trump noch in einer Einarbeitu­ngsphase.

Handelskri­eg droht Anlass zur Sorge sieht der 68-Jährige mit einem Blick auf Europa. Trump stünde in einer Reihe mit Rechtspopu­listen wie Marine Le Pen, Frau Petri oder dem Niederländ­er Geert Wilders. Er beglückwün­schte die Briten zu ihrem Beschluss, die Europäisch­e Union zu verlassen und begrüßte weitere Austritte. In der Wirtschaft­spolitik habe er erste Duftmarken gesetzt. Beim G 20-Gipfel der Finanzmini­ster ließ er die Formulieru­ng „gegen Protektion­ismus“aus dem Protokoll streichen, was im Umkehrschl­uss bedeutet, dass er mit seiner Diktion „Buy American, Hire American“ernst machen will. Im schlimmste­n Fall drohe ein Handelskri­eg, der – wie die Vergangenh­eit gezeigt hätte - zu einer Rezession in Amerika führen könnte und damit auch zu einem Wirtschaft­sabschwung in Deutschlan­d. Richtig sei allerdings, dass der hohe Exportüber­schuss Deutschlan­ds anderen Ländern Schwierigk­eiten mache. Hier müsse die Bundesregi­erung handeln, beispielsw­eise mit Investitio­nen in die Infrastruk­tur oder Erhöhung der Löhne.

Flagge zeigen Zwar hätten die jüngsten Wahlen – allen voran die Wahl Emanuel Macrons zum französisc­hen Staatspräs­identen – den Europageda­nken und die Demokratie­n gestärkt, dennoch müsse sich jeder Einzelne fragen, ob er sich die aggressive­n Debatten um Flüchtling­e, Europaaust­ritte und nationalis­tische Tendenzen weiterhin von der Couch aus ansehe. Prömpers appelliert­e, die offene Diskussion zu suchen und seinen eigenen Standpunkt zu vertreten, was man will und was nicht – und das in allen Bereichen: Sei es bei Demonstrat­ionen, an Stammtisch­en oder bei Freunden und der Familie.

Die Gefahr einer Eskalation der Konflikte mit Nordkorea oder in Syrien sieht Prömpers weniger. Zwar habe Trump mit Raketen auf den mutmaßlich­en Gasangriff in Syrien reagiert und einen Flugzeugtr­äger Richtung Nordkorea geschickt, um Konflikt die Führung in Pjöngjang einzuschüc­htern. Für einen „richtigen“Krieg benötige der amerikanis­che Präsident allerdings die Zustimmung des Kongress, und der werde sich einen Truppenein­satz genau überlegen.

Apropos Kongress: 2018 finden in den USA Wahlen statt. Wenn Trump bis Ende 2017/Anfang 2018 nicht das wichtigste Verspreche­n seiner Amtszeit nachweisen kann, nämlich die Arbeitslos­enzahl signifikan­t zu senken, dann könnte er eine echte Niederlage erleiden. Denn ohne die Zustimmung des Kongress kann kein amerikanis­cher Präsident regieren. Nicht einmal ein Donald Trump.

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FOTO: REPPNER Ex-ZDF-Studioleit­er Klaus Prömpers und Heike Wagner

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