Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Heldenhaft aufgenäht
Trikottausch beim Eishockey? Kleiderschränke auf Kufen obenrum dressfrei? Gibt es nicht bei der Weltmeisterschaft 2017. Kann es nicht geben – jeder Akteur nämlich hat exakt zwei Leibchen zur Verfügung: eines im Heimdesign, eins in den Auswärtsfarben, alle allerdings voller Aufnäher. Die wollen, man ahnt es, aufgenäht sein. Von Hand.
Da kommt Arno Ende ins Spiel, da braucht’s einen Exkurs in die höhere Mathematik. Acht Mannschaften bilden in Köln die Vorrundengruppe A, melden darf eine Mannschaft 25 Cracks. Macht 200 Heim-, macht 200 Auswärtstrikots. Macht acht fingerfertige Näherinnen, die unter der Regie von Herrn Ende jeweils 50 Jerseys mit Rückennummern, Sponsorenlogos, Weltverbandsschriftzug und, und, und ... versehen. Zwei Wochen vor dem ersten Bully haben sie ihr Werk begonnen, tapfer geschneidert wurde in der Kelleretage der Lanxess-Arena. Und geschwiegen.
Geschwiegen (man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können), weil Meister Ende und seine Damen mit die Ersten waren, die Namen kannten. Namen, Aufgebote, Härtefälle. Wer aufnäht, weiß vorher, dass Trainer X Stürmer Y nominiert hat, Verteidiger Z aber in Last-minute-Urlaub entließ. Wer aufnäht – das „Y“auf den Stürmer-Trikotrücken –, ist Geheimnisträger. Welch Bürde, mit diesem Wissen gezielt Nadelstiche zu setzen.
Sie wurde getragen. Klaglos. Tief unten in der Lanxess-Arena, dort, wo die wahren Heldinnen dieser WM deren Fäden in der Hand hielten.