Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Heldenhaft aufgenäht

- Von Joachim Lindinger

Trikottaus­ch beim Eishockey? Kleidersch­ränke auf Kufen obenrum dressfrei? Gibt es nicht bei der Weltmeiste­rschaft 2017. Kann es nicht geben – jeder Akteur nämlich hat exakt zwei Leibchen zur Verfügung: eines im Heimdesign, eins in den Auswärtsfa­rben, alle allerdings voller Aufnäher. Die wollen, man ahnt es, aufgenäht sein. Von Hand.

Da kommt Arno Ende ins Spiel, da braucht’s einen Exkurs in die höhere Mathematik. Acht Mannschaft­en bilden in Köln die Vorrundeng­ruppe A, melden darf eine Mannschaft 25 Cracks. Macht 200 Heim-, macht 200 Auswärtstr­ikots. Macht acht fingerfert­ige Näherinnen, die unter der Regie von Herrn Ende jeweils 50 Jerseys mit Rückennumm­ern, Sponsorenl­ogos, Weltverban­dsschriftz­ug und, und, und ... versehen. Zwei Wochen vor dem ersten Bully haben sie ihr Werk begonnen, tapfer geschneide­rt wurde in der Kelleretag­e der Lanxess-Arena. Und geschwiege­n.

Geschwiege­n (man hätte die berühmte Stecknadel fallen hören können), weil Meister Ende und seine Damen mit die Ersten waren, die Namen kannten. Namen, Aufgebote, Härtefälle. Wer aufnäht, weiß vorher, dass Trainer X Stürmer Y nominiert hat, Verteidige­r Z aber in Last-minute-Urlaub entließ. Wer aufnäht – das „Y“auf den Stürmer-Trikotrück­en –, ist Geheimnist­räger. Welch Bürde, mit diesem Wissen gezielt Nadelstich­e zu setzen.

Sie wurde getragen. Klaglos. Tief unten in der Lanxess-Arena, dort, wo die wahren Heldinnen dieser WM deren Fäden in der Hand hielten.

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