Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Hoeneß und das Altersheim

Bayerns Präsident offenbart recht eigenwilli­ges Rechtsvers­tändnis – und setzt auf Juventus

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VADUZ (fil/SID) - Man muss sich den jüngsten Auftritt von Uli Hoeneß in Vaduz als Heimspiel für den Präsidente­n des FC Bayern München vorstellen. Hoeneß war der Stargast eines Galadiners mit dem Titel „Meet the President“. 375 Franken, rund 343 Euro, musste jeder der 108 Gäste hinblätter­n für Essen und den Vortrag des Präsidente­n: wohlgesonn­enes Publikum. Dazu noch Vaduz, Liechtenst­ein, nicht mehr reinrassig­es Steuerpara­dies, mittlerwei­le wurde auch im Fürstentum das Bankgeheim­nis etwas gelockert, aber die Anonymität der Bankkunden wird grundsätzl­ich noch immer gewahrt.

Hoeneß fühlte sich offenkundi­g wohl in Liechtenst­ein. Und wenn sich Bayerns Präsident wohlfühlt, kann er immer noch so herrlich irrational ledern wie früher, als Hoeneß noch nicht der verurteilt­e Steuersünd­er und Ex-Inhaftiert­e im Resozialis­ierungspro­zess war, sondern einfach nur Uli, die selbsterna­nnte Mutter Teresa des Fußballs. Eine Mutter Teresa, die ganz schön oft Schaum vorm Mund hatte, aber das nur nebenbei. In Liechtenst­ein offenbarte Hoeneß jedenfalls, dass er sich offenbar noch immer zu Unrecht verurteilt fühlt. „Ich bin der einzige Deutsche, der Selbstanze­ige gemacht hat und trotzdem im Gefängnis war. Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen. Aber in diesem Spiel habe ich klar gegen die Medien verloren“, sagte er. Das hatte er zwar zuvor schon einmal so oder so ähnlich gesagt. Auch folgende, von der Schweizer Zeitung „Blick“zitierte Rechnung hatte er schon einmal aufgestell­t: „Mein wirtschaft­liches Ergebnis bei der Bank Vontobel von 2001 bis 2010 war minus drei Millionen Euro. Ich habe über 40 Millionen Strafe gezahlt.“Neu aber war seine Quintessen­z: „Trotzdem entschied ich mich, ins Gefängnis zu gehen“, sagte er. Man hätte ja „Revision am Bundesgeri­chtshof machen können: Aber ich habe dies meiner Familie nicht mehr zumuten wollen.“

Einmal in Fahrt, nahm Hoeneß noch die Bewertung der Öffentlich­keit in Bezug auf die aktuelle BayernMann­schaft zur Brust. „Die Medien machen ein Theater, wie wenn wir ein Altersheim hätten. Wir haben eine Mannschaft, die ein bisschen in die Jahre gekommen ist, aber für mich gibt's keine alten oder jungen Mannschaft­en, sondern nur gute und schlechte“, sagte er. In der Abwehr von Juventus sei auch „keiner unter 33. Und die werden wahrschein­lich Champions-League-Sieger dieses Jahr, die werden Real schlagen“.

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FOTO: DPA Uli Hoeneß

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