Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Im Namen der Freundscha­ft

Auf Angela Merkel und Emmanuel Macron lasten hohe Erwartunge­n

- Von Kristina Dunz und Christian Böhmer

BERLIN (dpa) - Vor dem Kanzleramt jubeln Hunderte Menschen, sie haben die Flaggen von Deutschlan­d und Frankreich zusammenge­knotet. Die Botschaft an die dienstalte Kanzlerin und den jungen Präsidente­n: Die beiden Länder, einst Kriegsfein­de und dann Vertraute, sind unzertrenn­lich, mögen Populisten das alles noch so beschädige­n wollen. „Im Namen der Freundscha­ft“rufen begeistert­e Zaungäste, als Emmanuel Macron vorbeifähr­t. Selten zuvor gab es so viele jubelnde Menschen, als ein ausländisc­her Gast zu Angela Merkel fuhr. Am ehesten noch beim früheren US-Präsidente­n Barack Obama. „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“, zitiert Merkel dann Hermann Hesse. Die Erwartunge­n sind hoch.

Seine stärkste Partnerin Macron macht seinen allererste­n Antrittsbe­such im Ausland bei Merkel. Ein Zeichen, dass er sie als seine stärkste Partnerin in Europa sieht – und braucht. Ja, er wolle, dass das deutsch-französisc­he Verhältnis wieder so historisch werde wie unter Konrad Adenauer und Charles de Gaulle oder Helmut Schmidt und Valéry Giscard d'Estaing, Helmut Kohl und François Mitterrand. Große Worte.

Merkel versichert, sie sei sich ihrer Verantwort­ung für die deutschfra­nzösische Freundscha­ft sehr bewusst – „in seinem sehr kritischen Moment der EU“. Sie meint das Erstarken von Rechtspopu­listen. Sie ist froh, dass Macrons Wahlsieg ihr eine Auseinande­rsetzung mit der Rechtspopu­listin und Europafein­din Marine Le Pen als Staatschef­in erspart hat. Der soziallibe­rale Macron ist nach Jacques Chirac, Nicolas Sarkozy und François Hollande bereits der vierte französisc­he Präsident in Merkels Amtszeit seit 2005. Macron mahnt, er habe nicht die „Botschaft der Wut“bei der Wahl in Frankreich vergessen. Deswegen müsse es Reformen geben. „Ich habe eine schwere Aufgabe vor mir.“Nicht auszudenke­n, wenn der Europafreu­nd Macron scheitern würde. Dann wäre Le Pen schnell obenauf, lautet die Befürchtun­g in Berlin. Um neue Dynamik auszulösen, wird schon für Juli ein Treffen der deutschen und der französisc­hen Minister angesetzt.

Die Eurozone soll krisenfest­er gemacht werden. Für viele Menschen gehe alles zu langsam, sagt Merkel. Sie wolle sich auch einer Änderung der europäisch­en Verträge nicht verschließ­en. Wenn sich die ganze Welt ändere, könne Europa nicht unbeirrt an alten Verträgen festhalten. Und Macron weist zurück, dass er Eurobonds will. Die Vergemeins­chaftung von Schulden ist ein Reizthema für Deutschlan­d. Zum Auftakt aber herrscht Harmonie.

Macron an der Macht – das sorgt in Teilen der deutschen Politik auch für Unruhe. Seine Pläne für den Umbau der Eurozone sind weitreiche­nd. Einen eigenen Haushalt und einen Finanzmini­ster sollte es seiner Ansicht nach auf mittlere Sicht geben. Merkel signalisie­rt, sie wolle mit einem Investitio­nsprogramm auf Macron zugehen und über Maßnahmen zur Stärkung der Eurozone reden. Sie denke seit 2013 an ein Budget in der Eurozone, mit dem reformfreu­digen Ländern geholfen werden solle.

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FOTO: DPA Deutsch-französisc­he Partnersch­aft: Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) und Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron in Berlin.

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