Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Grünes Paradies im Zeitraffer
Turbo-Pflanzen breiten sich schnell aus, was später aber auch Probleme machen kann
MÜNCHEN (dpa) - Turbo-Pflanzen machen es möglich, dass sich nach dem Neubau um das Haus herum rasch ein grünes Paradies ausbreitet. Außerdem können sie für eine schnell geschlossene Pflanzendecke sorgen, die Unkraut verdrängt. Auch beim Begrünen einer Gartenmauer, die neugierige Blicke in den Garten fernhält, sind diese wüchsigen Pflanzen unverzichtbar.
„Das schnelle Wachstum der Pflanzen ist aber nur ein Aspekt“, sagt Till Hägele, Abteilungsleiter für die Gewächshäuser im Botanischen Garten München-Nymphenburg. Sie schaffen auch rasch Blickpunkte und setzen Akzente. „So kommt es dann zu einer schnellen Aufwertung des Gartens.“
Das Nonplusultra in Sachen Turbo-Pflanzen kommt für Hägele aus dem Staudenreich: das Dickmännchen (Pachysandra). „Dieser immergrüne Bodendecker entwickelt sich sehr schnell“, erklärt der Buchautor. Natürlich kann man diese robuste und schattenverträgliche Staude mit geringem Abstand zu Wänden, Hindernissen und anderen Pflanzen setzen. Wer aber etwas sparsamer ist, pflanzt sie in größeren Abständen und lässt das Dickmännchen durch das schnelle Wachstum die Lücken im Beet schließen.
Ein weiteres Beispiel ist der Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum), der sogar im trockenen Schatten sehr gut gedeiht und Ende Mai je nach Sorte hell oder kräftig rosa blüht. „Der Frauenmantel (Alchemilla mollis) samt sich aus. Deshalb pflanzt man ihn lieber etwas weiter und überlässt es den Sämlingen, die Lücken zu schließen“, erklärt Hägele das Vorgehen bei dieser Pflanze.
Natürlich gibt es eine ganze Reihe von Pflanzen, die sich rasch entwickeln und schnell Biomasse schaffen. Problematisch sei manchmal aber, dass sich das Wachstum einiger Pflanzen zugleich auch nicht einschränken lässt, erklärt Hägele. Er ist dagegen, das Wachstum eines malerischen und rasend wachsenden Gehölzes wie des Blauglockenbaums (Paulownia) durch Einschränkung der Nährstoffgaben und Schnitte zu drosseln. Auch mit der Baumschutzordnung kann man dann schon nach wenigen Jahren in Konflikt kommen, da man einen großen Baum nicht einfach fällen darf.
Hobbygärtner sollten sich folglich beim Kauf solcher Turbo-Pflanzen immer über die möglichen Konsequenzen des Wachstums informieren, gerade bei Gewächsen, die dauerhaft erhalten bleiben sollen.
Anders sei dies aber bei der Fassadenbegrünung. „Hier sind schnell wachsende Pflanzen willkommen“, findet Hägele. Gute Beispiele dafür sind Blauregen (Wisteria) und Schlingknöterich (Fallopia). „Beide Pflanzen können auf den Stock zurückgesetzt werden.“Sie lassen sich also radikal abschneiden, erklärt der Experte. Die Pflanzen treiben wieder aus und entwickeln sich erneut zu einer grünen Tapete an der Hauswand.
Pflanzen sorgen für Temperaturausgleich Turbo-Pflanzen helfen sogar dem Garten, gesund zu bleiben. Denn inzwischen werden aus Zeitmangel oftmals freie Flächen nicht mehr bepflanzt, sondern mit Kies bedeckt. Doch das kann dem Boden schaden: Sonne, Wind und Wetter greifen die Bodenstrukturen an, wenn sie brach liegen. Außerdem werden Nährstoffe ausgewaschen. „Die geschlossene Pflanzendecke schließt negative Effekte aus“, sagt Gartenbau-Ingenieur Hägele. „Der Vorteil einer Bepflanzung besteht darin, dass die Temperaturen ausgeglichener sind und die Verdunstung durch die Pflanzen das Klima in der Umgebung verbessert.“
Ein Garten wird attraktiver durch Pflanzen mit einer besonderen Ausstrahlung. So zum Beispiel durch den Etagen-Hartriegel (Cornus controversa), sagt Peter Berg, Gartenbaumeister aus Sinzig (RheinlandPfalz). Sein großes Plus: Die Äste wachsen waagrecht und stehen damit in Etagen vom Stamm ab. „Es entsteht nicht nur eine markante Wuchsform, sondern auch eine leichte Transparenz, die diesen Baum zu einem spannenden Gestaltungselement macht“, erklärt Berg.
Buchtipp: Till Hägele: „TurboPflanzen – Schnelle, effektvolle Begrünung“. BLV Verlag, München. 14 Euro. ISBN: 978-3-83541629-1.