Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Geldregen für die Stadt Ravensburg
Kommune schließt Haushaltsjahr 2016 mit einem Plus von 10,9 Millionen Euro ab – Für die Zukunft vorgesorgt
RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg hat das Haushaltsjahr 2016 mit einer unerwarteten Gesamtverbesserung von 10,9 Millionen Euro abgeschlossen. Doch wer jetzt denkt, das Geld macht aus Ravensburg eine reiche Stadt, hat sich getäuscht. Die Summe landet nicht auf dem Sparbuch und sie wird auch nicht in neue Projekte investiert. Stattdessen sind die Millionen schon so gut wie verplant.
Die Erklärung, warum die Stadt Ravensburg im Jahr 2016 mit Geld geradezu überschüttet wurde, ist laut Oberbürgermeister Daniel Rapp vielschichtig. Drei wesentliche Gründe gibt es: Erstens nahm 2016 die Einwohnerzahl im Monat durchschnittlich um 50 bis 100 Neubürger zu. Und das lag nicht nur an den Flüchtlingen, ein Großteil der Neubürger waren zugewanderte Arbeitskräfte aus Deutschland und Europa. Zudem stiegen die Geburtenzahlen.
„Anders als gedacht, werden die Ravensburger nicht immer älter und immer weniger, sondern immer jünger und immer mehr“, freut sich OB Rapp. Wie er sagt, hat Ravensburg derzeit 50 400 Bürger. Und jeder Einwohner mit Erstwohnsitz bedeutet für eine Kommune bares Geld: Pro Person gibt es vom Land 1000 Euro netto. Die Stadt Ravensburg hatte im Nachtragshaushalt 2016 damit gerechnet, vom Land 17,5 Millionen Euro zugewiesen zu bekommen. Am Ende waren es 19,1 Millionen.
Ravensburger Wirtschaft boomt Ein zweiter Grund für den Geldregen ist, dass die Konjunktur in Ravensburg boomt. „Die Wirtschaft schießt durch die Decke“, so Daniel Rapp, „und zwar in sämtlichen Sparten.“Das wiederum beschert der Stadt hohe Gewerbesteuereinnahmen: Im Jahr 2016 waren es 48,2 Millionen Euro – 9,2 Millionen mehr als bei der ursprünglichen Haushaltsplanung angenommen und 4,2 Millionen mehr als beim Nachtragshaushalt berechnet.
Zusammenhängend mit diesen beiden Entwicklungen – positive Bevölkerungsentwicklung und florierende Wirtschaft – nehmen die sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse zu. Nach Angaben des Oberbürgermeisters wächst diese Art von Arbeitsverhältnis seit dem Jahr 2010 kontinuierlich: Jedes Jahr gebe es 1000 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Die Zahl der Minijobs stagniere. Rapp: „Das schlägt sich in der Einkommenssteuer nieder.“
Insgesamt nahm die Stadt im vergangenen Jahr 9,65 Millionen Euro mehr ein als gedacht. Verzeichnet ist diese Summe im sogenannten Verwaltungshaushalt, sozusagen dem Girokonto der Stadt. Gleichzeitig konnte die Stadtverwaltung mangels „Manpower“nicht alle Projekte umsetzen, die sie sich vorgenommen hatte. „Wir haben weniger ausgegeben“, meint Rapp. Mit anderen Worten: bei den Investitionen gespart. Der Vermögenshaushalt, vergleichbar mit dem Sparbuch, hat daher für 2016 einen Überschuss von 1,25 Millionen Euro. Zusammen ergibt das ein Plus von 10,9 Millionen Euro.
Was mit dem Geld passiert, weiß Stadtkämmerer Gerhard Engele auch schon. 4,7 Millionen Euro werden dafür verwendet, den aus dem WGVVergleich noch übrigen Fehlbetrag abzuzahlen. Eine Zahlung von 6,1
„Die Ravensburger werden nicht älter und weniger, sondern jünger und mehr.“OB Daniel Rapp über die positive Bevölkerungsentwicklung
Millionen Euro wurde schon im Jahr 2015 geleistet. Somit ist die gesamte Schuld von 10,8 Millionen vorzeitig abgelöst. Der Haushalt 2017 wird davon nicht mehr betroffen sein. „Das Thema WGV ist dann durch“, kommentiert OB Rapp.
4,3 Millionen Euro will Kämmerer Engele für das Jahr 2018 zurücklegen. Zur Erläuterung: Da 2016 für Ravensburg ein gutes finanzielles Jahr war, wird die Stadt in zwei Jahren vom Land zur Kasse gebeten. „Durch die höheren Schlüsselzuweisungen und Gewerbesteuereinnahmen im Jahr 2016 fallen im Zwei-Jahres-Rhythmus in 2018 die entsprechenden gegenläufigen Zahlungen an“, schildert Engele. Für 2018 müsse bereits jetzt vorgesorgt werden, sonst komme es zu einer außerordentlichen Mehrbelastung. Laut Engele hätte das die Folge, dass die Investitionen 2018 reduziert werden müssten. „Mit Blick in die Zukunft bilden wir nun eine Rücklage, mit der die Belastungen in zwei Jahren abgefedert werden sollen,“beschreibt Engele das Vorgehen. Die restlichen 1,9 Millionen Euro werden der allgemeinen Rücklage ohne Bindung zugeführt.
12,4 Millionen Euro Schulden Ende des vergangenen Jahres hatte die Stadt Ravensburg nach Aussagen von OB Rapp 16,3 Millionen Euro auf ihrem Sparbuch. Demgegenüber standen Schulden in Höhe von 28,7 Millionen Euro. Zu einer Neuverschuldung war es in 2016 deswegen gekommen, weil die Stadt wegen der Flüchtlingskrise zinsgünstige KfWKredite aufnahm. Diese Kredite nutzte sie, um Flüchtlingsunterkünfte bereitzustellen. Den faktischen Schuldenstand von 12,4 Millionen Euro, bezeichnete der OB als „niedrig“.
Trotzdem sind keine allzu großen Sprünge drin – parallel schon gar nicht. In Zukunft soll ein Großprojekt nach dem anderen ausgeführt werden. Auf OB Rapps persönlicher Prioritätenliste stehen derzeit zwei Projekte, die er als nächstes gerne angehen würde: der Neubau einer dreigliedrigen Sporthalle und die umfassende Sanierung des Konzerthauses. Für das Jahr 2017 rechnet die Stadt Ravensburg ebenfalls mit Mehreinnahmen durch Gewerbeund Einkommenssteuer. Zudem stehen die kommunalen Beträge der Mai-Steuerschätzung noch aus. Auch hier wird es wohl zu einer Verbesserung kommen. Für die Mehreinnahmen gibt es laut OB Rapp folgende Verwendung: Die Stadt möchte vom Landkreis leer stehende Flüchtlingsunterkünfte für die kommunale Anschlussunterbringung übernehmen. Ob und welche Gebäude abgekauft oder gemietet werden, steht noch zur Debatte. Des Weiteren soll verstärkt in die Kinderbetreuung sowie die Sanierung der Ravensburger Kindertagesstätten investiert werden. Weil sich die Realisierung des Baugebiets Brachwiese in Schmalegg wegen eines Rechtsstreits verschiebt und die Einnahmen dadurch ausbleiben, sollen die prognostizierten Mehreinnahmen für 2017 diesen Verlust überbrücken. (jab)