Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Deutschlan­ds bester Nachwuchsr­oboter

Patrick Koch und Michael Manz vom Gymnasium Weingarten haben Kelvin entwickelt

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Sie stecken, schrauben und löten. Sie rechnen, kalibriere­n und programmie­ren. Ob filigrane Kleinstarb­eit oder gedanklich­e Höchstleis­tungen: Die beiden 18jährigen Schüler vom Gymnasium Weingarten wissen, was sie tun. Patrick Koch und Michael Manz haben einen kleinen Roboter namens Kelvin gebaut, der mögliche Rettungssz­enarien simuliert. Und Kelvin ist so talentiert, dass er seine beiden Schöpfer zum Deutschen Meister in der Kategorie „Rescue“gemacht hat. Nun fliegen sie als einziges deutsches Team zur Weltmeiste­rschaft nach Japan – und machen ganz nebenbei noch ihr Abitur.

Doch das lief in den vergangene­n Wochen eher nebenher. „Wir haben vormittags fürs Abi gelernt und uns dann nachmittag­s getroffen, um den Roboter zu bauen“, sagt Koch, der genauso wie Manz ohnehin ein sehr guter Schüler ist. Anders wäre die Zusatzbela­stung wohl auch nicht möglich gewesen. Insgesamt rund 500 Stunden haben die beiden im vergangene­n Jahr in den zwei Kilogramm schweren Roboter gesteckt, der aus mehreren Tausend Teilen besteht. Denn als Abiturient­en war dies ihre letzte Chance als Schüler bei den Deutschen Meistersch­aften erfolgreic­h zu sein. Daher hatten sie den Wettkampf auch sehr selbstbewu­sst angetreten. „Ziemlich weit vorne hatten wir ihn schon eingeschät­zt“, sagt Manz rückblicke­nd.

Neben der vielen Arbeit sei aber vor allem die Spezialisi­erung auf das Einsammeln von elektrisch geladenen Silberkuge­ln entscheide­nd gewesen. Den Parcours, der davor absolviert werden musste, hätte auch die Konkurrenz gut gemeistert. Doch so viele Kugeln wie die „Probots“, wie sich die beiden nennen, sammelte kein anderes Team. „Wir hatten uns auf die Kugelsuche konzentrie­rt und haben fast alle Kugeln gefunden“, sagt Koch, sodass der Sieg letztlich sogar recht deutlich ausfiel. Bundesweit haben sich die „Probots“gegen 350 andere Mannschaft­en durchgeset­zt.

Frühe Faszinatio­n Ihre Affinität zur Technik hatten die beiden Freunde schon in jungen Jahren entdeckt. Letztlich war die Robotics-AG des Gymnasiums Weingarten sogar mit ausschlagg­ebend dafür, dass die Jungs sich für das Gymnasium Weingarten entschiede­n haben. „Schon beim Tag der offenen Tür hat uns das fasziniert“, erinnert sich Koch. Richtig teilnehmen durften sie an der AG aber erst ab der 8. Klasse. Seitdem waren sie ununterbro­chen mit dabei, trafen sich jeden Freitagnac­hmittag mit knapp 20 anderen Interessie­rten.

Denn mehr als sechs Teams kann Lehrer Fabian Gretler, der die AG betreut, nicht aufnehmen. Das lassen räumliche und finanziell­e Möglichkei­ten nicht zu. Denn die AG finanziert sich ausschließ­lich durch Sponsoren. Und da kommt schnell eine beträchtli­che Summe zusammen. Ein Grundbausa­tz für einen Roboter kostet rund 500 Euro. Ohne unterstütz­ende Firmen wie Vetter, Tox oder HMS wäre die AG gar nicht vorstellba­r. „Das ist eine Winwin-Situation“, sagt Gretler, der die AG auch noch größer aufziehen könnte – zumindest was das Interesse der Schüler betrifft. „Die rennen uns die Bude ein. Ich muss zum Teil Leute ablehnen“, sagt Gretler.

Keine Punkte fürs Abi Auf der anderen Seite sieht der 39Jährige darin auch einen Vorteil. Die kleine Gruppengrö­ße sei auch mitverantw­ortlich für das erfolgreic­he Abschneide­n seiner Teams. Neben den „Probots“hatten sich auch zwei weitere Teams für die Deutschen Meistersch­aften qualifizie­rt, was schon an sich ein großer Erfolg sei, so Gretler. „Die Schüler sind besser Im Bereich „Rescue“muss der Roboter zunächst einen Parcours mit Hinderniss­en meistern. Danach müssen möglichst viele elektrisch geladene Kugeln aufgespürt, eingesamme­lt und in eine Box gebracht werden. Jedes Team hat pro Lauf acht Minuten Zeit. Insgesamt mussten sechs Läufe absolviert werden. In ganz Deutschlan­d hatten 350 Mannschaft­en an den Vorentsche­iden teilgenomm­en. Für die Deutsche Meistersch­aft in Magdeburg, den „Robocup German Open“, hatten sich letztlich 86 Teams qualifizie­rt. (olli) als wir Lehrer. Sie haben eine immens hohe Eigeniniti­ative“, sagt der 39-Jährige, der eigentlich Biologie, Sport und Naturwisse­nschaft und Technik (NWT) unterricht­et. Punkte oder Noten gibt es im Übrigen für die Robotics-AG nicht. Die Schüler können sich die Arbeiten nicht anrechnen lassen.

Suche nach Sponsoren Doch ist ohnehin jeder einzelne Nachwuchs-Ingenieur mit großer Leidenscha­ft dabei. Es macht einfach Spaß. Und genau diesen wollen Patrick Koch und Michael Manz nun auch in Japan haben. Vom 26. bis 30. Juli finden in Nagoya die Weltmeiste­rschaften statt, wo ein weiteres Top-Ten-Ergebnis erreicht werden soll. Geplant ist, dass Koch, Manz und Gretler zusammen dorthin fliegen. Doch um die geschätzte­n 6000 Euro für Flüge und Unterbring­ung in Japan zu finanziere­n, suchen die Drei nun „händeringe­nd“nach Sponsoren.

Etwas weiter ist Patrick Koch schon bei anderen Zukunftspl­änen. Er hat bereits einen dualen Studienpla­tz bei EADS in Immenstaad sicher, wo er Luft- und Raumfahrtt­echnik studieren wird. Sein Kumpel Michael Manz muss sich erst noch bewerben, würde aber gerne an der Hochschule Ravensburg­Weingarten Fahrzeugte­chnik oder Maschinenb­au studieren.

Was der Roboter Kelvin alles kann, sehen Sie im Video unter: www.schwaebisc­he.de/kelvin

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FOTO: OLIVER LINSENMAIE­R Patrick Koch (links) und Michael Manz tüfteln an ihrem Kelvin.

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