Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Bettlerhaus“wird womöglich verkauft
Ein von Rumänen bewohntes Gebäude sorgt in Dabetsweiler für Aufregung
DABETSWEILER - Das ehemalige Jugendheim in Dabetsweiler ist der Polizei längst gut bekannt: Innerhalb von zwei Jahren sind ihr zu diesem heruntergekommenen Gebäude über 40 Sachverhalte bekannt geworden, darunter Straftaten wie Bandendiebstahl oder Körperverletzung. Zuletzt führten Spuren in einem Lindauer Mordfall dorthin.
Untergebracht sind in dem Gebäude hauptsächlich Rumänen, die sich nach Einschätzung der Polizei meist mit Bettelei über Wasser halten. Für das zu Neuravensburg gehörende Dabetsweiler ist die Belastung hoch. Doch nun könnte sich eine Lösung anbahnen: Das Haus soll verkauft und umgestaltet werden.
Das Gebäude liegt etwas außerhalb des Dabetsweiler Dorfkerns an der Landstraße von Wangen nach Lindau. Einst hat es als privates Jugendheim gedient. Ab 2015 wurde die Unterkunft als Quartier möglicher Bettelbanden auffällig. Teilweise hätten bis zu 80 Menschen darin gelebt, heißt es vonseiten der Nachbarn. Die Bewohner scheinen vor allem aus einer ethnischen Minderheit in Rumänien zu stammen, wie einzelne ihrer Vertreter immer mal wieder in der Vergangenheit gesagt haben. Beobachter der Szene berichten, nach gewissen Zeiträumen wechsle die Belegschaft. Zudem ließe sich schwer trennen, wer nun wirklich dort logiere oder wer nur auf Besuch da sei.
Szenerie vor Ort wirkt trostlos Die Autos, die in den vergangenen Wochen vor dem Gebäude zu finden waren, hatten meist rumänische Kennzeichen. Teils stammten sie auch aus Bulgarien. Die Szenerie vor Ort wirkt trostlos. Hinter einer Mauer türmen sich Abfallsäcke. Auf der Hausrückseite stapelt sich Fahrradschrott. Laut den vorliegenden Informationen aus der Nachbarschaft lebt die inzwischen
ANZEIGEN alleinstehende Besitzerin des Gebäudes nach wie vor selber darin: in einer Wohnung direkt unter dem Dach. Sie hatte früher auch das Kinderheim betrieben. Später kam es offenbar zu Mietverhältnissen mit Vertretern der jetzigen Bewohnergruppen. Angaben zu diesen Umständen waren von der Frau nicht zu erhalten. Es konnte weder eine Verbindung über E-Mail oder Telefon hergestellt werden.
Hausbewohner versuchten vergeblich eine persönliche Kontaktaufnahme zu ermöglichen. Wobei der Weg hoch zur Wohnungstür durch ein Umfeld führt, das wie ein Elendsquartier wirkt. Juristische Versuche von Anliegern, mit Baurechtsfragen und feuerrechtlichen Bestimmungen gegen die gegenwärtige Nutzung des Gebäudes vorzugehen, verliefen aber nach deren Aussagen in der Vergangenheit im Sande. Sie klagen darüber, von den Behörden im Stich gelassen worden zu sein.
Kürzlich ist durchgesickert, dass die Frau ihren Besitz gerne veräußern würde. Nach unbestätigten Informationen aus dem Dorf soll der gewünschte Preis bei 770 000 Euro liegen. Offenbar hat ein nicht genannter Investor aus der Schweiz ein Interesse daran. Dieser lasse sich wiederum von einem Tettnanger Architekten vertreten, heißt es aus Insiderkreisen. Von einer Immobilienplattform im Internet ist eine Verkaufsausschreibung wieder verschwunden. Der für Dabetsweiler zuständige Ortsvorsteher Hermann Schad berichtet, dass „das Wangener Baurechtsamt inzwischen einen Bauvorbescheid erlassen hat“.
Offenbar will der Investor das bestehende Gebäude sanieren und darin Wohnungen etablieren. Nach Angaben von Schad, gesteht ihm das Baurechtsamt zehn Wohnungen zu und verlangt den Bau von 15 Parkplätzen. Mitglieder des Ortschaftsrats zeigten sich enttäuscht. Das Gremium wollte höchstens acht Wohnungen zulassen, um mehr Parkraum zu erhalten. Der Hintergrund hierzu: Das Gelände bietet nur eingeschränkt Raum für Stellplätze. Bereits in der Vergangenheit hatten sich die direkten Nachbarn sowie die Bewohner des Dabetsweiler Ortskern über die zugeparkte Straße beschwert. Die Bewohner des ehemaligen Jugendheims haben darauf immer wieder ihre Fahrzeuge abgestellt. Sie ist kaum mehr als eine Art asphaltierter Erschließungsweg.
Nachbarn haben sich auch über nächtlichen Lärm in dem betreffenden Gebäude beschwert. Im Dorf wird auch von weiteren Belästigungen durch die Bewohner berichtet. Amtlich überprüfen lässt sich dies nicht. Aktenkundig sind bei der Polizei neben den bereits oben erwähnten Fällen Ereignisse wegen Alkoholismus, Diebstahl sowie Sachbeschädigung. Zudem seien Aufenthaltsermittlungen durchgeführt und Leute für Vernehmungen in unterschiedlichen Fällen gesucht worden, teilt Markus Sauter, Sprecher des Konstanzer Polizeipräsidiums in Berufung auf die Wangener Dienststelle mit.
Im März und April war das Gebäude dann verstärkt in den Focus der Lindauer Kripo geraten. Der mutmaßliche Mord in einem ehemaligen Schrankenwärterhaus in Lindau-Zech steht hierbei im Hintergrund. Ein in Untersuchungshaft sitzender Tatverdächtiger hatte in dem Dabetsweiler Gebäude genächtigt. Ein weiterer, abgetauchter Tatverdächtiger ist womöglich nach der Tatnacht mit dem Taxi dorthin gefahren.