Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Felix Neureuther will Nachhaltiges schaffen
Deutschlands bester Slalomfahrer besucht den Skiclub Kressbronn – Kinder für den Wintersport begeistern
KRESSBRONN - Der Terminkalender des Skirennläufers Felix Neureuther ist randvoll, dennoch hat der Kressbronner Willi Schmeh Felix Neureuther samt Mutter Rosi und Vater Christian für einen Nachmittag am Bodensee gewonnen. Der 33-jährige Slalomspezialist besuchte den Skiclub Kressbronn, für rund 330 Kinder wurde das Treffen zu einem einmaligen Erlebnis, sie durften den Skistar mit Fragen löchern und bekamen Autogramme.
Felix Neureuther ist in einer Sportlerfamilie groß geworden. Mutter Rosi gewann bei den Olympischen Winterspielen in Innsbruck 1976 zweimal Gold (Abfahrt und Slalom) sowie einmal Silber (Riesenslalom). Der ganz große Wurf blieb Vater Christian im internationalen Skizirkus zwar versagt, aber zwölf deutsche Meistertitel und jeweils einen fünften Platz im Slalom bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck und 1980 in Lake Placid sprechen für sich.
Im Herbst erwarten Felix und seine Freundin, die Biathletin Miriam Gössner, ihr erstes Kind. Sie wollte deshalb nicht mit an den Bodensee reisen und tröstete sich zu Hause mit Hund Buddy.
Nachwuchs steht im Mittelpunkt Kaum einer in der Skiszene engagiert sich so für den Nachwuchs wie Felix Neureuther. Im vergangenen Winter veranstaltete er bereits zum achten Mal das „Felix Neureuther Race-Camp“, das von ihm vor neun Jahren ins Leben gerufen wurde. Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren können sich jedes Jahr aufgrund ihrer hervorragenden Ergebnisse beim DSV-S10-Cup qualifizieren und werden dafür zusätzlich mit einem Trainingswochenende mit ihrem Idol Felix Neureuther belohnt.
„Der Skirennsport ist relativ kurzlebig“, sagte Felix Neureuther, „ich wollte aber dennoch etwas Nachhaltiges schaffen.“Neureuther weiß, dass man nach einer Karriere schnell aus den Köpfen der Kinder raus ist, „das Ziel ist, den Skisport an die Kinder weiterzugeben“. Er möchte über seine Karriere hinaus möglichst viele Kinder für diesen tollen Sport begeistern, „und deshalb engagiere ich mich gerne“. Wie entstand diese Idee? „Ich musste schon immer aufgrund meines Körpers anders trainieren“, sagte Neureuther, „musste viele Übungen mit Koordination paaren, was auch für Kinder sehr wichtig ist.“Kinder wären immer mit Begeisterung bei der Sache. Er, Neureuther, fühle sich da immer in seine eigene Kindheit zurückversetzt, „da gab es auch Tage, da tat mir der Rücken weh, ich hatte keine Lust zu trainieren, hab dann aber trotzdem Sport getrieben“. Kinder wären einfach gestrickt, „man kann sie begeistern, wenn sie aber etwas nicht mögen, dann sagen sie es dir ins Gesicht“.
Ein weiteres Projekt von Felix Neureuther heißt: Beweg dich schlau. „Wir gehen raus in Kindergärten und Schulen und in Zukunft auch in die Kitas“, sagte Neureuther. Man wolle Lehrer ausbilden und mit Materialien versorgen. Die Kinder sollten nicht nur mit Schulstoff voll gestopft werden, sondern sich nebenbei auch noch mehr bewegen. Davon profitierten letztendlich alle. Wer sich viel bewege, könne sich besser konzentrieren. „Ich habe das selbst an mir gemerkt“, sagte Neureuther, „produzierte nach und nach viel weniger Ausfälle.“Freud und Leid liegen beim Skifahren nun mal oft eng beieinander, „du musst die Stange millimetergenau treffen“, weiß der Skirennläufer aus eigener Erfahrung. Er könne heute Leistung abrufen, wenn es darauf ankomme. Kultusministerien und Politik seien in seine Projekte involviert. Eine große Versicherung als Sponsor habe man auch an der Hand.
Medaille bei Olympia Ein ganz großes Ziel hat der 33-jährige Felix Neureuther aber noch vor Augen. Eine Medaille bei den Olympischen Winterspielen in der südkoreanischen Stadt Pyeongchang nächstes Jahr im Februar. Es wäre der krönende Abschluss einer großartigen Karriere des sympatischen Garmisch-Partenkircheners. Dann heißt es wieder Hirscher gegen Neureuther. Auf die Frage, ob ihn mit seinem österreichischen Dauerrivalen Marcel Hirscher eine tiefe Freundschaft verbinde antwortete Neureuther: „Die Freundschaft hört immer dann auf, wenn er vor mir liegt.“Beide würden unheimlich voneinander profitieren. „Wir pushen uns gegenseitig auf ein Level.“Es würde immer einen geben, mit dem man sich messe. „Bei meiner Mama war das damals Annemarie Moser-Pröll, bei meinem Papa Ingemar Stenmark“, sagte Neureuther.
Nach seiner Karriere wird sich Felix Neureuther weiter in die Nachwuchsförderung einbringen. „Bei mir ist selber Nachwuchs auf dem Weg, ich möchte das gerne weitermachen“, sagte Neureuther. 400 000 Kinder nehmen an seinen Projekten in Deutschland teil, „das wollen wir in den nächsten Jahren ausweiten“. Für den Skiclub Kressbronn und den 18-jährigen Nachwuchsfahrer Anton Grammel, der im DSV-C-Kader Europacuprennen bestreitet und auf dem Sprung in den B-Kader steht, war das ein unvergessliches Wochenende.