Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Er weiß nicht, was er tut
Rein rechtlich bewegt sich Donald Trump auf sicherem Boden. Hält es der US-Präsident für richtig, im Gespräch mit ausländischen Emissären Geheimnisse auszuplaudern, dann liegt es allein in seinem Ermessen, selbst wenn es sich um die Emissäre einer einst verfeindeten Supermacht handelt – und in diesem Fall handelt es sich um keine geringere Macht als Russland. Beschließt er, seinen FBI-Direktor zu feuern, gibt es nichts, was ihn daran hindern könnte.
Die Machtbefugnisse des Mannes im Oval Office sind in der Tat sehr groß. Nur beruht die Architektur des politischen Systems eben auf der Annahme, dass dort jemand sitzt, der im Großen und Ganzen weiß, was er da tut. Trump dagegen hat in knapp vier Monaten im Amt nur selten bewiesen, dass auch er das Kompetenzkriterium erfüllt.
Wenn er Geheiminformationen aus nahöstlichen Quellen an Russland weitergab, liegt der Verdacht nahe, dass er schlicht nicht wusste, welch sensibles Terrain er damit betrat. Partner der Amerikaner, darauf vertrauend, dass unter Verschluss bleibt, was sie intern an Erkenntnissen liefern, könnten sich fortan überlegen, ob sie das Weiße Haus tatsächlich in ihre geheimdienstlichen Erkenntnisse einweihen.
Trump, das ist die Crux, scheint die Folgen seines Handelns in keiner Weise zu überblicken. Wenn stimmt, was amerikanische Zeitungen berichten, prahlte er gegenüber seinen russischen Gästen, als stünde er auf einem Golfplatz und brüste sich vor Geschäftsfreunden mit seinem Immobilien-Portfolio. Die gedankliche Wende von der Welt des Häuserpreispokers hin zur Welt der Politik mit all ihrer komplizierten Vielschichtigkeit hat er offenbar noch nicht vollzogen, der Meister der populistisch verkürzten Reklamezeile.
Ob ihm diese Wende jemals gelingt, daran zweifeln inzwischen sogar manche seiner Parteifreunde in den USA. Es ist kein Wunder, dass sogar Donald Trumps treuer Gefolgsmann Paul Ryan, der Chef des Abgeordnetenhauses, nun Aufklärung forderte – und zwar vom Präsidenten selbst.