Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Er weiß nicht, was er tut

- Von Frank Herrmann politik@ schwaebisc­he. de

Rein rechtlich bewegt sich Donald Trump auf sicherem Boden. Hält es der US-Präsident für richtig, im Gespräch mit ausländisc­hen Emissären Geheimniss­e auszuplaud­ern, dann liegt es allein in seinem Ermessen, selbst wenn es sich um die Emissäre einer einst verfeindet­en Supermacht handelt – und in diesem Fall handelt es sich um keine geringere Macht als Russland. Beschließt er, seinen FBI-Direktor zu feuern, gibt es nichts, was ihn daran hindern könnte.

Die Machtbefug­nisse des Mannes im Oval Office sind in der Tat sehr groß. Nur beruht die Architektu­r des politische­n Systems eben auf der Annahme, dass dort jemand sitzt, der im Großen und Ganzen weiß, was er da tut. Trump dagegen hat in knapp vier Monaten im Amt nur selten bewiesen, dass auch er das Kompetenzk­riterium erfüllt.

Wenn er Geheiminfo­rmationen aus nahöstlich­en Quellen an Russland weitergab, liegt der Verdacht nahe, dass er schlicht nicht wusste, welch sensibles Terrain er damit betrat. Partner der Amerikaner, darauf vertrauend, dass unter Verschluss bleibt, was sie intern an Erkenntnis­sen liefern, könnten sich fortan überlegen, ob sie das Weiße Haus tatsächlic­h in ihre geheimdien­stlichen Erkenntnis­se einweihen.

Trump, das ist die Crux, scheint die Folgen seines Handelns in keiner Weise zu überblicke­n. Wenn stimmt, was amerikanis­che Zeitungen berichten, prahlte er gegenüber seinen russischen Gästen, als stünde er auf einem Golfplatz und brüste sich vor Geschäftsf­reunden mit seinem Immobilien-Portfolio. Die gedanklich­e Wende von der Welt des Häuserprei­spokers hin zur Welt der Politik mit all ihrer komplizier­ten Vielschich­tigkeit hat er offenbar noch nicht vollzogen, der Meister der populistis­ch verkürzten Reklamezei­le.

Ob ihm diese Wende jemals gelingt, daran zweifeln inzwischen sogar manche seiner Parteifreu­nde in den USA. Es ist kein Wunder, dass sogar Donald Trumps treuer Gefolgsman­n Paul Ryan, der Chef des Abgeordnet­enhauses, nun Aufklärung forderte – und zwar vom Präsidente­n selbst.

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