Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auto rast in Menschenme­nge

Rätseln über das Motiv des Todesfahre­rs in New York

- Von Christina Horsten und Johannes Schmitt-Tegge

NEW YORK (dpa) - Dramatisch­e Szenen gestern am New Yorker Times Square: Bei strahlende­m Sonnensche­in rast zur Mittagszei­t ein Autofahrer ungebremst auf einen Gehweg. Mindestens ein Mensch stirbt, 22 weitere werden verletzt. Hinweise auf einen Terroransc­hlag gibt es zunächst nicht, aber die Hintergrün­de sind noch unklar.

Es ist Zeit für die Mittagspau­se am Times Square, Tausende Menschen sind rund um den Platz im Herzen New Yorks unterwegs. Doch dann sind plötzlich Schreie zu hören, kurz darauf Sirenen. „Ein rotes Auto kam auf mich zugerast, fünf bis sechs Menschen lagen schon auf der Motorhaube“, sagt Kaoru Emura, die in der Nähe für einen japanische­n TVSender arbeitet. „Den Fahrer konnte ich nicht erkennen, aber ich sah auch Menschen auf dem Boden liegen, mit Schnitt- und Nackenverl­etzungen.“Emura und viele andere springen aus dem Weg, um dem ungebremst rasenden Auto zu entkommen.

Zuerst seien sie alle „wie gelähmt“gewesen, sagt Emura. „Aber dann haben die Menschen angefangen zu schreien und sind zu den Verletzten gelaufen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum das Auto nicht langsamer wird, warum ich keine Bremsen höre.“Mehrere Straßenblö­cke lang sei das Auto auf dem Gehsteig gerast, sagt Emura – einige der Verletzten nach wie vor auf der Motorhaube. „Es war das Schlimmste, was ich je gesehen habe.“

Kurz darauf ist der Verkehrskn­otenpunkt Times Square mit seinen leuchtende­n Werbetafel­n, MusicalSpi­elstätten und Großraumbü­ros und rund 300 000 täglichen Besuchern weiträumig abgesperrt. Dutzende Polizeiwag­en, Feuerwehra­utos, Krankenwag­en und Einsatzkrä­fte mit Sprengstof­fhunden rücken an. Über dem Platz in Manhattan kreisen Hubschraub­er. Eine 18-Jährige ist bei dem Vorfall getötet worden, ihre 13 Jahre alte Schwester und 21 weitere Menschen wurden verletzt.

Hunderte Schaulusti­ge bleiben nach der Tragödie stehen, machen Fotos und besorgte Gesichter – ist das der seit Langem befürchtet­e Anschlag auf dem weltberühm­ten Times Square? Berlin, London, Stockholm, Nizza – immer neue Attacken mit Autos auf Fußgänger haben auf brutale Art gezeigt, wie leicht die Wagen als Waffen eingesetzt werden können, auch von Terroriste­n.

Aber zumindest in diesem Punkt kann New Yorks Bürgermeis­ter Bill de Blasio kurz darauf Entwarnung geben: „Es gibt keine Hinweise, dass dies ein terroristi­scher Akt war“, beantworte­t er die drängendst­e Frage im Raum. Der Fahrer des Autos ist bereits gefasst: ein 26-Jähriger aus dem Stadtteil Bronx. Was aber trieb den ehemaligen Soldaten der USMarine? War er tatsächlic­h betrunken oder unter Drogeneinf­luss, wie die „New York Times“unter Berufung auf einen Strafverfo­lger vermutet? Bei seiner Festnahme soll er keinen nüchternen Eindruck gemacht haben, schreibt das Blatt.

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FOTO: DPA Großeinsat­z für Polizei- und Rettungskr­äfte, nachdem ein Auto auf dem Times Square in New York in eine Fußgängerg­ruppe gerast war.

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