Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Auto rast in Menschenmenge
Rätseln über das Motiv des Todesfahrers in New York
NEW YORK (dpa) - Dramatische Szenen gestern am New Yorker Times Square: Bei strahlendem Sonnenschein rast zur Mittagszeit ein Autofahrer ungebremst auf einen Gehweg. Mindestens ein Mensch stirbt, 22 weitere werden verletzt. Hinweise auf einen Terroranschlag gibt es zunächst nicht, aber die Hintergründe sind noch unklar.
Es ist Zeit für die Mittagspause am Times Square, Tausende Menschen sind rund um den Platz im Herzen New Yorks unterwegs. Doch dann sind plötzlich Schreie zu hören, kurz darauf Sirenen. „Ein rotes Auto kam auf mich zugerast, fünf bis sechs Menschen lagen schon auf der Motorhaube“, sagt Kaoru Emura, die in der Nähe für einen japanischen TVSender arbeitet. „Den Fahrer konnte ich nicht erkennen, aber ich sah auch Menschen auf dem Boden liegen, mit Schnitt- und Nackenverletzungen.“Emura und viele andere springen aus dem Weg, um dem ungebremst rasenden Auto zu entkommen.
Zuerst seien sie alle „wie gelähmt“gewesen, sagt Emura. „Aber dann haben die Menschen angefangen zu schreien und sind zu den Verletzten gelaufen. Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum das Auto nicht langsamer wird, warum ich keine Bremsen höre.“Mehrere Straßenblöcke lang sei das Auto auf dem Gehsteig gerast, sagt Emura – einige der Verletzten nach wie vor auf der Motorhaube. „Es war das Schlimmste, was ich je gesehen habe.“
Kurz darauf ist der Verkehrsknotenpunkt Times Square mit seinen leuchtenden Werbetafeln, MusicalSpielstätten und Großraumbüros und rund 300 000 täglichen Besuchern weiträumig abgesperrt. Dutzende Polizeiwagen, Feuerwehrautos, Krankenwagen und Einsatzkräfte mit Sprengstoffhunden rücken an. Über dem Platz in Manhattan kreisen Hubschrauber. Eine 18-Jährige ist bei dem Vorfall getötet worden, ihre 13 Jahre alte Schwester und 21 weitere Menschen wurden verletzt.
Hunderte Schaulustige bleiben nach der Tragödie stehen, machen Fotos und besorgte Gesichter – ist das der seit Langem befürchtete Anschlag auf dem weltberühmten Times Square? Berlin, London, Stockholm, Nizza – immer neue Attacken mit Autos auf Fußgänger haben auf brutale Art gezeigt, wie leicht die Wagen als Waffen eingesetzt werden können, auch von Terroristen.
Aber zumindest in diesem Punkt kann New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio kurz darauf Entwarnung geben: „Es gibt keine Hinweise, dass dies ein terroristischer Akt war“, beantwortet er die drängendste Frage im Raum. Der Fahrer des Autos ist bereits gefasst: ein 26-Jähriger aus dem Stadtteil Bronx. Was aber trieb den ehemaligen Soldaten der USMarine? War er tatsächlich betrunken oder unter Drogeneinfluss, wie die „New York Times“unter Berufung auf einen Strafverfolger vermutet? Bei seiner Festnahme soll er keinen nüchternen Eindruck gemacht haben, schreibt das Blatt.