Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Aus Flüchtlingen werden Beitragszahler
Die Firma IDS beschäftigt in der Region mittlerweile 85 Flüchtlinge – Vertrag in Ravensburg unterzeichnet
ATTENWEILER/RAVENSBURG (rex/ vok) - Begonnen hatte es als Experiment im Herbst 2015: Die Firma IDS aus Attenweiler im Kreis Biberach stellte Flüchtlinge als Hilfskräfte ein. Mittlerweile arbeiten mehr als 80 Flüchtlinge bei der Firma. Am Donnerstag wurde am Ravensburger Standort von IDS der erste Ausbildungsvertrag unterschrieben. Die Geschäftsleitung feierte mit Mitarbeitern und Politikern unter anderem auch die Inbetriebnahme der neuen Lackieranlage in Ravensburg.
Die Industrie-Dienstleistung Süd wurde 1996 mit dem Schwerpunkt Maschinenwartung, Reinigung und Markierungsarbeiten gegründet. Seither hat sich das Unternehmen IDS zum spezialisierten Anbieter für den süddeutschen Mittelstand entwickelt. An vier Standorten arbeiten 700 Mitarbeiter, der Jahresumsatz beläuft sich auf 20 Millionen Euro. Laut Geschäftsführer Markus Winter hätten 75 Prozent des Personals einen Migrationshintergrund. Die Firma hatte Erfahrung mit Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsländern, daher beschloss die Geschäftsleitung, Flüchtlinge mit regulären Arbeitsverträgen zu beschäftigen.
Modell des Landkreises Biberach Zwischenzeitlich arbeiten Menschen aus Afrika, Syrien und Afghanistan in Voll- und Teilzeit in unterschiedlichen Niederlassungen. IDS beschäftigt auch Flüchtlinge, die noch keine Anerkennung als Asylbewerber haben. Dies ist möglich durch ein besonderes Modell, das der Landkreis Biberach gemeinsam mit der Agentur für Arbeit anbietet: Ein Flüchtling, der eine Arbeitsstelle hat und gegen den keine ausländerrechtlichen Vorbehalte vorliegen, erhält eine befristete und auf den Betrieb beschränkte Arbeitserlaubnis. Der bürokratische Aufwand ist laut Markus Winter gering. Nach drei Wochen lägen die erforderlichen Genehmigungen vom Landratsamt und der Ausländerbehörde vor.
Die Flüchtlinge seien für den Betrieb ein Gewinn. Die Mehrheit von ihnen sei hoch motiviert und wissbegierig. Die Arbeit gebe den Menschen wieder ihre Würde. Sie mache aus Flüchtlingen sozialversicherte Beitragszahler. Natürlich sei es eine Herausforderung, mit den unterschiedlichen Kulturen klarzukommen. Die meisten Flüchtlinge kommen aus autoritär geführten Gesellschaften, auch die Betriebe sind hierarchisch strukturiert. Die Betriebsleitung ist da gefordert mit klaren Ansagen.
Erster Ausbildungsvertrag Vergangene Woche unterzeichnete der 85. Flüchtling in Oggelsbeuren seinen Arbeitsvertrag. Am Standort Ravensburg kam gestern dann der erste Ausbildungsvertrag mit einem Flüchtling zustande. Den unterzeichnete H. Alhanafi im Beisein von Rainer Fleck (Fertigungsleitung IDS). Alhanafi wird ab September seine Ausbildung bei IDS beginnen. Unter den Gästen waren auch Landtagsabgeordneter August Schuler und Bundestagskandidat Axel Müller von der CDU.