Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Grubauer ist zu wenig
Heim-WM endet für Deutschland trotz toller Paraden im Viertelfinale – Kanada zu stark
KÖLN (SID/dpa) Deutschlands Eishockey-Party ist beendet, das WMMärchen von 2010 bleibt unerreicht. Bis zur Schlusssirene durften Leon Draisaitl und Co. zwar vom Eishockey-Wunder träumen, doch am Ende war der Olympiasieger und Titelverteidiger zu stark. Trotz eines überragenden Torhüters Philipp Grubauer unterlag die deutsche Nationalmannschaft im WM-Viertelfinale von Köln dem Titelverteidiger Kanada mit 1:2 (0:1, 0:1, 1:0). Vor 16 653 Zuschauern in der überraschend nicht ausverkauften Kölner Arena konnte der aus Villingen stammende Stürmer Yannic Seidenberg zwar verkürzen (54. Minute) und ließ in der Schlussphase auf die Sensation hoffen. Doch die Treffer von Mark Scheifele (18.) und Jeff Skinner (39.) reichten dem 26-maligen Weltmeister zum 33. Sieg im 36. WM-Duell.
„Wollten die Partie noch drehen“„Wir kannten die Klasse der Kanadier, aber wir haben es ihnen auch zu einfach gemacht“, sagte der Torschütze bei Sport1: „Wir haben die Scheibe viel zu schnell hergegeben. Die Enttäuschung ist groß, wir wollten die Partie noch drehen.“
2010 war die DEB-Auswahl noch durch ein 1:0 gegen die Schweiz bis ins Halbfinale vorgedrungen. Diesmal spielte das deutsche Team jedoch zu nervös und leistete sich zu viele Aussetzer. Auch der nachnominierte NHL-Jungstar Leon Draisaitl zeigte das schwächste seiner drei WM-Spiele. Und doch kann die WM als Erfolg verbucht werden: Deutschland schloss das Turnier als Achter ab und verbesserte sich in der Weltrangliste erstmals seit sechs Jahren wieder auf den achten Platz.
NHL-Goalie Grubauer hielt die Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm mit zahlreichen Paraden lange im Spiel, konnte die Pleite aber am Ende auch nicht verhindern. Kanada trifft im Halbfinale am Samstag (19.15 Uhr/Sport1) auf Rekordweltmeister Russland.
Wie beim 4:3-Penalty-Krimi gegen Lettland bildete Draisaitl von den Edmonton Oilers wieder mit den Nürnbergern Yasin Ehliz und Patrick Reimer die Paradereihe. Sein Vater Peter, beim letzten WM-Sieg gegen die Ahornblätter 1996 in Wien (5:1) auf dem Eis, war bei Sport1 optimistisch: „Ich bin mir sicher, dass die Truppe ein großes Spiel machen wird. Es wird ein großer Eishockeyabend.“
Doch die deutsche Mannschaft begann sehr nervös und geriet schnell unter enormen Druck. Einzig Grubauer verhinderte einen frühen Rückstand. Seine größte Tat: Als Ryan O'Reilly frei vor ihm abzog, fischte er mit der Fanghand den Puck aus der Luft (4.). Erst allmählich kämpfte sich das Sturm-Team ins Spiel.
Die erste Strafzeit brachte jedoch das 0:1: DEL-Rekordtorjäger Reimer saß in der Kühlbox, als Scheifele Grubauer aus kurzer Distanz keine Chance ließ. Nur wenige Sekunden später hatte Yannic Seidenberg den Ausgleich auf dem Schläger, doch nach einem harten Pass von Kapitän Christian Ehrhoff lenkte er die Scheibe am Tor vorbei. „Wir müssen konsequenter spielen“, forderte NHLVerteidiger Dennis Seidenberg, der Bruder des späteren Torschützen, in der ersten Pause, „wir tun uns sehr schwer, aus unserem Drittel zu kommen.“
Aber auch im zweiten Abschnitt verbrachte die DEB-Auswahl die meiste Zeit in der eigenen Zone. Dank Grubauers Paraden blieb die Partie jedoch bis kurz vor der zweiten Pause offen, dann traf Skinner im Nachschuss zum 0:2. Bezeichnend: Erst drei Sekunden vor der Sirene feuerte die deutsche Mannschaft den einzigen Torschuss im zweiten Drittel ab.
Als zweiter Torwart kehrte Thomas Greiss zurück. Der 31-Jährige von den New York Islanders, der mit einigen Likes zu Beiträgen auf Instagram, auf denen unter anderem Hillary Clinton mit Hitler verglichen wurde, für Wirbel gesorgt hatte, hatte in den zwei Spielen zuvor wegen einer Oberkörperverletzung gefehlt.
Tore: 1:0 Scheifele (17:11), 2:0 Skinner (38:08), 2:1 Seidenberg (53:21). – Zuschauer: 16 653. – Strafminuten: Kanada 8 - Deutschland 8 plus 10 Disziplinar (Wolf).