Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ludwigsburg foult, Ulm erreicht Halbfinale
Augustine Rubit ragt beim 91:81 heraus – Riesen-Coach Patrick sieht Rot
NEU-ULM – „We are one“, brüllten die 6000 Ulmer Fans in der Ratiopharm-Arena inbrünstig vor der Partie. „Wir sind eins, wir halten zusammen, wir sind unzertrennlich“, sollte das heißen. Und Mut machen, denn ihre Basketballer hatten eine Mission zu erfüllen: Es hieß, einen Rivalen zu besiegen, der die Ulmer inklusive Pokal und Hauptrunde bereits vier Mal geschlagen hatte: Die Riesen aus Ludwigsburg. Auf den größten Riesen der Riesen, den 2,06 Meter großen und 125 Kilo schweren Center Jack Cooley, zuletzt äußerst erfolgreich, hatten es die Ulmer mit ihrer Einheit besonders abgesehen. „Ich weiß, dass ich der beste Big Man der Liga bin. Wenn wir wieder so spielen, werden wir gewinnen“, hatte Cooley vor dem finalen Viertelfinale getönt. Ulms Trainer Thorsten Leibenath hatte ein probates Gegenmittel erkannt: „Wir müssen ihn kollektiv ausboxen.“
Am Ende von 40 hitzigen Minuten darf man bilanzieren: Das Manöver ist den Ulmern geglückt, nach dem 91:81 (55:39) steht der souveräne Hauptrundensieger nach einer eher unsouveränen Play-off-Viertelfinalserie im Halbfinale. Nächster Gegner ist nun Oldenburg, das Bayreuth eliminierte. Der Spieltermin für das erste Halbfinalspiel in der Ratiopharm-Arena wurde von der Liga kurzfristig von Samstag auf Sonntag, 15 Uhr geändert.
Wie im zweiten Heimspiel glückte den Ulmern am Donnerstag ein Traumstart. Dank einer griffigen Defense und einer traumhaften Wurfquote – 70 Prozent der Zweierwürfe im ersten Viertel landeten im Korb – lagen sie nach fünf Minuten mit 15:6 vorn. Ludwigsburg glückte binnen zwei Minuten ein 9:0-Konter, danach aber konnte sich Ulm wieder auf 23:17 absetzen – angetrieben von Spielmacher Per Günther, der bereits nach 15 Minuten zehn Zähler sammelte, MVP Raymar Morgan und Augustine Rubit. Cooley stand wie so oft nicht in der Starting five der Riesen, aber das ist nur eine Formalie, dafür kam er später umso stärker und war mit acht Punkten der Garant dafür, dass Ludwigsburg das Spiel bis zum 35:35 ausgeglichen gestaltete. Morgan, selbst immerhin 2,05 Meter hoch, kassierte früh zwei Fouls gegen ihn.
Dann allerdings, nach dieser 17. Minute, kippte das Spiel: Cooley kassierte selbst zwei Fouls, das zweite zu seinem Unverständnis gegen Rubit, aber er hatte nun einmal an ihm gezerrt. Ludwigsburg spielte an der Grenze zur Unfairness, oder, um es gnädig zu formulieren, eher physisch. Ulm dagegen blieb cool, verwandelte die Freiwürfe und durch Casey Prather auch einen wichtigen Dreier zum 47:39. Ludwigsburgs Trainer John Patrick wütete ob der Schiedsrichterentscheidungen, kassierte erst ein technisches Foul und dann sogar Rot, und steckte damit sein Team an. Auch Clifford Hammonds bekam nach einer Attacke gegen Rubit ein technisches und sportliches Foul aufgebrummt, wieder drei Freiwürfe für Ulm inklusive Ballbesitz. In der letzten Sekunde glückte Babb noch ein Dreier aus zehn Metern – das Ende einer 13:0Serie. Acht Punkte davon in den 8,7 Sekunden vor der Sirene. Mit 55:39 gingen die Ulmer in die große Pause. 18:7 lautete die Foul-Bilanz zugunsten (respektive zu ungusten) Ludwigsburgs, der klare Knackpunkt, den vor allem Rubit (8 von 9 verwandelten Freiwürfen, 18 Punkte zur Halbzeit) auszunutzen wusste.
John Patrick insistierte zwar in der Pause gestenreich bei den Schiedsrichtern und legte unter den wütenden Pfiffen der Ulmer Fans Protest ein. „Ich hab’ mich ganz höflich beschwert, ganz normalen Protest eingelegt und gefragt, ob man auch bei Rubit einmal die Schritte zählen könnte. Ich hätte mir gewünscht, dass die Partie auf dem Spielfeld entschieden wird“, sagte er später.
Spätestens nach den Dreiern von Chris Babb zum 62:42 (22.) war die Messe gelesen. Die Gäste dezimierten sich weiter selbst: Auch ihr Ass David Kennedy wurde disqualifiziert, er hatte erst Babb leicht geboxt, dann gegen den Referee gewettert und schließlich den Ball weggepfeffert. Ulm zog auf 70:46 davon (25.). Allerdings bewiesen die Gäste Moral und verkürzten noch einmal auf 66:80 und sogar 79:85. Die UImer brachten den Sieg aber über die Zeit – und gleich fünf trafen zweistellig: Rubit (23), Babb (16), Morgan (15), Günther (12) und Prather (10). Leibenath war erleichtert: „Wir haben die Serie verdient gewonnen. Am Ende waren wir ein wenig kopflos, aber wir wären nicht Ulm, wenn da nicht ein bisschen Drama dabei wäre.“