Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Londoner Selbstdars­teller

- Von Christoph Plate

Der Gründer von Wikileaks, Julian Assange, ist in allererste­r Linie ein Selbstdars­teller. Demut ist nicht seine Sache, stets sieht er sich von Gegnern umstellt, die ihm und seiner Sache nur Böses wollen. Was aber seine Sache und die der selbsterna­nnten Enthüllung­splattform Wikileaks ist, bleibt bis heute verborgen. Kritischen Datenjourn­alismus kann man nur betreiben, wenn man Wichtiges von Unwichtige­m trennt, nicht wenn es darum geht, massenhaft Material zu publiziere­n, das andere brüskiert.

Die von Chelsea Manning gestohlene­n Geheimdoku­mente aus dem Irakkrieg offenbarte­n seinerzeit, wie grausam auch die Amerikaner diesen Krieg führten. Doch gleichzeit­ig wurden Hunderte, wenn nicht Tausende Iraker enttarnt, die für westliche Dienste arbeiteten.

Die massenhaft­e Veröffentl­ichung, ohne dass zuvor sensible Informatio­nen gefiltert worden wären, ist kein Journalism­us, sondern eine Schlammsch­lacht. Dass Assange sich bis heute als Robin Hood gegen vermeintli­ch böse Mächte aufspielen kann und ihm viele dafür applaudier­en, spricht vor allem für sein Talent zur Selbstverm­arktung.

c.plate@schwaebisc­he.de

zufügten. Clinton war während der ursprüngli­chen Wikileaks-Veröffentl­ichungen Außenminis­terin und hat sich Assange wegen ihrer harten Haltung zum Feind gemacht. Hingegen darf sich der Gefangene im Hans Crescent als Verbündete­r von USPräsiden­t Donald Trump fühlen. Schließlic­h hatte Trump einst öffentlich „Ich liebe Wikileaks” verkündet.

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