Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Der Lieblingspräsident der Deutschen kommt
6000 Polizisten für ein Halleluja – Barack Obama beim Evangelischen Kirchentag in Berlin – Gemeinsamer Auftritt mit Angela Merkel
BERLIN - Yes, he comes. Der frühere US-Präsident Barack Obama kommt vier Monate nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus nach Berlin. Er will an Christi Himmelfahrt am Brandenburger Tor zusammen mit Kanzlerin Angela Merkel auf dem Evangelischen Kirchentag auftreten und über die Werte in der Politik reden.
Mit Blick auf den Terroranschlag in Manchester wird der Kirchentag in der Hauptstadt besonders gut gesichert, zumal noch andere Großveranstaltungen geplant sind. „6000 Polizisten für ein Halleluja“titelte der Rundfunk Berlin-Brandenburg im Vorfeld. Denn die 100 000 Kirchentagsbesucher werden sich mit den Fans des DFB-Pokalfinales mischen, und dann kommt ja noch Obama.
Von der Toscana aus, wo der ExPräsident derzeit mit seiner Frau Michelle Urlaub macht, reist Obama nach Deutschland, um am Brandenburger Tor mit Merkel zu debattieren. 80 000 Zuschauer können das im Fernsehen übertragene Event vor Ort mitverfolgen. Obama gilt als Publikumsmagnet. Und er bringt dem Kirchentag zweifelsohne einen Glamourfaktor.
Für Merkel sind das im beginnenden Wahlkampf höchst willkommene Bilder. Glanz, Macht und Kirche vereint in Berlin. Manche Politiker der Linken kreiden es dagegen der Kanzlerin an, den Kirchentag für ihre Zwecke zu nutzen. Schließlich hätte Obama auch gut in Wittenberg auftreten können, wohin er ursprünglich eingeladen war. Doch es kam anders.
Barack Obama ist, so ganz anders als sein Nachfolger Trump, ein bekennender Merkel-Fan. „Wenn ich Deutscher wäre, wäre ich Merkel-Anhänger“, sagte er bei seinem letzten offiziellen Besuch in Deutschland. Berlin hatte für ihn immer schon eine besondere Bedeutung. Wenn man eine friedliche Welt wolle, müsse man sich Berlin anschauen, sagte Obama.
Wie ein zweiter Kennedy Und doch ließ Merkel ihn 2008 während seines Präsidentschaftswahlkampfs erst einmal nicht in Berlin auftreten. Damit durchkreuzte sie damals Obamas Pläne, vor der Hauptstadt-Kulisse wie ein zweiter Kennedy, wie ein Hoffnungsträger zu wirken. Doch Obama schaffte es auch ohne Merkel an der Siegessäule, die Menschen zu bewegen.
Vier Jahre später trat er dann als gewählter US-Präsident am Brandenburger Tor auf und wurde bejubelt. Zweimal waren es große, sommerliche Auftritte in Berlin, bei denen es große Worte von Obama gab und den Aufruf, die Welt könne besser werden. Jetzt, beim Kirchentag zum Reformationsjubiläum, wird er über das Thema reden: „Engagiert Demokratie gestalten – zu Hause und in der Welt Verantwortung übernehmen“. Obama kann gut Gefühle vermitteln, Hoffnungen wecken. Das hat er bei seinen früheren Auftritten gezeigt. Jedoch wird er sich diesmal auf dem Kirchentagspodium vielleicht auch kritischen Fragen stellen müssen.
Der Applaus wird ihm trotzdem ziemlich sicher sein, denn die meisten Deutschen halten angesichts von Obamas Nachfolger Donald Trump die alte Weisheit „Was Besseres kommt selten nach“für bewahrheitet. Angela Merkel wird an diesem Donnerstag sogar beide US-Präsidenten treffen. Morgens Obama, abends Trump auf dem G7-Gipfel.
Bei aller Harmonie mit Barack: Eines trennt Obama von Merkel. Dass die Amerikaner nur zwei Amtszeiten ihres Regierungschefs zulassen, hält er für klug. „Frische Spieler, frischere Beine“, sagte Obama einmal. In diesem Punkt wird Merkel, die gerade ihre vierte Amtszeit anstrebt, nicht so ganz mit ihm übereinstimmen.