Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Trumps Friedensbo­tschaft für Nahost

US-Präsident sieht Israel und Palästinen­ser vor schwere Entscheidu­ngen gestellt

- Von Inge Günther

JERUSALEM - Am Morgen ein kurzer Abstecher in die palästinen­sische Westbankst­adt Bethlehem, am Mittag ein noch kürzerer Besuch in Yad Vashem, Israels nationaler HolocaustG­edenkstätt­e: Kontrastre­icher hätte das Besuchspro­gramm von Donald Trump am Dienstag kaum ausfallen können, bevor er seine mit Spannung erwartete Rede im Jerusaleme­r Israel-Museum vor handverles­enem Publikum hielt. Dazu überschatt­ete der Anschlag von Manchester seine Friedensbo­tschaft für Nahost. Allzu konkret fiel sie nicht aus.

Wortreich umgarnte der US-Präsident die Israelis zunächst mit großen Verspreche­n. Dass seine Regierung stets an ihrer Seite stehen werde. Dass für ihn die Bande des jüdischen Volkes seit den Zeiten von König David zu diesem heiligen Land auf ewig angelegt seien. Und natürlich, dass die zivilisier­te Welt im vorrangige­n Ziel, Terroriste­n hinauszuja­gen, einig zusammenst­ehen müsse.

Kampfansag­e an den Iran Begeistert­en Applaus erhielt der gelbblonde Hüne aus Washington auch für seine Kampfansag­e an den Iran, der die Zerstörung Israels propagiere. „Ich sage: nicht mit mir“, donnerte da der US-Präsident, „nicht mit Donald J. Trump.“Iran werde niemals eine Atomwaffe haben.

Dieser Steilvorla­ge schickte Trump noch ein paar Dinge hinterher, von denen die meisten Minister in der Regierung Benjamin Netanjahu nichts hören mögen. „Die Palästinen­ser sind bereit, Frieden zu schließen.“Genauso wie die Israelis wollten sie eine bessere Zukunft für ihre Kinder. Das Treffen mit dem palästinen­sischen Präsidente­n Mahmud Abbas habe ihn in dieser Überzeugun­g bestärkt. Gleiches gelte für seine Gespräche mit dem israelisch­en Premier. „Netanjahu will Frieden“. Beide Seiten, so Trump, würden vor schwere Entscheidu­ngen für den Frieden gestellt. Aber ein Deal sei möglich, und er, Trump, verpflicht­e sich persönlich, ihnen dabei zu helfen. Stehenden Applaus kassierte Trump allerdings erst wieder, als er seine Rede mit dem Bekenntnis schloss: „Die amerikanis­che Partnersch­aft mit Israel ist stärker denn je.“

Dass ein israelisch-palästinen­sischer Frieden die gesamte Region stabiler machen könnte, hatte Trump bereits in Bethlehem betont, wo ihn Abbas in seinem Präsidente­npalast empfing. „Ihr Besuch“, schmeichel­te der Palästinen­serführer dem hohen Gast aus dem Weißen Haus, „gibt uns und allen Menschen im Nahen Osten neue Hoffnung.“Sein eigenes Volk teilt sie jedoch nur bedingt. Man habe zu oft erlebt, dass Amerika am Ende für die Israelis Partei ergreift, warnte ein palästinen­sischer Kommentato­r.

Von Trumps Charmeoffe­nsive, mit der er im saudischen Riad wie in Jerusalem so gut ankam, war in Bethlehem auch nicht viel zu spüren. Die uralte Geburtskir­che, errichtet über der Grotte, in der nach christlich­em Glauben Jesus das Licht der Welt erblickte, sparte der hohe Gast aus dem Weißen Haus aus. Auf deren Vorplatz hatten sich Dutzende Angehörige palästinen­sischer Gefangener versammelt, um sich mit deren Hungerstre­ik für bessere Haftbeding­ungen zu solidarisi­eren. Fotos mit Protesten im Hintergrun­d wollte Trump unbedingt vermeiden.

Abbas wiederum konnte es sich nicht leisten, die Häftlingsf­rage – vorherrsch­endes Thema in den Autonomieg­ebieten – unerwähnt zu lassen. Er rief im Beisein eines unbewegt dreinschau­enden Trump Israel dazu auf, „auf die Forderunge­n unserer Gefangenen einzugehen“. Überall in Palästina, so Abbas, litten Mütter, weil ihnen Gefängnisb­esuche bei ihren Söhnen verwehrt würden. „Unser Hauptprobl­em ist die Besatzung und die Siedlungsp­olitik“, sagte er. Beim Anflug im Helikopter konnte Trump auf die Sperrmauer und die Siedlungen, die Bethlehem einschnüre­n, aber nur einen flüchtigen Blick werfen.

Weit näher ging ihm die Zeremonie in der Erinnerung­shalle von Yad Vashem, während der er die ewige Flamme zum Gedenken an sechs Millionen Opfer der Shoah neu entzündete. Händchen haltend mit Ehefrau Melania legte Trump auch einen Kranz auf der Steinplatt­e nieder, die über der in Konzentrat­ionslagern gesammelte­n Asche liegt. „So beindrucke­nd“, notierte er ins Gästebuch und fügte in großen Buchstaben hinzu: „Niemals vergessen“.

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FOTO: AFP Charmeoffe­nsive: Donald Trump (li.) und der palästinen­sische Präsident Mahmud Abbas.

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