Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Merkel nutzt Klimadialog zu einem Appell an die USA
Bundeskanzlerin nimmt die Vereinigten Staaten in die Pflicht: „Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft“
BERLIN - Angela Merkel nimmt seinen Namen nicht in den Mund, aber die Botschaft ist an Donald Trump gerichtet. „Wir haften füreinander, wir sind eine Schicksalsgemeinschaft“, nimmt die Kanzlerin auch die Vereinigten Staaten in die Pflicht. Merkel beim Petersberger Klimadialog in Berlin: Das ist eine hochkarätig besetzte Konferenz, auf der im Kampf gegen die Erderwärmung die UN-Klimakonferenz im November in Bonn vorbereitet wird. Die Bundesregierung ist Gastgeberin. Merkel, deren Ruf als Klimakanzlerin zuletzt verblasst war, nutzt die Gelegenheit für einen Appell. Schwebt doch über dem Treffen die Frage, ob US-Präsident Trump seinen Worten Taten folgen lässt und den Klimavertrag von Paris aufkündigt. Die Signale, die man dazu in der Bundesregierung aus Washington empfängt, sind widersprüchlich. Die Trump-Regierung scheint sich nicht einig zu sein – obwohl der Präsident bereits erste Dekrete unterzeichnet hat, die einen Stopp von Auflagen für Kohlekraftwerke vorsehen.
„Jetzt kommt die Probe aufs Exempel“, ist sich die Kanzlerin sicher. Sie werde die deutsche G20-Präsidentschaft nutzen, um auch Zweifler der Klimaveränderung zu überzeugen. Besonders aufschlussreich dürfte in dieser Hinsicht der G20-Gipfel in Hamburg werden, wenn Merkel Trump erstmals auf deutschem Boden begrüßen wird.
Eingeständnis der Kanzlerin Auf internationalem Parkett eine Vorkämpferin für Klimaschutz, national aber immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, nicht ihre Hausaufgaben gemacht zu haben, räumte Merkel am Dienstag ein, dass auch Deutschland zu den Staaten mit einem hohen Ausstoß an Treibhausgasen gehöre. „Desto größer ist unsere Verantwortung für ein Umsteuern“, sagte sie mit Blick auf besonders verwundbare Staaten wie zum Beispiel die Fidschi-Inseln. „Schnelles Handeln ist unabdingbar.“Notwendig sei ein „globales Bündnis aller Staaten“.
Im vergangenen Jahr erst hatte das Bundeskabinett den „Klimaschutzplan 2050“verabschiedet. Das Regierungsdokument sieht eine Senkung der CO2-Emissionen um 55 Prozent bis zum Ende des kommenden Jahrzehnts vor. Auch wenn ambitionierte Ziele für die Reduktion in Verkehr oder Landwirtschaft vorgesehen sind: Der Plan enthält kaum konkrete Maßnahmen, die geeignet wären, um die Ziele zu erreichen. Dabei müssen die Unterzeichnerländer des Pariser Klimavertrags bis spätestens 2020 ihre Maßnahmenkataloge vorlegen. Mag das Thema Klimaschutz im laufenden Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle spielen: Die Frage, welche weiteren Maßnahmen von der Kohleverstromung bis zum CO2-Ausstoß auf den Weg gebracht müssen, wird die neue Bundesregierung relativ rasch zu beantworten haben.