Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ex-VW-Chef
Kaum ein Top-Manager ist binnen so kurzer Zeit so tief gestürzt wie er. Vor zwei Jahren sonnte sich Martin Winterkorn noch in den Erfolgen einer Rekordjagd, die kein Ende zu nehmen schien. Doch nach seinem Rücktritt wegen der AbgasAffäre im September 2015 war für „Mr. Volkswagen“nichts mehr wie vorher. Auch zum 70. Geburtstag heute wird dem Ex-VW-Chef nicht unbedingt nach Feiern zumute sein.
„Dass ein Einsatz verbotener Software ausgerechnet in unseren Motoren passiert, muss in Ihren Ohren wie Hohn klingen“, sagte Winterkorn im DieselUntersuchungsausschuss des Bundestags. „Das geht mir genauso.“Winterkorn beteuerte, vor dem öffentlichen Bekanntwerden des Skandals nichts von illegalem Tun gewusst zu haben. Am Ende aber musste er seine fast neunjährige Amtszeit an der Spitze des größten deutschen Industriekonzerns rechtfertigen: Er habe zu akzeptieren, dass sein „Name verbunden ist mit der sogenannten Diesel-Affäre“.
Der Schatten, der infolge zwischenzeitlicher Milliardenverluste, immenser Strafgelder und Risiken für den Ruf der gesamten Autobranche auf der Ära Winterkorn liegt, ist nicht wegzudiskutieren. Aus dem Unternehmen heißt es, die Leistungen des einstigen Chefs dürften jedoch ebenfalls nicht vergessen werden. Unter Winterkorn seien mehr als 140 000 neue Jobs entstanden, Umsatz und Ergebnis hätten sich verdoppelt.
„Wiko“– wie er intern vom Bandarbeiter bis zum Vorstandskollegen genannt wurde – war lange Zeit auch der mit Abstand am besten verdienende Manager aller Dax-Konzerne. Jahresgehälter von bis zu 17 Millionen Euro und eine Rente von üppigen 3100 Euro pro Tag entfachten die Debatte um raffgierige Führungskräfte neu.
Als Sohn eines Arbeiters und einer Hausfrau wurde Winterkorn 1947 in Leonberg geboren. Nach dem Studium der Metallphysik und der Promotion begann seine Laufbahn 1977 bei Bosch. Vier Jahre darauf folgte der Wechsel zu Audi, ab 1988 war er Leiter der Qualitätssicherung. 2002 wurde Winterkorn Audi-Chef, 2007 gelangte er an die VW-Spitze. (dpa)