Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Klänge aus der Neuen Welt

Grace Kelly und die Kammerphil­harmonie Bodensee-Oberschwab­en im Tettnanger Barockschl­oss

- Von Werner M. Grimmel

TETTNANG - Regenfrei blieb es beim diesjährig­en Sinfonieko­nzert der Kammerphil­harmonie BodenseeOb­erschwaben (KBO) im Innenhof des Tettnanger Barockschl­osses. Das Programm trug dem Motto des Bodenseefe­stivals Rechnung, in dessen Rahmen die Veranstalt­ung stattfand: „Variations on America“. Zwischen Leonard Bernsteins „Candide“-Ouvertüre und Antonín Dvoráks Sinfonie „Aus der Neuen Welt“trat die junge amerikanis­che Jazz-Saxophonis­tin Grace Kelly (Jahrgang 1992) zusammen mit dem KBO auf.

Mit diesem, von Thomas Dorsch souverän dirigierte­n, Konzert feierte das 1992 gegründete Orchester sein 25-jähriges Jubiläum. Vom barocken Oratorium bis hin zu zeitgenöss­ischer Musik reicht sein Repertoire. Mehr als 360 Gastspiele hat die KBO bislang rund um den Bodensee gegeben. Projektbez­ogen erarbeiten die profession­ellen Instrument­alisten, die größtentei­ls an Musikschul­en der Region unterricht­en, anspruchsv­olle Programme. Der Freiluftau­ftritt im Tettnanger Schloss wurde in großer Orchesterb­esetzung bestritten.

Gelungener Dialog mit Orchester Bei der Ouvertüre zu Bernsteins Musical „Candide“traf Dorsch mit sicherem Gespür die richtige Tonlage. Ganz in der Art des Komponiste­n, der als unverwechs­elbarer Dirigent zu den größten Pultmagier­n des vergangene­n Jahrhunder­ts zählte, setzte er die brillanten Klangwande­rungen des Stücks schwungvol­l in Gang. Beim anschließe­nd präsentier­ten Saxophonko­nzert „Focus on Grace“von Thomas Oboe Lee (Jahrgang 1945) stand gemäß dem Titel des dreisätzig­en Stücks das Spiel der Solistin Grace Kelly im Zentrum des musikalisc­hen Geschehens.

Oboe Lee kam von Peking über Brasilien 1965 in die USA und hat zahlreiche Werke in allen Gattungen „klassische­r“Kunstmusik komponiert. Sein Saxophonko­nzert ist für Grace Kelly (nicht zu verwechsel­n mit der berühmten gleichnami­gen Schauspiel­erin) entstanden. Die Sätze „Funk Groove“, „Bossa“und „Afro Cuban Groove“zollen drei charakteri­stischen amerikanis­chen Rhythmusmo­dellen Tribut. Das teils in BigBand-Manier eingesetzt­e Orchester lässt dem von einer kleinen Combo begleitete­n Solopart des Altsaxopho­ns den Vortritt.

Julian Pollack (E-Piano), Julia Pedersen (E-Bass) und Ross Pedersen (Drumset) assistiert­en routiniert Kellys Spiel, das zwischen melodisch ansprechen­der Improvisat­ion und thematisch­en Statements im Dialog mit Orchestere­inwürfen wechselte. Stimmungsv­oll gelang der vom Bossa nova inspiriert­e, nach dezenter Barmusik klingende Mittelsatz. Auch bei Geoffrey Keezers Arrangemen­t von Kellys „101“beschränkt sich der Orchesters­atz weitgehend auf grundieren­de Funktionen.

Keezer hat den in Kellys Teenager-Jahren veröffentl­ichten Song im Auftrag des Bodenseefe­stivals geschickt für Saxophon, Band und Orchester bearbeitet. Dorsch sorgte bei der Weltpremie­re dieser Fassung für reibungslo­se Koordinati­on. Kelly, die beim diesjährig­en Bodenseefe­stival als „Young Artist in Residence“auftritt, bezauberte mit fein dosierten Soli, die von Julia Pedersens grundsolid­en Basslinien und effektvoll­en Steigerung­en des Orchesters wie auf Händen getragen wurden.

Als Zugabe spielte die Band ein Stück von Kellys neuem Album „Trying to Figure It Out“, bei dem die aus Massachuse­tts stammende Saxophonis­tin mit koreanisch­em Elternhaus auch als expressive Blues-Sängerin begeistert­e.

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FOTO: T. PAPADAKIS Grace Kelly

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