Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Dialog zwischen Kulturen und Religionen fördern
Muslimische Hochschulgruppe gründet Verein – Vortrag über Islamunterricht in Baden-Württemberg
WEINGARTEN - Muslimische Studierende der Pädagogischen Hochschule (PH) und der Hochschule Ravensburg Weingarten haben sich zur muslimischen Hochschulgruppe Ravensburg-Weingarten (MHG) zusammengeschlossen. Ziel ist unter anderem die Förderung des interkulturellen und interreligiösen Dialogs. Auf Einladung der MHG sprach der Islamwissenschaftler Jörg Imran Schröter am Samstag über islamischen Religionsunterricht in BadenWürttemberg.
Aus der studentischen Initiative ist nun ein Verein geworden. 200 muslimische Studierende von PH und der Hochschule Ravensburg Weingarten sind Mitglied in der MHG, Anlaufstelle und Interessenvertretung für muslimische Studierende von hier und aus Ländern wie Pakistan, Türkei, Tunesien, Irak, Bosnien und andere mehr. Die Gruppe hat sich Weltoffenheit, Toleranz und interkulturellen Austausch auf die Fahnen geschrieben. Mit Veranstaltungen wie „Verschiedenheit verbindet“, die vom Bundesprogramm „Demokratie leben“und der Stadt Weingarten unterstützt wurde, sollen die Beziehungen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen verbessert werden. Mit verschiedenen Aktionen hat sich die MHG unter ihrer Vorsitzenden, Bahar Keskin, bereits in die Gesellschaft eingebracht, sei es in der Flüchtlingshilfe, bei Pausenhofverkäufen, gemeinsamem Fastenbrechen und einer Spendenkation für Aleppo.
Aktuell arbeiten die muslimischen Studierenden an einer Schaffung eines interreligiösen Gebetsraumes an der Hochschule. Unter ihnen angehende Lehrerinnen für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen. Neben Weingarten bilden die PHs in Karlsruhe, Ludwigsburg und Freiburg islamische Religionslehrer aus.
Von der PH Karlsruhe sprach der Professor für islamische Theologie und Religionspädagogik, Jörg Imran Schröter, über den Stand der Dinge, was islamischen Religionsunterricht in Baden-Württemberg angeht. Seit 2006 läuft hier im Bundesland ein Modellprojekt, an dem sich bis dato 93 öffentliche Schulen mit 5900 Schülern beteiligt haben. Nach erfolgreicher Erprobung hätte islamischer Religionsunterricht in Bälde als reguläres Unterrichtsfach eingeführt werden sollen, was ja auch ein Verfassungsrecht ist. Doch nun gerät, laut Schröter, die Entwicklung ins Stocken, aufgrund der politischen Lage mit der Türkei und wegen Spitzelvorwürfen gegen den islamischen Verband DITIB, der als wichtiger Ansprechpartner für den Islamunterricht an öffentlichen Schulen nun an Vertrauen eingebüßt hat.
Eine Lage, die Schröter, der selber zehn Jahre islamische Religion an einer Grundschule unterrichtete, sehr bedauert. Ist der 46-jährige Hochschullehrer, der mit 18 Jahren zum Islam konvertierte, doch von der Wichtigkeit dieses Faches überzeugt. Unter anderem wegen der besseren Identitätsfindung muslimischer Jugendlicher in Deutschland und damit Verhinderung von Extremismus. „Je stärker wir die eigene Herkunft kennen, desto besser können wir mit anderen umgehen“, so Schröter.
Diejenigen, die für Islamisten anfällig seien und für den IS in den Krieg zögen, seien meist religiöse Analphabeten. Islamunterricht in deutscher Sprache von Lehrern, die an Hochschulen hier ausgebildet worden seien, schaffe überdies Transparenz und gesellschaftliche Akzeptanz. Der Islam komme so auf Augenhöhe mit christlichen und anderen Konfessionen hier und trage dazu bei, Parallelgesellschaften entgegenzuwirken, sagte der Hochschullehrer. „Der islamische Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist ein wichtiger Schritt zur Integration.“